Zuschauer-BeschränkungenFC prüft Klage und bittet Fans wieder um Hilfe – Karnevalssitzung abgesagt

Alexander Wehrle steigt am Geißbockheim in sein Auto.

Alexander Wehrle am 26. Januar 2022 am Geißbockheim.

Die corona-bedingten Einschränkungen für Zuschauerinnen und Zuschauer bleiben beim 1. FC Köln ein brisantes Thema. Der Klub prüft, gerichtlich gegen die politischen Beschlüsse vorzugehen, und bittet zudem seine Fans um Hilfe.

von Martin Zenge (mze)Klemens Hempel (kmh)

Mehr als 85 Millionen Euro – der (bisherige) Umsatzverlust des 1. FC Köln in der Corona-Pandemie. Am Dienstag (25. Januar 2022) neuerlich beziffert von Geschäftsführer Alexander Wehrle (46).

Laut bundesweitem politischen Willen der Ministerpräsidenten-Konferenz vom Montag soll es erst mal so weitergehen. Ein bundesweiter Flickenteppich an Auslastungsgrenzen und Hygienekonzepten bleibt bestehen, offiziell angestrebt sind gemeinsame Beschlüsse bis zum 9. Februar.

1. FC Köln: 85 Millionen Euro Umsatzverlust in Corona-Pandemie

In Bayern vollführte Ministerpräsident Markus Söder (55) tags darauf einen bereits angekündigten Alleingang: Bis zu 10.000 Fans sind in Freiluft-Stadien wieder zugelassen. Baden-Württemberg legte am Mittwoch mit bis zu 6000 nach. In Nordrhein-Westfalen bleibt es derweil bei der Obergrenze 750.

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„Dass die Bayern jetzt diesen Schritt gemacht haben, ist erst mal aus unserer Sicht positiv“, macht Wehrle deutlich. Allerdings: „Ich wünsche mir eine einheitliche Lösung für alle Bundesligisten, für alle 36.“

FC-Forderung: Mindestens 25 Prozent Stadion-Auslastung

Und die soll aus FC-Sicht rasch in eine klare Richtung gehen: „Wir sagen, mindestens 25 Prozent müssen in einem ersten Öffnungsschritt möglich sein. Das wären dann 12.500 im Rhein-Energie-Stadion.“

Der Grund: Man habe bewiesen, „dass Großveranstaltungen in den letzten Wochen und Monaten nicht dafür ursächlich waren, dass Hotspots entstanden sind. Dann kann ich das absolut nicht nachvollziehen, warum wir hier nur 750 Zuschauer begrüßen dürfen“, so Wehrle. In der Tat konnte das Kölner Gesundheitsamt nach FC-Spielen mit hoher Auslastung bisher keine Auffälligkeiten feststellen. Auch bundesweite Studien haben ergeben: Sport-Großveranstaltungen sind nicht für außergewöhnlich viele Infektionen verantwortlich. 

Alexander Wehrle: „Kann das absolut nicht nachvollziehen“

Wie sich Omikron darauf auswirkt, ist bisher nicht vollkommen klar – seit Ausbreitung der Variante waren die Stadion-Kapazitäten massiv eingeschränkt. Aber Alexander Wehrlehält fest: „Die Inzidenzen steigen und steigen, und dennoch ist die Hospitalisierung auf einem vernünftigen Niveau. Viele Experten sagen, wir gehen in eine endemische Phase.“ Das Virus werde also heimisch. Der FC-Finanzboss sieht „das Gesundheitssystem nicht in Gefahr“.

Die Hospitalisierungsinzidenz war in NRW zuletzt tatsächlich stabil um den verhältnismäßig niedrigen Wert drei (pro 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen), stieg kürzlich aber wie in vielen Teilen Deutschlands an (am Mittwoch bei 3,91). 

Statt nur auf die Politik zu warten, wägt der FC inzwischen auch juristische Schritte ab, um die Beschlüsse gerichtlich prüfen zu lassen. Wehrle dazu: „Wenn man überlegt, wie unterschiedlich die Regeln sind auf der einen Seite und wie rational überhaupt nicht mehr nachvollziehbar so eine Entscheidung ist, muss man überlegen, ob man so ein Eilverfahren anstrebt.“

FC prüft rechtliche Schritte wegen Fan-Beschränkungen

Die Diskussionen um rechtliche Schritte werden in Köln vorerst intern mit dem Vorstand geführt. Wehrle weiß: „Am Ende ist es auch so, dass wir als Geschäftsführung haften.“ Die finanzielle Dringlichkeit ganz konkret: Um 1,8 Millionen Euro Umsatzverlust pro (fast) leerem Heimspiel geht es. Vor der Partie gegen den SC Freiburg am 5. Februar in Müngersdorf will der FC Klarheit haben. Also noch vor der politischen Frist bundesweiter Lösungen. 

