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„Immer eine Frage des Stils“Struber spricht über Köln-Aus

Gerhard Struber hat mittlerweile sein Glück in England gefunden. Die Entlassung kurz vor dem Aufstieg beim 1. FC Köln hat ihn allerdings gekränkt.

Das muss wehgetan haben! Gerhard Struber (48) wurde im Frühjahr kurz vor dem Aufstieg des 1. FC Köln freigestellt. Für ihn übernahm Altmeister Friedhelm Funkel (71) und führte die verunsicherte Mannschaft über die Ziellinie. 

Der Österreicher Struber hat dann schnell einen neuen Job gefunden, trainiert den englischen Zweitligisten Bristol City. In der EFL Championship liegt Struber mit seinem neuen Team nach 15 Spieltagen mit 23 Punkten auf Rang acht der Tabelle. 

Struber hatte Angebot von deutschem Traditionsklub

Nur sechs Wochen nach seinem bitteren Köln-Aus wurde er bei Bristol City vorgestellt. „Das Aus in Köln war natürlich nicht leicht. Aber gleichzeitig muss man nach vorne schauen, gut reflektieren und versuchen, die Dinge hinter sich zu lassen. Im ersten Moment ging es für mich ehrlich gesagt in die Richtung, eine Pause zu machen. Weil ich das Fußballland England sehr schätze, war für mich aber klar: Kommt ein Verein, bei dem ich mit meiner Spielidee erfolgreich sein kann, würde ich das machen. Es war ein bisschen Zufall, dass sich mit Bristol City ein Verein meldete, der genau diesen Stil verfolgt“, sagt Struber im Interview mit transfermarkt.de am 13. November 2025.

Dabei hat er auch andere Angebote gehabt: „Direkt nach dem Köln-Aus hat es etwa Anfragen aus Deutschland gegeben – auch von einem großen Traditionsklub. Auch aus Saudi-Arabien und der Türkei war etwas dabei. Ich habe einiges abgesagt, das für mich nach Köln nicht infrage gekommen wäre. Aber England ist für mich ein Fußballplanet. Als Trainer bekommst du nicht so oft die Möglichkeit, dort zu arbeiten.“

Das Köln-Aus hat er mittlerweile verdaut: „Es gibt überhaupt keinen Ärger mehr. Das hat schon ein bisschen Zeit gebraucht. Aber ich schaue inzwischen anders darauf zurück. Ich habe in diesem Jahr viel lernen und mitnehmen können. Dafür bin ich immer dankbar – unabhängig davon, wie es endete.“

Was ihn tief getroffen haben soll, war die Tatsache, dass über Nacht sein Spind am Geißbockheim ausgeräumt wurde. Organisatorisch war dies vom Verein nicht anders zu regeln, um Funkel beim Dienstantritt einen Schrank bieten zu können.

Struber sagt: „Es ist immer eine Frage des Stils, wie man auseinandergeht und eine solche Situation beendet. Dass man als Cheftrainer nicht vor einer Entlassung gefeit ist, ist klar. Das weiß man seit Beginn seiner Reise im Fußball.“ Was ihn genau gestört hat, will er konkret nicht sagen: „Ich möchte nicht auf Details eingehen. Es herrschte nach dem Abstieg so viel Dramatik beim 1. FC Köln, als die Mannschaft natürlich schwer enttäuscht war, dazu kam die Transfersperre. Es herrschte keine gute Stimmung im und rund um den Klub, als ich übernommen habe. Trotzdem lagen wir bis kurz vor Schluss auf Aufstiegskurs. Auf den Rest möchte ich, wie gesagt, gar nicht mehr groß eingehen. Das ist Vergangenheit.“

Nach „Struber raus!“-Rufen der Fans und mit einer verunsicherten Mannschaft wäre eine Trennung nach der Saison womöglich sowieso erfolgt – oder sieht Struber das anders? „Zu dem Zeitpunkt war ich voll darauf fokussiert, den Aufstieg zu schaffen. Das war mein größtes Ziel. Ich bin nicht der Trainer, der großartig in die Zukunft schaut. Du musst im Hier und Jetzt abliefern. Wir waren ganz nah am Aufstieg. Es war nicht immer schön anzusehen, was wir gespielt haben. Aber wir waren am Ende trotzdem auf einem direkten Aufstiegsplatz. Es hat sich in den letzten Jahren in der 2. Liga kein Traditionsverein leichtgetan.“

In Bristol hat er jetzt den Spaß wiedergefunden: „Natürlich ist meine Rolle in England etwas anders, ich bin Manager und direkt mit dem Eigentümer in Kontakt. Es gibt ganz kurze Wege und man weiß genau, woran man ist. Wir haben einen klaren Austausch und wissen gemeinsam genau, wo wir hinwollen. Die Fans schätzen unsere Arbeit sehr. Es macht für mich viel Spaß, hier alles reinzulegen, weil die Resonanz richtig gut ist.“

Die Stadt vergleicht er sogar mit Köln: „Bristol ist eine sehr lebendige und lebenswerte Stadt mit sehr lebensfrohen Menschen, die gerne feiern. Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit zu Köln. Sie bietet viele Events, aber Karneval gibt es nicht in dem Ausmaß (lacht). Viele Studenten leben hier, deswegen ist es jung, bunt, mit einer extremen Vielfalt, was die Menschen angeht. Eine sehr interessante Stadt, du spürst die Historie und Nostalgie. Dazu kommt der typische englische Humor, der mir sehr gut liegt.“

Das Aufstiegsziel wird schwer zu erreichen sein, doch er bleibt optimistisch: „Die Leistung ist auf einem sehr guten Niveau. Die Fans mögen unsere Spielidee. Und man merkt, dass die Jungs diesen Fußball in sich tragen. Mentalität und Charakter der Mannschaft sind einwandfrei. Und ich genieße es, eine Mannschaft zu führen, in der es viele Leader gibt, die Verantwortung übernehmen. Das kommt mir entgegen, schließlich haben wir große Ziele. Es ist ein unglaublicher Wettbewerb in der Liga mit vielen Spielen. Wir haben leider viele Verletzungen hinnehmen müssen. Zehn Stammspieler sind verletzt – das ist die traurige Realität und ein Schlag für uns. Dafür haben wir zuletzt den Preis gezahlt. Denn wir arbeiten mit einem kleinen Kader. Aufgrund dieser Situation bin ich im Moment sehr zufrieden mit den Resultaten, wir sind in Schlagdistanz zu den Playoffs. Nach der internationalen Pause wollen wir weiter klettern.“