Ford kürzt GelderKölner Angestellte sauer: „Gegen unsere Werte“

Hundert Tage nach Amtsantritt von Donald Trump zeigt sich sein politischer Einfluss auch auf Veranstaltungen wie den Cologne Pride in Deutschland

von Corinna Schulz Anna Friedrich

Nach hundert Tagen im Amt werden die Spuren von Donald Trumps Politik auch in Köln und der Region immer sichtbarer. Jüngstes Beispiel ist der im Juni und Juli stattfindende Cologne Pride.

Traditionell zeigen hier hunderte Unternehmen Flagge, sie sponsern die Veranstaltungen, beteiligen sich mit Mottowagen an der CSD-Parade. In diesem Jahr dürften einige wichtige Sponsoren ihr Engagement indes zurückfahren. Der Veranstalter des Cologne Pride berichtet, dass sich mehrere international tätige Firmen mit US-Muttergesellschaften aus dem CSD-Sponsoring zurückgezogen hätten, auch in Köln.

„Wir müssen jetzt zusammenhalten“

Ohne Name nennen oder bestätigen zu wollen, sagt Vorstand Hugo Winkels: „Das ist ein Warnschuss, wie gewaltig die politische Situation auch bei uns einschlägt. Wir in unserem friedlichen, offenen Deutschland müssen jetzt zusammenhalten und Unternehmen, die bislang keine Flagge gezeigt haben, sollten jetzt Flagge zeigen.“

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Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ betonen die angefragten Firmen, die entweder ein starkes US-Geschäft haben oder eine US-Muttergesellschaft, dass sie sich für ein respektvolles Miteinander und Vielfalt in ihrer Belegschaft einsetzen. Mastercard beispielsweise bleibt auch in diesem Jahr als Geldgeber für die Cologne-Pride-Veranstaltungen mit an Bord. Auch der japanische Tabakkonzern JTI, der eine große US-Niederlassung betreibt, wird zum sechsten Mal dabei sein. „Für uns gibts da nicht dran zu rütteln, wir sind da klar positioniert“, sagt eine Sprecherin. Wie hoch die Unterstützung ausfällt, sagen die Firmen indes nicht.

Der Autobauer Ford, als Kölns größter Arbeitgeber traditionell seit 28 Jahren beim CSD dabei, hält sich bedeckt. Neben allgemeinen Werte-Bekundungen – man setze sich für einen respektvollen und integrativen Arbeitsplatz ein – sagt eine Ford-Sprecherin: Das Unternehmen unterstütze Cologne Pride auch in diesem Jahr. Wie genau, dazu gibt es keine konkreten Angaben vom Unternehmen. Veranstalter Cologne Pride bestätigt zumindest, dass Ford auch in diesem Jahr wieder Fahrzeuge stellen wird. Dem Vernehmen nach fährt Ford sein finanzielles Engagement allerdings herunter.

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Auch aus Ford-Unternehmenskreisen ist zu hören, dass nicht mehr so viel Geld investiert wird wie in der Vergangenheit. Sehr wohl gebe es Vorgaben aus der Mutterzentrale in den USA nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Mitarbeitende möchten sich nur anonym gegenüber dieser Zeitung äußern und bestätigen, dass es Abstriche beim CSD gibt. Welche genau, dazu möchte sich niemand konkret etwas sagen. Fakt sei aber: „Das Signal, das vom Hauptsitz von Ford Europa und Ford Deutschland damit ausgeht, ist kein gutes. In einer Stadt mit einer so großen LGBTQ-Gemeinde, wo man auch noch zwei neue Modelle verkaufen möchte, ist das wirklich kein gutes Zeichen – nicht nur für die Stadt, sondern für den gesamten Markt“, sagen mehrere mit der Sache vertraute Personen.

Und klar sei: Die Mehrheit der Belegschaft stehe ausdrücklich nicht hinter den Vorgaben aus den USA. „Wir haben hier im Kölner Werk eine offene Tradition, anders wären wir hier nie erfolgreich gewesen. Das, was nun passiert, widerspricht unseren Werten“, sagen Mitarbeitende dem KStA. 

Die Cologne-Pride-Bewegung finanziert sich durch Geldzuwendungen, unter anderem von Firmen wie Rewe, Rheinenergie und eben Ford. Fällt nun einer der großen Sponsoren weg, sorgt das für eine Lücke in der Kasse. Angst haben, dass es in diesem Jahr weniger Angebot gibt, muss aber niemand: „Der Cologne Pride findet statt, auch im gleichen Rahmen und genauso bunt wie immer“, sagt Winkels. „Das ausbleibende Geld ist nichts, was die Veranstaltung infrage stellt oder kleiner werden lässt.“

Donald Trumps Kralle spürbar

Auch andere Firmen der Region, die ein starkes US-Geschäft haben, spüren zunehmend die Kralle von Donald Trump – auch außerhalb der CSD-Vorbereitungen. Die Telekom beispielsweise macht einen Großteil ihres Geschäfts in den USA. T-Mobile 2024 rund 66 Milliarden US-Dollar im Servicegeschäft umgesetzt, das sind mehr als zwei Drittel der Konzernumsätze in diesem Segment.

Anfang April wurde bekannt, dass die US-Telekom-Tochter Zugeständnisse bei Diversität gemacht hat: In einem Schreiben an die US-Regulierungsbehörde FCC hatte T-Mobile hat bekräftigt, die Initiativen für Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI) aufgeben zu wollen. Im Schreiben Behördenchef Brendan Carr steht: Man werde spezifische Ziele in dem Bereich aufgegeben und habe zwei Beiräte zum Thema aufgelöst.

Zuvor hatte FCC-Chef Carr öffentlich publik gemacht, dass die Behörde Fusionen und Übernahmen von Unternehmen blockieren werde, die weiterhin DEI-Aktivitäten nachgehen. Am Tag nachdem T-Mobile an die US-Behörde geschrieben hatte, genehmigte die FCC Berichten zufolge eine von T-Mobile angestrebte Übernahme des Kabelnetzbetreibers Lumos.

„In Europa sind klare Ziele zur Chancengleichheit gesetzlich verankert“

In der Bonner Zentrale äußert man sich so, wie es viele Konzerne mit US-Geschäft derzeit tun: vage, gesetzeskonform, immer mit Betonung auf die Wahrung der eigenen Werte. Bei der Telekom klingt das so: „Als internationaler Konzern agieren wir im Spannungsfeld unterschiedlicher gesetzlicher Vorgaben. In Europa sind klare Ziele zur Chancengleichheit gesetzlich verankert – etwa durch das Allgemeine Gleichstellungs-Gesetz oder EU-Richtlinien zur Geschlechterquote.“ In den USA würden die Executive Orders zur DEI-Politik die Rahmenbedingungen verändern.

„Als börsennotierte Unternehmen agiert T-Mobile US eigenständig und jeweils im Einklang mit den US-Regularien. Wir achten das jeweilige lokale Recht – das müssen wir und ist für uns selbstverständlich. Gleichzeitig bleiben unsere Grundwerte unser Kompass.“ Die aktuelle politische Lage sei komplex und lasse sich nicht mit einfachen Schlagzeilen beantworten. „Es fällt derzeit nicht leicht, den richtigen Weg zu finden – gerade, wenn rechtliche Vorgaben sich verändern, miteinander in Konflikt stehen oder ein Dilemma zu lösen ist“, heißt es von der Telekom.