Dass der FC finanziell extrem unter den andauernden Beschränkungen leidet, wird nicht nur an Wehrles Worten Richtung Politik und Öffentlichkeit deutlich. „Wir werden wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen“, erklärte der Finanzboss gegenüber der „Kölnischen Rundschau“. Obendrauf bittet der Klub auch seine treuesten Anhänger wieder um Unterstützung.

Wegen Corona-Lage: Neue Verzicht-Option für Dauerkarten-Fans

Ende Januar zahlen die Geißböcke Rückerstattungen an diejenigen Fans, die sich vor Saisonbeginn für eine „Dauerkarte mit Erstattung“ entschieden hatten. Zwar gab es im Oktober und November Heimspiele mit hoher Auslastung, allerdings konnten natürlich längst nicht alle Inhaber und Inhaberinnen von Dauerkarten diese voll auskosten – der FC erstattet den Kartenpreis daher anteilig, fünf von neun Partien waren in der Hinrunde von entsprechenden Einschränkungen betroffen.

Ursprünglich mussten Fans die Rückerstattungs-Option vor der Saison entweder wählen oder eben nicht – um so mit ihrer vollständig gezahlten Karte den Verein zu unterstützen, unabhängig von der Corona-Lage. 

In einem Schreiben an diejenigen, denen eine Rückzahlung zusteht, informierte der FC nun aber nicht nur über die Höhe. Stattdessen wurde kurzfristig erneut die Möglichkeit geschaffen, auf die Erstattung gänzlich zu verzichten.

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Der Klub erklärt: „In den vergangenen Wochen und Monaten sind Dauerkarteninhaber aktiv auf den FC zugekommen und haben nach der Möglichkeit eines freiwilligen Verzichts auf Rückerstattung gefragt. Diese Hilfsbereitschaft hat alle beim FC sehr gefreut und entgegen unserer eigentlichen Planung bieten wir jedem Dauerkarteninhaber an, auf die Rückzahlung zu verzichten und dem FC damit in diesen für alle schwierigen Zeiten zu helfen.“ Bis zum Freitag, 28. Januar, 12 Uhr, könne die Möglichkeit wahrgenommen werden.

1. FC Köln: „Emotionales Dankeschön“ bei Verzicht

Als „emotionales Dankeschön“ verspricht der Verein eine namentliche Nennung in der Dokumentation „24/7 FC“, die bis Saisonende zudem kostenlos gestreamt werden könne. Obendrauf soll es eine Metalltasse geben, auf der der persönliche Dauerkartenplatz abgedruckt werde.

Gegenüber der „Kölnischen Rundschau“ verteidigte Finanzboss Wehrle den Schritt gegen Bettelei-Kritik: „Einen solchen Vorwurf können wir nicht nachvollziehen. Wir haben sehr transparent unsere Situation geschildert und die freiwillige Option eines Verzichts angeboten, die viele Fans angenommen haben. Wir tragen auch im Sinne des FC und unserer Mitglieder eine unternehmerische Verantwortung. Diese Option des freiwilligen Verzichts nicht anzubieten, wäre fahrlässig gewesen.“ Bis November 2021 hatte der Klub durch Fan-Unterstützung bereits etwa 8,6 Millionen Euro zusätzlich einplanen können.

„Schweren Herzens“: 1. FC Köln sagt auch Karnevalssitzung ab

Sicher erscheint im Fußball und beim FC aktuell einmal mehr nur die Unsicherheit. „Es sagt ja uns keiner, dass es ab Frühjahr mit vollen Stadien weitergeht“, weiß auch Wehrle. Der Klub will offenbar alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die eigene Not zu lindern.

Neben den Härten des Bundesliga-Alltags trifft den Verein die Corona-Pandemie zum wiederholten Male auch beim Thema Karneval – die für den 22. Februar 2022 geplante FC-Sitzung wird ausfallen. Diese müsse „aufgrund der aktuell in NRW geltenden Coronaschutzverordnung schweren Herzens“ abgesagt werden, teilte der Klub am Mittwoch mit.