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Kölner AltstadtDas steckt hinter dem kuriosen Zick-Zack-Kurs

Eine Platane in der Kölner Altstadt, davor steht Joachim A. Groth

Joachim A. Groth steht an der Stelle, wo die Hochwasserschutzwand bzw. der Verlauf der Montageplattformen einen Knick macht und die Platane umgeht.

Aktualisiert

In unserer Reihe „Kölner Geheimnisse“ geht es diesmal um eine besondere Geschichte aus der Kölner Altstadt. 

Schnurstracks verläuft die mobile Hochwasserschutzwand durch den Rheingarten in der Kölner Altstadt. Auf den Plänen der Stadt Köln erscheint sie als gerader, roter Strich.

Doch dann, verfolgt man den Strich in nördlicher Richtung, macht es nach links unvermittelt Zick, dann macht es Zack und dann wieder Zick. Der Mann, der die Geschichte um den Zick-Zack-Kurs kennt, ist Dr. Joachim A. Groth. Denn Herr Groth kannte Frau Brück. Und Frau Brück ist der Star dieser Geschichte.

Eigentlich sind es zwei Stars: Hannelore Brück und die große Platane, die sich in Höhe des Hauses Am Frankenturm 5 gegenüber der Philharmonie befindet – dieses Haus besaß Frau Brück einst.

Joachim A. Groth, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Altstadt, erzählt die dazugehörige Episode aus der Historie des Vereins: „Frau Brück hatte, als der Rheingarten in den 1980er-Jahren angelegt wurde, eine städtische Patenschaft für die Platane übernommen. Und sie hat sich furchtbar beschwert, als es hieß, der Baum solle für den Bau der Hochwasserschutzanlage entfernt werden. Sie verwies in einer der Sitzungen der IG-Altstadt, in der sie Mitglied war, explizit auf ihr Patenschaftsdokument und pochte darauf, dass sie verpflichtet sei, den Baum zu schützen.“

Nach den zwei großen Hochwassern 1993 und 1995 hatte Köln im Jahr 1996 ein Hochwasserschutzkonzept beschlossen, dessen Kernstück die Errichtung mobiler Schutzelemente auf einer Länge von insgesamt elf Kilometern war. Die Wand, die im Ernstfall auf im Boden eingelassenen festen Elementen montiert wird, soll Wassermassen bis zu einer Pegelhöhe von 11,90 Meter eindämmen.

Der 2024 ins Amt gekommene Leiter der für den Hochwasserschutz zuständigen Kölner Stadtentwässerungsbetriebe (Steb), Ulf Schulze-Hennings, erklärt beim Blättern durch die alten Unterlagen, dass bei der Planung durchaus „auf sehr spezifische Belange“ Rücksicht genommen worden sei. In einer Vielzahl von Fällen, vor allem im Bereich Rodenkirchen, sei es etwa beim Einbau der festen Elemente der Hochwasserschutzwand darum gegangen, „den Anwohnern die Sicht auf den Rhein zu lassen“.

Hochwasserschutzübung in Köln.

Arbeiter üben den Aufbau der Hochwasserschutzwand.

In den Akten des Steb-Chefs findet sich dann auch das Stichwort „Aussparen der Platane“. Gerade in der Altstadt mit dem vom Landschaftsarchitekten Georg Penker (1926-2023) gestalteten Rheingarten, einem „Aushängeschild der Stadt“, wie Schulze-Hennings betont, war die Situation besonders sensibel. Die Mauer relativ nah am Rhein an der Promenade zu bauen und damit außerhalb des Gartenbereiches, sei wegen des darunterliegenden Rheinufertunnels nicht möglich gewesen: „Das hätte bei Hochwasser zu Auftrieb geführt.“ Also wurde die Mauer durchs Grün geführt.

Die Absicht, „möglichst sorgsam mit den landschaftsarchitektonischen Gegebenheiten umzugehen“, bedeutete auch, die Klagen von Frau Brück zu erhören – und darüber hinaus, denn wäre man bei der strengen Mauerlinie geblieben, hätte nicht nur die Platane „dran glauben müssen“, so Schulze-Hennings, sondern auch der benachbarte Paolozzibrunnen, der jeden Sommer als Wasserspielplatz dient und beliebtes Ziel von Eltern und ihren Kindern ist.

Hochwasserschutzmontageplatten in der Kölner Altstadt

Die Platane stand (und steht) einem geraden Verlauf der Hochwasserschutzwand im Weg.

Das außerdem Schöne am Zick-Zack-Manöver im Rheingarten ist, dass der Mauerverlauf – nach der Umgehung der Platane – mit dem Weg der Passanten fast schon sanft in das zur großen Philharmonietreppe hin ansteigende Gelände mündet und dort mittendrin endet. „Die Mauer läuft dann quasi in der Erhöhung aus. Die architektonische Landschaft übernimmt an dieser Stelle ihre Aufgabe. Man hat also auch geschaut, dass das Gelände ausgenutzt wird“, erklärt Ulf Schulze-Hennings.

Diese Geschichte stammt aus dem neuen Köln-Buch „Kölner Geheimnisse Band 2/ 50 neue spannende Geschichten aus der Dom-Metropole“, das im Bast-Verlag erschienen ist (192 Seiten, 24 Euro). Sieben Jahre nach Erscheinen des ersten Bandes sind es diesmal die Autoren Ayhan Demirci und Maira Schröer, die sich auf die Spuren Kölner Geschichte begeben haben und ausgehend von Objekten und Relikten in der Stadt von außergewöhnlichen Begebenheiten erzählen.