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DFB-PokalZDF-Kollegin düpiert Christoph Kramer

Beim Pokalspiel zwischen Wiesbaden und Bayern trifft Christoph Kramer viele alte Bekannte und macht ein ungewöhnliches Geständnis.

Die Super-Cup-Teilnehmer starten verspätet in die erste Pokalrunde. Stuttgart legte am Dienstag vor. Und wie. Die meisten der 4,13 Millionen Menschen, die das Spiel gegen Braunschweig in der ARD eingeschaltet haben, erwarteten vermutlich ein zähes 1:0 des Titelverteidigers.

Doch dann das: 3:3 nach der regulären Spielzeit, 4:4 nach der Verlängerung – und erst der 20. (!) Elfmeterschütze besorgte den Sieg für den VfB, bei X prompt „Verein für Bluthochdruck“ genannt.

Christoph Kramer Experte beim Bayern-Spiel im Pokal

Was kann nach so einem Fußball-Epos noch kommen? Genau: Wiesbaden – München. Klingt wie eine ICE-Strecke, aber der fährt nur bis Frankfurt. Das Millionenpublikum, das vermutlich an diesem Abend das ZDF einschaltet, erwartet sicherlich ein lockeres 8:0 der Bayern; Drittligist Wiesbaden ist schließlich nicht Leipzig.

Experte Christoph Kramer erwartet gar nichts. Er freut sich einfach für die Wiesbadener Spieler, für die das ein „Spiel des Lebens“-Moment wird, und erinnert sich an sich „als ganz jungen Mann“ (Kramer ist jetzt 34) und das Pokalspiel, das er für Bochum gegen die Bayern absolvierte.

„Ich hab’ immer noch mein Franck-Ribéry-Trikot von damals, mit dem ich damals eine Nacht verbracht habe nach dem Spiel.“ Wie bitte? Oder auch: Pardon? Chris und Frooonck und eine gemeinsame Nacht? Brachte der Zimmerservice da ein Steak mit Blattgold ans Bett?

Jochen Breyer und Per Mertesacker hätten an dieser Stelle tief Luft geholt. Doch an Kramers Seite steht diesmal Lili Engels. Und die lässt die Steilvorlage liegen wie Luis Díaz die Torchancen.

Es wird noch erinnerungsseliger, als Wehen-Legende Florian Hübner zum Interview erscheint. Mit dem hat Kramer mal, dazu präsentiert die Bildregie auch gleich den Fotobeweis, in der U20 gekickt. In einem einzigen Spiel. Gegen Italien. „War ein sehr gutes Spiel von mir“, sagt Kramer. „Hab ich auf DVD gebrannt.“

Kramer trifft auf seinen Ex-Chef Max Eberl (Mitte). (Bild: ZDF)

Kramer trifft auf seinen Ex-Chef Max Eberl (Mitte). (Bild: ZDF)

Und weil auch der Bundestrainer vor Ort ist, ist natürlich die Nationalmannschaft ein Thema, schließlich hat Julian Nagelsmann am Nachmittag den Kader bekannt gegeben.

Reporter Boris Büchler macht prompt die Torwartdiskussion wieder auf und erkundigt sich nach einer möglichen Rückkehr von Manuel Neuer. Nagelsmann lächelt die Frage gekonnt weg. An diesem Abend könnte ihm aber doch der Gedanke gekommen sein, dass er vielleicht die falschen Ersatztorhüter nominiert hat.

Neuer steht jedenfalls nicht auf dem Platz. Er sitzt noch eine Rotsperre aus der Pokalpleite gegen Leverkusen ab. Für ihn spielt Jonas Urbig, und auch sonst lässt Vincent Kompany eher den zweiten Anzug auflaufen. Was dem ZDF Gelegenheit gibt, in einem Einspieler die Transferpolitik der Bayern, die Arbeit von Max Eberl und die „Störgeräusche vom Tegernsee“ unter die Lupe zu nehmen.

Praktischerweise hat sich der Sportvorstand der Münchner inzwischen zum Interview eingefunden. „Wie dick ist die Luft zwischen Ihnen und Uli Hoeneß wirklich?“, will Lili Engels wissen.

