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„Würden Sie Ihr Kind abgeben...?“Drama um Obdachlose in Köln

Obdachlose campieren unter einer Brücke (Symbolfoto)

Obdachlose campieren unter einer Brücke (Symbolfoto)

Vor dem Winter haben viele Obdachlose Angst. Es gibt zahlreiche Hilfsangebote in Köln, doch nicht alle werden angenommen.

„Wir werden auch diesen Winter erleben, dass es Menschen gibt, die trotz eines bestehenden Hilfsangebots ‚auf Platte machen‘.“

Eine klare Warnung von einem, der die Kölner Straßen kennt wie kaum ein anderer: Jürgen H. (53). Er war selbst wohnungslos. Jetzt schlägt er Alarm.

Auch bei Minusgraden werden manche Menschen die Hilfe der Stadt ablehnen. Eine besondere Gefahr sieht er für Paare und Menschen mit Hunden.

Dabei will die Stadt Köln mit ihrer Winterhilfe genau das verhindern. Sie bietet ein warmes Bett, Duschen, die Möglichkeit zum Wäschewaschen und eine warme Mahlzeit. Spezielle Teams aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt sowie weiteren Helfern und Helferinnen sind bei sogenannten „Kältegängen“ unterwegs, um Betroffene über das Angebot zu informieren.

Sogar ein Winterhilfetelefon ist eingerichtet. Und für die vierbeinigen Begleiter? Das Tierheim Köln-Zollstock stellt fünf Plätze in beheizten Zwingern bereit, inklusive Futter und Wasser.

Doch reicht das? Jürgen H. hat dazu eine klare Meinung: Nein! Das herzzerreißende Dilemma für viele Obdachlose mit Haustier bringt er mit einer provokanten Frage auf den Punkt: „Sie würden ja auch nicht ihre Kinder irgendwo abgeben, nur um selbst warm zu schlafen.“ Ein weiteres riesiges Problem: Männer und Frauen werden getrennt untergebracht. Eine Regel, die Paare für die Nacht auseinanderreißt. „Ich kann verstehen, dass die Trennung auch dem Schutz der Frauen dient“, räumt der 53-Jährige ein. „Aber man lebt ja bewusst mit der Partnerin oder dem Partner zusammen, so wie es Menschen mit Obdach auch tun.“

Gibt es keine Möglichkeit für Paare, zusammenzubleiben?

Die Antwort der Stadt Köln ist ernüchternd: „Bei der Winterhilfe handelt es sich um eine Notunterkunft ... Es gibt dort Schlafplätze für Männer und für Frauen, aber keine Möglichkeit, als Paar zusammen zu übernachten“, erklärt eine Sprecherin gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ob Menschen das Angebot aus diesem Grund ablehnen, sei der Stadt nicht bekannt.

Doch wie viele Menschen in Köln sind überhaupt betroffen? Im Juni 2024 wurden insgesamt 10.230 wohnungslose Personen in der Stadt gemeldet. Erfasst sind hierbei aber nur die bei den Behörden bekannten Fälle – Menschen in Notunterkünften, Geflüchtetenunterkünften oder Frauenhäusern. Wer bei Bekannten unterkommt, taucht in dieser Statistik nicht auf. Die Dunkelziffer ist riesig.

Hier gibt es Hilfe: Der SKM bietet eine 24-Stunden-Erreichbarkeit über das Winterhilfetelefon und das Winterhilfepostfach an. Wer eine hilfsbedürftige Person sieht oder selbst Hilfe benötigt, kann sich melden unter: Tel. (0221) 56097310 oder per E-Mail an winterhilfetelefon@skm-koeln.de. (red)