Bei der Tour de France läuft die dritte und damit entscheidende Woche. Dabei verschärft sich neben dem Kampf um die Trikots auch der Ton.
Tour de FranceFrankreich-Held geht im TV auf deutschen Rad-Star los: „Ekelhaft“
von Béla Csányi (bc)
Der Wind bei der Tour de France wird rauer! Die meisten der 3338,8 Kilometer hat das Peloton inzwischen hinter sich gebracht, die dritte und damit letzte Woche ist beim größten Radrennen der Welt in vollem Gange.
Wenn die Kräfte stetig schwinden und an Erholung bei den brettharten Alpenetappen nur noch bedingt zu denken ist, geht das bei allen Beteiligten im Umfeld der Tour de France auch mal an die Nerven.
Tour de France: Thomas Voeckler wird im TV deutlich
Dass es unter den Fahrern mal hektischer werden kann, wenn die entscheidenden Abschnitte im Kampf um den Gesamtsieg und die Wertungs-Trikots auf dem Plan stehen, ist bekannt. Und so war die Etappe am Dienstag (22. Juli 2025) auf den mythischen Mont Ventoux in der Provence ein Musterbeispiel.
Superstar Tadej Pogacar (26) hätte den ikonischen Berg gerne in die Liste seiner Etappen-Erfolge aufgenommen. Sein UAE Team Emirates versuchte daher auf der langen flachen Anfahrt zur finalen Steigung alles, um nach Bildung der Ausreißergruppe die Kontrolle an sich zu reißen.
Edelhelfer Nils Politt (31), neben Senkrechtstarter Florian Lipowitz (24) der große deutsche Star bei der Tour, stauchte einzelne Fahrer gar gestenreich zusammen, als diese sich über 100 Kilometer vor dem Ziel vom Hauptfeld absetzen wollten.
Damit erfüllte er in erster Linie die strategischen Anweisungen seines Teams, diskutiert wurde allerdings, ob Politt dabei zu weit ging. ARD-Kommentator Florian Kurz fragte im Livestream: „Ist das okay, was er da macht?“ Experte Rick Zabel (31) verteidigte seinen Landsmann, verwies auf die „ungeschriebenen Gesetze des Radsports“.

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Nils Politt reißt bei der Tour de France viele Kilometer an der Spitze des Feldes ab.
Der frühere Sprinter bezeichnete es als „kleinen Affront der anderen Teams“, dass lange nach Entstehen der Fluchtgruppe und nach der anschließenden Kontrolle durch UAE immer wieder einzelne Fahrer um Tempoverschärfungen bemüht waren.
Beim australischen TV-Sender SBS vermuteten die Kommentatoren in der Live-Übertragung allerdings, dass Politt eine Strafe wegen Einschüchterung der anderen Fahrer fürchten müsse. Im französischen Fernsehen war das Urteil bei Betrachtung der Bilder noch deutlicher.
Frankreichs Rad-Held Thomas Voeckler (46), der die Fans über viele Jahre mit kämpferischen Auftritten und Etappensiegen bei der heimischen Rundfahrt begeistert hatte, schoss böse gegen Politt. Er ätzte als Experte bei France TV Sport: „Ich hasse solche Fahrer!“
Das Verhalten von Pogacar-Edelhelfer Politt sei „ekelhaft“ schimpfte Voeckler und ärgerte sich über den Deutschen als einen der Fahrer, die „unter dem Vorwand, stärker zu sein oder zu den großen Teams zu gehören, die Regeln vorgeben wollen“. Für den zu aktiven Zeiten als leidenschaftlicher Ausreißer bekannten Franzosen ein Unding.

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Thomas Voeckler, hier am 9. Juni 2025, schoss sich auf Nils Politt ein.
Viele französische Radsport-Fans äußerten in den sozialen Netzwerken Zustimmung. Einige vermuteten gar: Politt habe durch sein energisches Eingreifen die anderen Teams teilweise erst dazu angestachelt, aus Trotz umso intensiver an weiteren Ausreißversuchen zu arbeiten.
Die Zweckgemeinschaft an der Spitze war im Laufe der Etappe zwar immer weiter geschrumpft, Etappensieger Valentin Paret-Peintre (24) ging dennoch aus der Fluchtgruppe hervor und rettete eine knappe Minute Vorsprung vor den Klassement-Fahrern um Pogacar ins Ziel.