Zugteilnehmer berichtet„Da stockt dir der Atem“: Der Kölner Rosenmontagszug von innen

Wie fühlt sich eine Teilnahme beim Kölner Rosenmontagszug eigentlich an? EXPRESS.de-Redakteur Bastian Ebel tauchte bei der Luftflotte ein in eine ganz große Gefühlswelt.

von Bastian Ebel (bas)

Wer im Rheinland geboren ist, kennt dieses Kribbeln. Die Tage sind ab Weiberfastnacht nicht normal – irgendetwas ist luftleer, Konfetti und Glitzer fliegen rum, die Kostüme vom Vorabend liegen in der Ecke. Eine normale Zeitrechnung gibt es nicht.

Es ist Straßenkarneval, es ist wieder Leben. Und dann gibt es für einen echten Jeck wie mich auch noch das Sahnehäubchen: Die Luftflotte hat mich eingeladen, den Kölner Rosenmontagszug auf dem Wagen zu erleben. Von Deutz aus. 200 Jahre Kölner Karneval. Unfassbar.

Kölner Karneval: Luftflotte fliegt durch die Stadt

Dann stolpere ich an Rosenmontag aus dem Deutzer Bahnhof – und direkt stellen sich mir die Nackenhaare hoch: Die Sonne zeigt sich über dem Kölner Himmel, bunt verkleidete Menschen lächeln dir ins Gesicht – Köln feiert wieder ausgelassen Rosenmontag.

Alles zum Thema Rosenmontag

Ausgelassen? Das können die Jungs und Mädels von der Luftflotte allemal. Das geht bereits beim Frühstück in der Deutzer Jugendherberge los: Nervöses Wuseln allenthalben, irgendwann erscheint auch Präsident Harald Kloiber und stimmt seine Truppe ein auf das, was da kommt.

Was da kommt? „Kennst du eigentlich alles schon“, sagt der routinierte Karnevals-Reporter in mir. Wie sehr man sich doch täuschen kann …

Alle Mann los und ab auf den Wagen – die fleißigen Helferinnen und Helfer haben alles gepackt. Als der Wagen anrollt, sind die Jungs rechts und links neben mir in einer Stimmung zwischen Nervosität und Euphorie. Geht es noch besser? Ja!

Nehmen Sie an der EXPRESS.de-Umfrage teil:

Denn dann tauchen wir ein in ein Meer aus Menschen. Deutz vibriert, Deutz feiert und so langsam bekomme ich eine Ahnung davon, was dieser Zug in mir auslösen wird. Man schaut in die Gesichter der Menschen: Krieg, Corona, Inflation, die Sorgen des Alltags – in diesen Sekunden wird dir die Kraft und die Wucht des Augenblicks bewusst. Und was der Kölner Karneval mit den Menschen macht. Als wir die Deutzer Brücke erreichen, liegen wir uns auf dem Wagen in den Armen: Der Blick auf den Dom, der Blick in den Himmel – die Tränchen kullern mir übers Gesicht.

Es sind die Menschen, die uns durch die Stadt tragen. Du hörst nur Jubel. Hin und wieder nimmt man Blickkontakt mit Jecken auf, aber eigentlich ist es eine bunte und schöne Wand, an der man vorbeifährt. Manchmal stockt dir der Atem, wenn du eine Tafel Schokolade für Pänz wirfst – und der Raffgeier im Swat-Kostüm es ihnen wegfängt. Du freust dich, wenn dein Täfelchen es durch das Fenster in die Wohnung schafft, du siehst Wohnzimmer und Partys, du siehst Emotionen und Freude.

Es könnte stundenlang so weitergehen, denke ich mir. Aber nein, alles muss auch mal ein Ende haben. Die stolze Luftflotte erobert die Severinstraße, Fünfer- und Sechserreihen rufen nach der letzten Kamelle und Strüßjer.

Diesen Zug erlebt haben zu dürfen – es war mir ein Fest. Ein Fest für Köln. Für die Luftflotte. Und hoffentlich nehmen wir diese Hoffnung und diese Zuversicht mit in den Alltag hier im Rheinland.

Bei allen Diskussionen Tag für Tag hat es nämlich der Kölner Karneval geschafft, dass man sich in den Arm nimmt und sich zumindest für diesen Tag in einem Schulterschluss übt. Ob auf dem Wagen oder am Straßenrand: Unter dem jecken Sternenzelt sind wir alle gleich. Alaaf, Kölle!