Erst K.o.-Tropfen, dann Balkonsturz?Mutmaßlicher Vergewaltiger vor Kölner Landgericht

Auf der Anklagebank im Kölner Landgericht sitzt der Angeklagte zusammen mit seiner Dolmetscherin und Rechtsanwalt Carsten Göthel.

Seit Donnerstag (26. August) steht Richard L. (39) vor dem Kölner Landgericht. Auf dem Foto ist er mit seinem Rechtsanwalt Carsten Göthel (links) und seiner Dolmetscherin zu sehen. 

Nach einem Balkonsturz im Januar 2021, bei dem eine junge Frau sich schwere Verletzungen zugezogen hat, muss sich nun der Angeklagte Richard L. (Name geändert) vor dem Kölner Landgericht verantworten.

von Madeline Jäger (mj)

Köln. Die Anklageschrift, die am Donnerstag (26. August) vor dem Kölner Landgericht vorgetragen wird, klingt wie ein fürchterlicher Albtraum. Der Balkonsturz-Fall hatte die Stadt zu Anfang des Jahres erschüttert.

Am 17. Januar 2021 fand die Polizei eine junge Frau mit schweren Verletzungen im Innenhof eines Deutzer Wohnhauses auf. Neben ihr ein Mann mit leichten Verletzungen. Erst später klärte sich die Situation für die Ermittler auf: Nur die Frau war sieben Meter vom Balkon in die Tiefe gestürzt. Und der Mann dem Anschein nach nicht ebenfalls Opfer – sondern Täter.

Kölner Landgericht: Prozessbeginn nach Balkonsturz

Seit Donnerstag muss sich Richard L. (39) nun vor Gericht verantworten. Als er den Gerichtsaal betritt und das Blitzlichtgewitter beginnt, nimmt er sich eine rote Akte, hält sie sich vors Gesicht und setzt sich. Neben ihm hat eine Französisch-Dolmetscherin Platz genommen. Der Angeklagte ist der deutschen Sprache zwar mächtig, doch die beiden haben ein Handzeichen vereinbart, wenn er etwas nicht verstehen sollte.

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Die Hände des Angeklagten sind gefaltet, sein Blick ruhig, als der Staatsanwalt die Anklageschrift verliest. Angaben zum Fall will er an diesem trüben August-Tag keinesfalls machen, erklärt sein Anwalt dem Richter.

Kölner Landgericht: Mutmaßlicher Vergewaltiger muss sich verantworten

Laut Anklageschrift soll sich Richard L. im Januar mit seiner Arbeitskollegin getroffen und ab 20 Uhr mit ihr Rotwein getrunken haben.

Der Vorwurf: Der Angeklagte soll dem Opfer (27) dabei unbemerkt die sogenannte „Gamma-Hydroxy-Buttersäure“ – auch K.o.-Tropfen genannt – in ihr Weinglas geschüttet haben. Danach soll er die junge Frau sexuell missbraucht haben.

„Um etwa 2 Uhr morgens wachte die Geschädigte in ihrem Erbrochenen auf und war nur noch teilweise bekleidet“, so der Kölner Staatsanwalt zu den Details der Vorwürfe.

Richard L. soll das Opfer mit dem Handy im Genitalbereich gefilmt und sich dabei angefasst haben. Im Laufe der Nacht soll der Angeklagte weitere Videoaufnahmen vom sexuellen Missbrauch angefertigt haben.

Köln: Opfer versuchte, vor mutmaßlichem Täter zu fliehen

Zwischen 4.16 Uhr und 5.32 Uhr morgens habe die Geschädigte wieder stehen können. Dann sei es in Folge der K.o.-Tropfen zum verheerenden Balkonsturz gekommen.

Offenbar um ihrem Vergewaltiger zu entfliehen, habe die Angeklagte sich auf den Balkon gerettet und sei dann mehr als sieben Meter in die Tiefe gestürzt.

Alter Mühlenweg in Köln-Deutz: Mordkommission der Kölner Polizei ermittelt nach Balkon-Sturz.

Die Straße „Alter Mühlenweg“ in Deutz: In einem der Häuser spielte sich in der Nacht zu Sonntag (17. Januar 2021) offenbar ein Drama ab.

„Dabei schlug die Geschädigte mit dem Kopf auf, was zu lebensgefährlichen Verletzungen führte", so der Staatsanwalt weiter. Der Angeklagte habe nach dem Sturz als Erstes seinen Rechtsanwalt Carsten Göthel angerufen. Erst der Rechtsanwalt habe dann den Rettungsdienst alarmiert.

Kölner Landgericht: Mutmaßlicher Vergewaltiger will vorerst nichts sagen

Bis zum 4. Februar 2021 habe die Geschädigte wegen ihrer schweren Verletzungen im Koma gelegen. Zunächst sei sie für die Polizei nicht vernehmungsfähig gewesen.

Am 1. September geht der Prozess in die nächste Runde und die ersten Zeugen sollen vernommen werden. Insgesamt sind für den Prozess sieben Verhandlungstage bis Ende September angesetzt.