Hier liegt was in der LuftGeruchs-Atlas: So riecht die Stadt

Hier riecht die Luft stellenweise richtig übel. Wie Helga Rokohl leiden viele Bewohner des Wohnparks Rodenkirchen (im Hintergrund) über heftigen Kanalgeruch.

Hier riecht die Luft stellenweise richtig übel. Wie Helga Rokohl leiden viele Bewohner des Wohnparks Rodenkirchen (im Hintergrund) über heftigen Kanalgeruch.

Köln – Der Rhein bei Rodenkirchen: Kölsche Riviera, teure Residenzen, blauer Himmel – aber was sehen wir da? Bewohner, die die Nase rümpfen. Köln riecht? Aber ja! Mal nach Kloake, dann nach Chemie, aber auch nach Kakao, Kaffee oder Kölsch. EXPRESS hat ein Näschen für die Stadt – und schlägt den Veedels-Atlas der speziellen Gerüche auf. Beispiel „Wohnpark Rodenkirchen“ an der Grüngürtelstraße - sogar ein akuter Fall für die Behörden.

Gabriele Diete (65, Foto) ist Besitzerin einer 72-Quadratmeter-Wohnung im Wohnpark, in dem gut dotierte WDR-Journalisten, Architekten und Lehrer leben. Frau Diete legt Strichlisten über die dicke Luft an: „Im Wohnpark sind einige Hundert Anwohner betroffen. Eine Zeit lang stank es regelmäßig um 21 Uhr, immer wenn ich im Sommer auf den Balkon wollte.“

Jetzt werde sie oft mitten in der Nacht mit Kopfschmerzen wach, zwischen zwei und drei Uhr komme der Gestank. Der Geruch sei ungefähr der von Schweißfüßen, „oder auch mal wie ein Pups“, sagt die Musikpädagogin.

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Gleich in der Nachbarschaft befindet sich das Klärwerk Rodenkirchen – hier wird definitiv Geruch erzeugt. Kanalexperten wollten ganz genau wissen, was das Klärwerk anrichtet. Ein Gutachter ging Streife, fertigte Geruchsprotokolle.

Jetzt hat die Steb am Kirschbaumweg eine 100 000 Euro teure Anlage installiert, die das Problem beheben soll: Eine in einem Container untergebrachte Dosierstation schießt eine sauerstoffhaltige Chemikalie (Calciumnitrat) in den Kanal, um das Abwasser auf dem Weg zur Kläranlage frischer zu halten (das Nitrat zögert das Entstehen von Fäulnisprozessen hinaus).

Dufte? Verdufte!

Andere Veedel, andere Gerüche. So sind in Ehrenfeld die Rauchschwaden vom Holzkohlegrill im „Kebapland“ (Venloer Straße) ein im Umweltamt aktenkundiger Fall, Nachbarn wie das Polizeirevier beschwerten sich. Der Kebapland-Chef hat kürzlich einen Elektrofilter eingebaut, das Amt wird das Resultat prüfen.

Zwei U-Bahn-Stationen weiter führte ständiger Kaffeeduft aus einer Rösterei zu Zwist mit dem Nachbarn - bis der Röstereichef die Abluft umleitete.

Im Stadtteilen wie Esch und Pesch, so Bernd Kiefer (42), Abteilungsleiter Immissionen im Umweltamt, führt oft Gülle-Geruch zu Problemen: „Das ist eine schöne Wohngegend, wo die Leute ein Haus kaufen und dann auf Landwirtschaft treffen - das kann bestialisch stinken. Aber das gilt nur für wenige Tage im Jahr.“ Wie auch an Feldern in Poll und Porz.

Aromatisch wird es dagegen an der Stadtgrenze zu Bergisch Gladbach, wo das Instant-Werk „Krüger“ sitzt. Je nach Produktion und Windrichtung duftet es in Brück bis Refrath nach Vanille und Erdbeere. „Und bei Regen riecht es oft nach Kakao“, hat Anwohnerin Marion Rüggeberg festgestellt.

In Höhenberg sorgt die Kronen-Bäckerei für appetitlichen Geruch im Viertel- was für manche aber auch ein Gräuel sein kann, wie der städtische Immissionsexperte Kiefer erzählt: „Da will einer Diät machen und abspecken und wird mit frischem Brotgeruch gequält - das hat er nicht so gern.“

Im Kölner Norden war Niehl aufgrund von Problemen mit der Kanalisation – ähnlich wie in Rodenkirchen – lange ein Sorgenviertel, wie auch Flittard/Stammheim auf der anderen Rheinseite - hier macht die große Kläranlage Gegenmaßnahmen nötig.

Und zuletzt: Kölsch darf in einem Kölner Geruchsatlas natürlich nicht fehlen. Da wäre also die letzte, mitten in der Stadt verbliebene Großbrauerei Gaffel am Eigelstein, die für alle im Viertel deutlich zu vernehmen, regelmäßig Malz verarbeitet. Über „Kölsch“-Geruch, heißt es bei der Stadt, beschwere sich aber niemand.