„Ich muss da gerade ein bisschen schmunzeln“, schmunzelt Eberl. „Ich habe mich gerade mit Chris unterhalten und hab das nur am Rande mitbekommen.“ Unangenehme Fragen weglächeln kann Julian Nagelsmann irgendwie besser.

Dafür eilt sein Ex-Spieler Kramer zur Verteidigung: „Sparen bei dem Kader von Bayern München ist wahrscheinlich die größere Leistung.“ Er muss aber auch zugeben: „Es ist noch kein Manager in die Geschichte eingegangen, weil man gesagt hat: 'Boah, der hat aber unheimlich viel gespart!'“ Stimmt. Mit dieser Einstellung wird man allerdings weder Vorstand bei deutschen Autobauern noch Finanzminister.

Bayern nach Chancenwucher plötzlich unter Druck

Irgendwann rollt dann in dem „charmanten“ Stadion von Wiesbaden der Ball. Vincent Kompany, so will Oliver Schmidt gehört haben, musste übrigens googeln, wo Wiesbaden ist. Und außerdem sind die Bayern mit dem Bus gefahren.

So, wie der Kommentator das aufzählt, klingt es wie eine logische Prämisse: Kompany weiß, wo Wiesbaden ist. Die Bayern fahren mit dem Bus nach Wiesbaden. Ergo: Kompany ist Busfahrer. Wäre womöglich ganz gut, wenn der Belgier ein zweites Standbein hätte. Seit Pep Guardiola hat nämlich kein Bayern-Trainer zwei komplette Saisons überstanden.

Es könnte auch für Kompany schwierig werden. Obwohl das Spiel erst einmal gut losgeht für sein Team: Die Bayern tragen nicht dieses potthässliche Trikot, dass so aussieht wie das Shirt von Bruce Banner, wenn er sich in den Hulk verwandelt.

Außerdem gibt es nach zehn Sekunden den ersten Torschuss (von Diaz), und nach 15 Minuten den Führungstreffer, weil Harry Kane seinen 20. Elfmeter im 20. Anlauf für die Bayern versenkt. Chris Kramer dazu in der Halbzeitpause: „Wenn es nur Harry Kanes gäbe, würden Braunschweig und Stuttgart noch spielen.“

Aus der Pause kommen die Wiesbadener „mit einem Hauch mehr Mut“, findet Oliver Schmidt. Recht hat er: Zwar kassiert Wehen erst das 0:2, doch danach steht der Bayern-Sturm öfters im Abseits als Mario Gomez in seiner gesamten Länderspielkarriere. Und Fatih Kaya macht innerhalb von sechs Minuten zwei Buden. Plötzlich ist das Ganze ein veritabler Pokal-Fight!

Kaya wird übrigens „Man of the Match“, obwohl diese Auszeichnung Torwart Florian Stritzel gebührt hätte. Der macht das vielzitierte Spiel seines Lebens und verhindert sogar den 21. erfolgreich verwandelten Elfmeter von Harry Kane.

Auf der Tribüne schaut Julian Nagelsmann angestrengt in sein Smartphone, vermutlich sucht er Stritzels Kontaktdaten. Und Chris Kramer ist sich sicher, „dass es heute den ein oder anderen neugeborenen Sohn gibt, der Florian heißt in Wiesbaden. Und wenn’s ne Tochter wird, dann wahrscheinlich Stritzel.“

Am Ende verliert der Außenseiter unglücklich mit 2:3, weil Harry Kane halt Harry-Kane-Sachen macht. Die Wiesbadener sind trotzdem stolz auf sich und finden sogar noch Zeit, Christoph Kramer zu sagen, dass sie sein Buch gelesen haben. „Du hast ein Buch geschrieben?“, fragt Lili Engels. „Ja habe ich“, antwortet Kramer düpiert. Seine Augen sagen: Platz 1 in der Bestsellerliste. Verfilmung ist schon geplant.

Kurz darauf ist er aber schon wieder bestens gelaunt und resümiert: „Wir haben vom ZDF hier das richtige Pokalspiel ausgesucht. Hatte wieder alles. Kanes verschossener Elfmeter. Wahnsinns Torhüter. Mir hat's großen Spaß gemacht.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. (tsch)