Kölner PolizistinMeike (26) redet Klartext über ihr Gehalt: „Ich habe wirklich Angst“

Polizisten kontrollieren Personen während einer Razzia der Polizei gegen Drogendealer am Ebertplatz in Köln.

Ein Polizist und eine Polizistin am 17. August 2022 bei einem Einsatz auf dem Ebertplatz. Bei dem Foto handelt es sich um ein Symbolbild.

Eine Kölner Polizistin redet ganz offen über ihr Gehalt. Die 26-jährige Meike kommt mit dem Geld kaum über die Runden.

Der Job als Polizist oder Polizistin ist verdammt hart. Verkehrsunfälle, Verbrechen, Drogenkriminalität – auf den Kölner Straßen ist immer was los. Aber was verdient ein Beamter oder eine Beamtin und reicht das zum Leben in Köln?

Die 26-jährige Meike ist Polizeikommissarin und bekommt eigentlich ein ordentliches Gehalt. Trotzdem bleibt am Monatsende kaum etwas übrig.

Kölner Polizistin Meike: „So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt“

Ihr größter Wunsch: eine größere Wohnung. Oder ein Urlaub. Im Interview mit „Focus Online“ redet sie Klartext: „So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt.“

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Polizeikommissarin mit Mitte 20 – viele sind vermutlich beeindruckt, wenn sie das hören …

Meike: … das wäre ich früher vermutlich auch gewesen. Ein solider Job, denkt man. Tatsächlich habe ich nicht erst im Job, sondern bereits während des Studiums verdient. Ich habe von 2019 bis 2022 ein duales Studium gemacht. Im ersten Jahr gab es zwischen 1200 und 1300 Euro netto.

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Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass man als Student in der Regel gar nichts verdient.

Meike: Dachte ich auch, aber die Realität sah anders aus. Vorab: Ich habe tatsächlich meinen Traumjob gefunden, genau mein Ding. Aber natürlich spielen bei der Berufswahl noch andere Dinge eine Rolle.

Finanziell bin ich sehr schnell sehr deutlich an meine Grenzen gestoßen und das ist bis heute – ich bin im zweiten Berufsjahr – so geblieben. Köln ist wie die meisten deutschen Großstädte teuer. Während des Studiums habe in einer WG gewohnt, aber unter 400 bis 500 Euro Miete ist Wohnen selbst auf die Art kaum machbar. Dazu kam, dass ich von Anfang an ein Auto gebraucht habe.

Warum das?

Meike: Man ist viel unterwegs. Die verschiedenen Orte wie Ausbildungsstätte, Trainingszentren und auch die Wachen, an denen ich eingesetzt war, lagen jeweils ein ganzes Stück auseinander. Manche versuchen es eine Zeit lang mit Fahrgemeinschaften. Aber das geht nur bis zu einem gewissen Punkt, weil man nicht immer mit den gleichen Leuten unterwegs ist.

Also Auto, wie gesagt. Plus der Laptop, den ich fürs Studium brauchte – eine weitere Zusatzausgabe, unter der ich gleich zu Beginn ziemlich geächzt habe. Aber das Fass zum Überlaufen gebracht haben die Lebenshaltungskosten, die ja bekanntlich immer weiter steigen. Es ist normal, dass es im Studium knapp ist – so habe ich mich getröstet. Und dass es bald, wenn ich den Stern auf der Schulter hätte, besser werden würde. Dann hätte ich ein richtiges Gehalt.

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Hätte?

Meike: Im ersten Dienstjahr gab es zwischen 2500 und 2700 Euro netto. Auf dem Papier ist das ein großer Schritt, ich weiß. Summa summarum bleibt am Monatsende aber nichts übrig.

Wie kann das sein? Darf man fragen, wie du wohnst?

Meike: Noch genauso wie zum Ende des Studiums. In einer Einzimmerwohnung, 25 Quadratmeter, rund 600 Euro Miete warm. Ein Knackpunkt sind die vielen Versicherungen, die neu dazugekommen sind.

Polizistin Meike – das legt sie für Versicherungen zurück

Du meinst die Krankenversicherung?

Meike: Nein, da habe ich Glück, das übernimmt hier in NRW der Arbeitgeber. Interessanter Punkt übrigens: In anderen Bundesländern ist das nicht so. Heißt: Damit verschärft sich die Situation für die Kolleginnen und Kolleginnen nochmals.

Mit Versicherungen meinte ich Posten wie die private Altersvorsorge, der private Zahnersatz, eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Dafür lege ich monatlich etwa 400 Euro weg. Inklusive rund 90 Euro monatlich für eine Zusatzversicherung bei der freien Heilfürsorge, das müssen wir machen, das ist Pflicht.

