„Würfeln die eigentlich?“Fan-Rückkehr vertagt: FC-Boss Wehrle platzt nach Corona-Gipfel der Kragen

Alexander Wehrle steht mit Maske auf der Tribüne

Geschäftsführer Alexander Wehrle vom 1. FC Köln, hier beim Bundesliga-Derby gegen Borussia Mönchengladbach am 27. November 2021, hat die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern scharf kritisiert.

Bund und Länder haben bei ihrem Corona-Gipfel die Fan-Rückkehr aufgeschoben, Lockerungen gibt es vorerst nicht. Das bringt Geschäftsführer Alexander Wehrle vom 1. FC Köln mächtig auf die Palme.

von Anton Kostudis (kos)

Mit großen Hoffnungen hatte der deutsche Profi-Sport dem Corona-Gipfel am Montag (24. Januar 2022) entgegengeblickt – mit großer Enttäuschung hat er die Klubs letztlich zurückgelassen. Die Fan-Rückkehr in die Stadien und Hallen? Von Bund und Ländern aufgeschoben. In zweieinhalb Wochen, am 9. Februar, soll derweil eine neue, bundesweit einheitliche Regelung vorgestellt werden. Was diese besagt, ist völlig offen.

Riesen-Frust daher bei den Profi-Klubs, die nun vorerst weiter die so ungeliebten (Fast-)Geisterspiele austragen müssen. Noch am Montagabend hagelte es nach Bekanntwerden der Beschlüsse daher ordentlich Kritik. BVB-Boss Hans-Joachim Watzke (62) kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen. Und auch Alexander Wehrle (46), scheidender Finanzboss des 1. FC Köln, hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg.

Alexander Wehrle kritisiert Corona-Beschlüsse

Angesprochen auf die Corona-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz platzte Wehrle beim Köln-Talk „Loss mer schwade“ der Kragen. „So langsam ist es auch nicht mehr lustig“, merkte er eingangs mit einem süffisanten Lächeln an.

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Dann kritisierte Wehrle die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz scharf. Über die weiterhin ausgesetzte Fan-Rückkehr in die Stadien sagte er: „Das ist jetzt absolut überhaupt nicht mehr verhältnismäßig. Es ist rational nicht mehr erklärbar.“

Die Profi-Klubs der Bundesliga hätten in den vergangenen Monaten die Tragfähigkeit ihrer Hygiene-Konzepte nachgewiesen, „unter freiem Himmel, bei der digitalen Nachvollziehbarkeit der Infektionskette, der Abstandshaltung, den Masken, den Time-Slots beim Eintritt und der 2G-Regel, die wir beim FC schon im August hatten“, wie Wehrle betonte. Der Köln-Boss nahm kein Blatt vor den Mund, polterte: „Wenn die Politik sich im August schon auf eine 2G-Regel eingelassen hätte, dann hätten wir den ganzen Scheiß auch jetzt gar nicht. Das, was die Politik am Anfang gut und richtig gemacht hat, hat sie zuletzt von Monat zu Monat schlimmer gemacht.“

Corona-Pandemie: Weiter nur Fast-Geisterspiele in deutschen Stadien

Wehrle hob noch einmal die Hygiene-Konzepte der Klubs in der Corona-Pandemie hervor: „Wenn man mir jetzt rational erklären will, dass man unter freiem Himmel keine 10.000 oder 15.000 Menschen mit Abstand ins Stadion lassen kann, weil dann Hotspots entstehen, dann frage ich: Welche Hotspots denn? In den vergangenen Monaten haben wir doch bewiesen, dass bei Großveranstaltungen, auch beim Eishockey, Handball, Basketball, in der Kultur, eben keine Infektionsketten entstanden sind.“

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Auch, dass die Regeln nach wie vor nicht einheitlich sind, stößt Wehrle sauer auf. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn in der Elbphilharmonie in Hamburg von 2100 möglichen Zuschauern 2000 in einem geschlossenen Raum sind, und ein paar Kilometer weiter im Hamburger Stadion auch 2000, weil das eben die Grenze ist. Wer hat denn die 2000 in Hamburg festgelegt? Und wer die 750 in Köln? Und wer die 1000 in Mainz?“ Wehrle fragte daraufhin sarkastisch: „Würfeln die eigentlich?“ Zumal Kölns Finanzboss, der den Geißböcken nach neun Jahren den Rücken kehren und in die Heimat zum VfB Stuttgart wechseln wird, anmerkte: „Und was passiert jetzt? Die 49.000, die nicht ins Stadion können, die treffen sich jetzt womöglich zu Hause. Ohne 2G. Ist das besser?“

Der Unmut des FC-Geschäftsführers ist zweifelsfrei nachvollziehbar. Denn nicht nur in Sachen Atmosphäre ist der Fan-Ausschluss ein echter Stimmungs-Killer, sondern auch finanziell. 85 Millionen Euro Umsatzverlust habe der 1. FC Köln seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 verkraften müssen, erklärte Wehrle, der aber klarstellte: „Gesundheit steht über allem.“

Der FC-Boss attestierte den Bund- und Länderregierungen dennoch „reine Symbolpolitik zulasten des Profi-Sports“. Wehrle angesäuert: „Und dann muss ich sagen, ist es irgendwann auch mal gut.“ Dass Bundesliga-Rivale Borussia Dortmund rechtliche Schritte erwägt, findet Wehrle indes gut: „Da stehen wir Seite an Seite mit dem BVB.“