Entsetzen über StadtwerkeNach 54 Jahren: Kölner Oma fliegt aus ihrer Wohnung raus

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Sybille Hellendahl in ihrer Wohnung, aus der sie nach 54 Jahren ausziehen muss.

von Adnan Akyüz (aa)

Köln – Es ist ein großer Schock für die Kölnerin Sybille Hellendahl (80). Die Mieterin aus Niehl muss nach 54 Jahren aus ihrer Wohnung an der Amsterdamer Straße ausziehen. Ihr Vermieter, die Wohnungsgesellschaft des Stadtwerke-Konzerns Köln (WSK), hat die Kündigung für Ende des Jahres angekündigt. Das Gebäude, in dem sie lebt, und drei weitere Häuser für Konzernmitarbeiter müssen für einen Neubau weichen. Neben Oma Sybille müssen 28 weitere Mieter aus ihren Wohnungen raus.

Kölner Mieterin Sybille Hellendahl wohnt seit dem 1. September 1965 in dieser Wohnung

„Wo sollen wir hin?“, fragt Sybille Hellendahl, die wie ihr verstorbener Ehemann für die Kölner Verkehrs-Betriebe arbeitete. Sie war Schaffnerin, ihr Mann Rolf Busfahrer. Sie hatten ihre Wohnung zum 1. September 1965 bezogen.

KVB, AWB, Netcologne, Rheinenergie: Stadtwerke-Konzern hat 12.500 Mitarbeiter

Die Gebäude dienen bis heute als Mitarbeiterhäuser des Stadtwerke-Konzerns, zu dem KVB, Rheinenergie, Netcologne, AWB, Kölnbäder und andere städtische Firmen angehören. Insgesamt hat der Konzern 12.500 Mitarbeiter.

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Eheleute Hellendahl sind damals als Erstmieter eingezogen

„Mein Mann war über 40 Jahre bei der KVB. Den Busbahnhof hier an der Friedrich-Karl-Straße gab es damals schon. Wir haben damals noch zugesehen, wie diese Häuser gebaut wurden“, erinnert sie sich. Die Eheleute sind als Erstmieter eingezogen.

Kölnerin Sybille Hellendahl zahlte 1965 Miete in Höhe von 122,10 D-Mark

Für eine monatliche Miete in Höhe von 122,10 D-Mark und 19,80 Mark Nebenkosten. Frau Hellendahl habe damals so um die 900 Mark verdient. Heute zahlt sie für die 67-Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung 470 Euro Kaltmiete. „Ich bin als junge Frau hier hergekommen und habe gute alte Bekannte hier. Auch meine Ärzte sind in der Nähe. Ich lebe gerne hier“, sagt sie.

Wohnungen in Niehl: Sanierung „nicht wirtschaftlich“

Die WSK hatte mehrere Begehungen gemacht und kam zu dem Entschluss, dass sich eine Sanierung nicht mehr lohne. „Eine Sanierung ist nicht wirtschaftlich“, sagt Bernd Preuss, Leiter der WSK auf EXPRESS-Anfrage.

In Köln-Niehl werden 85 neue Wohnungen gebaut

Er erklärt: „Bei dem Neubau, der in vier Jahren fertiggestellt werden soll, entstehen 85 neue Wohnungen und eine Tiefgarage.“ Mit Blick auf das Projekt wurden auch seit Jahren leerstehende Wohnungen nicht neu vermietet.

Wohnungskündigung: Mieter müssen bis September 2020 raus

In einem Brief an die Mieter steht: „Wir kommen nicht umhin, allen Mietern zum Ende des Jahres die Kündigung auszusprechen.“ Je nach Mietverhältnis sollen die Mieter im Juni oder September 2020 raus. Die WSK hat den Mietern auch Wohnungsangebote gemacht.

Kölner Mieterin Sybille Hellendahl: „Ich denke auch an meinen langjährigen Nachbarn

„Uns wurden fünf Angebote gemacht. Hier leben aber noch 30 Familien. Ich denke dabei nicht nur an mich, sondern auch an meine langjährigen Nachbarn“, so Sybille Hellendahl.

Stadtwerke-Konzern zahlt Umzugskostenhilfe an Kölner Mieter

Der Neubau ist nach Ansicht der WSK auch notwendig, weil dringend Wohnungen für Mitarbeiter nötig sind. Laut Preuss fehlen aktuell 900 Wohnungen für Konzernangehörige. Stadtwerke-Mitarbeitern werden weiterhin Angebote gemacht, so Preuss. Auch soll es für Konzernangehörige eine Zahlung zwischen 1000 und 2000 Euro als Umzugshilfe geben.

Externe – also Mieter, die nicht zum Konzern gehören – bekommen laut Preuss keine Zahlung und auch keine Ersatzwohnungen angeboten.