Anfangs konnte ich selbst kaum glauben, dass bei mir am Monatsende nichts übrig bleibt. Im ersten Monat, in dem ich richtig verdient hatte, habe ich mir ein paar neue Schuhe geleistet, Sneakers. Ich wollte mich ein Stück weit belohnen für das, was ich geschafft hatte. Ich habe es direkt bereut.

Urlaub ist für die Kölner Polizistin eigentlich nicht drin

Und wie sieht es mit Urlaub aus?

Meike: Ein Traum von uns Mädels (gemeint sind die Kolleginnen, Anm. d. Red.): mal zusammen in den Urlaub fahren. Am liebsten irgendwohin, wo es warm ist, ans Meer. Einen Surfkurs machen oder so.

Vor ein paar Wochen haben wir das mal konkret durchgespielt. Mit maximal günstigen Flügen und Übernachtungen in Airbnbs. Aber mein Auto war kaputt, die Reparatur hat mehrere hundert Euro gekostet. Es ist einfach nur frustrierend …

Du meinst, ein Urlaub ist einfach nicht drin?

Meike: Ich sehe nicht, wie das gehen sollte. Ein kleiner Luxus, den ich mir einmal oder zweimal im Monat leiste, ist Essen gehen. Aber wenn die Rechnung kommt, tut es jedes Mal weh. Ich muss ehrlich sagen: Ich habe nicht nur Respekt, sondern richtiggehend Angst vor der Zukunft. Wie soll das weitergehen? Wo werde ich noch Abstriche machen müssen? Bei einer ausgewogenen Ernährung etwa?

Mir ist es wichtig, frisch zu kochen. Aber das hat seinen Preis und der steigt ständig weiter. Mein Eindruck ist: Inzwischen lege ich für einen Einkauf im Discounter fast das Doppelte hin wie noch vor drei Jahren. An eine größere Wohnung brauche ich so nichtmal zu denken. Und es sind ja keine fünf Zimmer, von denen ich träume. Eine nette, kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, damit wäre ich total happy. Am allerliebsten in Berlin. Das wäre mein absoluter Traum.

Polizistin Meike arbeitet oft am Wochenende und nachts

Aber?

Meike: In Berlin müssen Polizisten ihre Krankenversicherung wie gesagt selbst bezahlen. Und sie verdienen dazu noch etwas weniger als in NRW. Für eine vergleichbare Wohnung müsste ich in der Hauptstadt außerdem vermutlich einiges mehr bezahlen als in Köln. Also keine Chance.

Bleibt der Traum von einer etwas größeren Wohnung hier in der Gegend. Möglichst in der Stadt, nicht irgendwo ganz weit draußen. Da, wo ich arbeite – übrigens oft nachts und fast immer an den Wochenenden. Ein wenig formeller ausgedrückt: Da, wo ich einen Staatsdienst leiste. Für das Land.

Wieso betonst du das?

Meike: Naja, es gibt ja einen Grund, weshalb ich diesen Beruf mache. Es ist mir wichtig, dass alle Menschen hier im Land gut leben können. Dafür brenne ich. Irgendwie will das nicht in meinen Kopf, dass es mir so schwer gemacht wird, in diesem Lebensraum, den ich doch schützen will, Fuß zu fassen. Die aktuellen Umstände haben fast was Feindseliges für mich.

Die Kölner Polizisten hat zudem einen Nebenjob

Du klingst ziemlich verzweifelt.

Meike: Wie gesagt, es geht hier um mehr als irgendeine Komfortzone. Ich habe wirklich Angst. Der Gedanke, dass noch einmal eine Autoreparatur kommen könnte oder so etwas wie ein kaputter Herd, stresst extrem. Um mich etwas zu beruhigen, versuche ich, eine Rücklage zu bilden. Seit einiger Zeit habe ich einen Nebenjob: Ich arbeite für ein Hotel, parke die Autos der Gäste um. Mindestens einmal im Monat, meist an einem freien Tag. Sieben Stunden lang.

Ich frage mich, ob ich verwöhnt klinge. Ich sehe sehr viel Elend in meinem Job und weiß, dass es Menschen gibt, denen es noch viel schlechter geht. Das tut mir unfassbar leid.

Natürlich fragt man sich: Habe ich zu hohe Ansprüche? Andererseits glaube ich nicht, dass es vermessen ist, sich als Polizeikommissarin sowas wie eine Woche Urlaub zu wünschen.

Dieser Inhalt erschien zuerst bei „Focus Online“.