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„Vergraulen noch die Letzten“Kölner Dom setzt Höhner vor die Tür

Janus Fröhlich dirigiert Musiker im Dom.

Höhner-Gründungsmitglied Janus Fröhlich (r.) hat sich jährlich um das Adventmitspielkonzert gekümmert. Nun wurde ihm das Aus mitgeteilt.

Am zweiten Advent findet zum 16. und letzten Mal das beliebte Adventmitspielkonzert mit den Höhnern im Kölner Dom statt. Dass die Veranstaltung kommentarlos eingestellt wird, sorgt für viel Zoff. 

Es war eine feste Tradition in der Vorweihnachtszeit. Jährlich fand im Kölner Dom das Adventmitspielkonzert mit den Höhnern statt. 2500 Menschen sorgten mit ihren Instrumenten für eine beeindruckende Atmosphäre.

In diesem Jahr geht das emotionale Spektakel am 7. Dezember 2025 bereits zum 16. Mal über die Bühne. Es wird das letzte Mal sein. Im kommenden Jahr wird es das Format nicht mehr geben.

Adventmitspielkonzert mit den Höhnern steigt schon zum 16. Mal

Das Domkapitel, das die Veranstaltung federführend in Zusammenarbeit mit dem Erzbischöflichen Generalvikariat ausrichtet, hat sich gegen eine Fortführung entschieden. Und das sorgt jetzt für mächtig Zoff hinter den Kulissen.

Ex-Höhner-Schlagzeuger Janus Fröhlich war als musikalischer Leiter zusammen mit Petra Dierkes verantwortlich für das Dom-Konzert. „Ich wollte gerne nach meinem 75. Geburtstag das Mitspielkonzert noch einmal leiten und es dann in neue, jüngere Hände übergeben. Leider haben das Generalvikariat und das Domkapitel anders entschieden“, sagt er enttäuscht zu EXPRESS.de.

Mit der Band fand überhaupt keine Kommunikation statt. „Wir wären die letzten gewesen, die diese wunderbare Veranstaltung nicht mehr gewollt hätten. Ganz im Gegenteil, das Adventmitspielkonzert am zweiten Advent war immer fest in unserem Terminkalender verankert“, sagen die Höhner auf EXPRESS.de-Nachfrage.

Die Höhner spielen im Kölner Dom.

Auch die neuen Höhner lieben die ganz besondere Atmosphäre des Adventmitspielkonzertes. Dabei werden sie immer von ihren ehemaligen Kollegen unterstützt.

Doch offensichtlich hat das Domkapitel kein Interesse mehr an moderneren Formaten in der Kirche. „Ich glaube, dass die hohen Herren statt Höhnern am Hochaltar lieber Rosenkranz unterm Adventskranz wollen“, sagt ein Kirchen-Insider zu EXPRESS.de. „Die vergraulen auch noch die Letzten, die noch Interesse und Freude an der Kirche hatten, indem sie solch ein Erfolgsformat ohne Not einstampfen.“


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Domdechant Robert Kleine versuchte die Entscheidung mit ein paar Worthülsen und Phrasen zu verkaufen: „Es gibt Überlegungen, unser adventliches Musikangebot für Familien am Dom neu aufzustellen. Es wird etwas in anderer Form und in einem anderen Rahmen als bisher – aber ähnlich stimmungs- und vor allem klangvoll geben“, sagt er. Konkret wird er allerdings nicht.

Am 7. Dezember werden deshalb letztmals von 14.30 bis 16 Uhr die schönsten Lieder der zurückliegenden 16 Jahre zusammen gesungen. „Tochter Zion“, „Peace, Frieden, Schalom, Salam“ von den Höhnern, „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“ und „Wir sagen euch an den lieben Advent“ gehören dazu. Das Publikum musiziert und singt dann lauthals mit.

Menschen spielen im Kölner Dom ihre Instrumente.

Groß und klein musiziert bei dem Dom-Spektakel begeistert mit den Höhnern zusammen.

Für die Höhner bedeutete der Dom-Termin immer einen logistischen Aufwand. „Wir haben dafür jedes Jahr unser anschließendes Weihnachtskonzert, das sonntags eigentlich immer um 18 Uhr beginnt, auf 19 Uhr verlegt. In diesem Jahr stehen wir erst im Dom und fahren anschließend nach Koblenz zum Konzert. Es war und ist zwar immer mit Stress verbunden gewesen, aber den haben wir gerne für dieses ganz besondere Konzert mit den Menschen, ob klein oder groß, auf uns genommen“, sagt die Kult-Gruppe.

Während Fröhlich die Dom-Entscheidung frustriert zur Kenntnis genommen hat und von einer „traurigen Entwicklung“ spricht, wollen die Höhner nicht so schnell aufgeben.

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„Da uns die Tradition sehr am Herzen liegt, werden wir das Gespräch suchen. Vielleicht kann man dieses Mitspielkonzert auch ohne das neue Team des Domkapitels beziehungsweise des Erzbischöflichen Generalvikariats umsetzten, denn gerade in den schwierigen Zeiten, in denen wir leben, brauchen die Menschen Momente des Zusammenseins und der Ablenkung.“ Zur Not eben nicht im Dom.

Auch Chorleiter Michael Kokott, der mehrmals mit seinen Lucky Kids im Dom dabei war, ist fassungslos. „Fehlt den Entscheidungsträgern wirklich jedes Gespür, wonach Menschen sich in heutiger Zeit sehnen?“, fragt er sich. Da müsse sich die Kirche nicht wundern, wenn sich die Menschen andere Orte suchen, wo sie auch adventlich-weihnachtliche Besinnlichkeit und Gemeinschaftserlebnisse finden.

Michael Kokott mit den Lucky Kids im Kölner Dom.

Chorleiter Michael Kokott (l.) war mit den Lucky Kids oft beim Mitsing-Event im Kölner Dom dabei.

Das beliebte „Loss mer Weihnachtsleeder singe“ sei das beste Beispiel dafür, dass das Stadion oder die Lanxess-Arena für viele ein gleichwertiger Ersatz für die Kirche geworden sei.

Gerüchte, dass auch die jährliche Andacht des 1. FC Köln sowie der Karnevalisten-Gottesdienst im Januar den erzkonservativen Kapitularen missfallen dürfte und auf der Streichliste stehen, will noch niemand kommentieren. EXPRESS.de bat mehrfach vergeblich beim Erzbischöflichen Generalvikariat um eine Stellungnahme zum Vorgang.