Mit einem verschärften homophoben Kurs wollte er bei den Wählerinnen und Wählern punkten. Doch das Verbot der Pride-Parade erweist sich für Viktor Orbán eher als Eigentor. Auch Köln setzte in seinem Land ein Zeichen.
Hunderttausende marschierenKöln setzt extrem starkes Zeichen auf verbotener Parade

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Inmitten der Menschenmasse ist eine EU-Flagge zu sehen: Hunderttausende nahmen am Samstag (28. Juni) am Budapest Pride teil.
Trotz eines von Ministerpräsident Viktor Orbán veranlassten Verbots sind so viele Menschen wie nie zuvor für die Rechte sexueller Minderheiten durch Budapest gezogen!
Die Veranstalter sprachen von mehr als 200.000 Teilnehmern. Es war die größte Pride-Parade in deren 30-jährigen Bestehen und eine der machtvollsten Kundgebungen in der modernen Geschichte Ungarns.
Auch die queere Community aus Köln hat es sich nicht nehmen lassen, ein wichtiges Zeichen in Ungarn zu setzen! Der Cologne Pride setzte sich nun auch beim Budapest Pride ein.
Vorständin Barbara Barth lief zusammen mit den Beiräten Jakob Kindler und Niklas Kaiser bei der Demo mit. „Trotz internationaler Kritik aus der Europäischen Union hält Orbán an seinem menschenverachtenden Kurs fest. Viktor Orbán müssen seitens der EU endlich noch deutlichere Grenzen aufgezeigt werden“, teilte Cologne Pride mit.
Man stehe gemeinsam an der Seite der ungarischen Community und werde sie auch in Zukunft unterstützen!
„Als queere Community lassen wir es nicht zu, dass man uns wieder unsichtbar machen will. Wir sind viele. Gemeinsam. Stark! Und kämpfen weiter friedlich für unsere Rechte!“
An der Pride nahmen auch rund 70 Europaabgeordnete teil, unter ihnen der deutsche Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sowie die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister mehrerer europäischer Städte. Auch die EU-Kommissarin für Gleichberechtigung, Hadja Lahbib, nahm daran teil.
Der Rechtspopulist Orbán hatte im Zuge einer homophoben Kampagne Gesetze und auch die Verfassung geändert und auf dieser Grundlage ein polizeiliches Verbot der Veranstaltung erwirkt. Dass die Parade dennoch mit Rekordbeteiligung stattfand, bewerten Beobachter als schwere Niederlage für den machtbewussten Regierungschef.
Doch nun befürchten Oppositionspolitiker, dass Rekord-Geldstrafen folgen könnten.
Polizei filmte mit
Beim Umzug durch die Budapester Innenstadt herrschte am Samstag eine durchgehend fröhliche Stimmung, in die sich ein trotziger Unterton mischte. Die Polizei griff nicht ein. Dennoch besteht die Befürchtung, dass Teilnehmende der Parade wegen des Verbots im Nachhinein mit Geldstrafen von bis zu 500 Euro belangt werden könnten.
Zahlreiche Kamerawagen der Polizei seien im Einsatz gewesen, und gearbeitet werde mit Software zur Gesichtserkennung, schrieb der parteilose Abgeordnete Akos Hadhazy am Sonntag auf seiner Facebook-Seite. „Die nächsten Tage werden erweisen, was die Kameras können.“
Das Verbot und die drohenden Sanktionen stehen allerdings auf wackliger Grundlage. Zwar hatte Orban das Versammlungsgesetz und die Verfassung dahingehend ändern lassen, dass Kundgebungen verboten werden können, die nicht-heterosexuelle Lebens- und Verhaltensweisen sichtbar machen. Begründet wird das mit dem „Kinderschutz“. Den Organisatoren einer „illegalen“ Versammlung drohen sogar Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr.
Herber Gesichtsverlust für Orbán
Noch im Februar hatte Orbán vollmundig verkündet, die Pride-Organisatoren könnten sich in diesem Jahr „Geld und Energie sparen“, es werde keine Pride geben. Dass der Umzug nun trotz polizeilichen Verbots mit einer Rekordbeteiligung anstandslos über die Bühne ging, ist für ihn ein herber Gesichtsverlust.
Die nächsten Parlamentswahlen stehen im Frühjahr 2026 an. Jüngste Meinungsumfragen sehen Orbans Fidesz-Partei um 11 bis 15 Prozentpunkte im Rückstand hinter der neuen Tisza-Partei des konservativen Herausforderers Peter Magyar. (dpa/mg)