Debatte um den FC-SportchefWarum Schalke für Horst Heldt kein Endspiel sein sollte

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Sportchef Horst Heldt, hier am 15. Mai im Spiel bei Hertha BSC, steht beim 1. FC Köln unter Druck.

von Alexander Haubrichs (ach)

Köln – Kommt der 1. FC Köln noch einmal mit einem dunkelblauen Auge davon? Muss er in die Relegation? Oder geht es zum inzwischen siebten Mal in die Zweite Liga? Diese Frage wird am kommenden Samstag beantwortet und mit ihr vielleicht schon bald eine weitere drängende Frage: Was wird aus Sportchef Horst Heldt (51)? Darf er weiter die Zukunft planen? Oder kommt der Vorstand zum Schluss, dass ihm ein Umbau des FC-Kaders nicht zuzutrauen ist? Eigentlich müsste die Entscheidung ligaunabhängig fallen, findet unser Autor in seiner kommentierenden Analyse der Situation.

Markus Gisdol, Horst Heldt und die Endspiele

Allzu oft steckte der 1. FC Köln in dieser Saison bereits in einem Endspiel-Schlamassel. Ex-Coach Markus Gisdol (51), seit Anfang der Corona-Phase im Grunde erfolglos und 18 Spiele in Serie ohne Sieg, hangelte sich von einem „Do-or-die“-Spiel zum nächsten. Nie wirkte das als Befreiungsschlag, fast wie in einer Blaupause seiner Hamburger Zeit zog sich das Ende des Trainers über beinahe eine ganze Saison lang hin.

Horst Heldt beim 1. FC Köln unter Druck

Wiederholt sich das jetzt auf dem Sportchef-Posten? Heldt war vor seiner Einstellung schon einmal durch die Abstimmung im Gemeinsamen Ausschuss gerasselt.

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Nach einer Siegesserie und der Rettung binnen zehn Spielen verlängerte man den bis 2021 laufenden Vertrag mit dem Geschäftsführer um zwei Jahre bis 2023 – bereits Wochen vor der offiziellen Verkündung Ende Juni 2020. „Er bringt für uns alles mit, um den FC mittel- und langfristig auf einen guten Weg zu bringen“, kommentierte Präsident Werner Wolf (64) damals die Verlängerung.

1. FC Köln mit missratenen Transferperioden

Das könnte sich nun als teure Entscheidung erweisen. Denn das Misstrauen gegenüber Heldt nach zwei eher missratenen Transferperioden ist im Klub groß: Die Verpflichtung von Sebastian Andersson (29), der für 6,5 Millionen Euro und einen gut dotierten Drei-Jahres-Vertrag kam, half dem Klub bisher nicht weiter. Lediglich drei Tore konnte er aufgrund seiner Knieproblematik beisteuern. Hinzu kommt der bislang völlig gefloppte Grieche Dimitrios Limnios (23), der 3 Millionen Euro kostete und fast 1,5 Millionen Euro verdient.

Enttäuschend auch die Verpflichtung von Tolu Arokodare (19) aus der lettischen Liga, bei dem man übersah, dass er nicht in der zweiten Mannschaft zu Lehrzwecken eingesetzt werden durfte. Und schließlich Winterflop Emmanuel „Ich bin kein Mittelstürmer“ Dennis (23) und Max Meyer (25) – beides absehbare Fehlentscheidungen.

Wer übernimmt Verantwortung für die gruselige FC-Saison?

Und so taumelt der 1. FC Köln, obwohl inmitten der Corona-Pandemie finanziell bis an die Grenze ins Risiko gegangen, am Abgrund und steht hinter Aufsteiger Arminia Bielefeld und weit hinter Vereinen wie Union Berlin, Stuttgart, Augsburg und Mainz einen Spieltag vor Schluss auf Platz 17.

Auch wenn der Klub phasenweise vom Verletzungspech gebeutelt war: Die Frage nach den Verantwortlichkeiten muss gestellt werden – und sie muss schnell beantwortet werden, da die Planungen für die neue Saison bereits in vollem Gange sind.

Eigentlich müsste der Vorstand schon längst eine Entscheidung getroffen haben, kann man doch die Zukunft einer der wichtigsten Positionen eines Fußball-Vereins nicht von einem Spiel abhängig machen. Die FC-Bosse sollten sich klar bekennen: Haben sie noch Vertrauen in ihren Sportchef oder nicht? Die Antwort kann nicht mit dem Kampf um den Klassenerhalt kombiniert werden.

Also: Was spricht für Heldt?  

Horst Heldt wollte Thorsten Fink als Coach beim FC

Sicher seine Erfahrung im Job, sein FC-Stallgeruch, seine Identifikation mit dem Klub und nicht zuletzt, dass eine Trennung gerade bei Klassenerhalt ziemlich teuer ist. Zudem konnte er bisher nur bedingt gestalten, übernahm „Altlasten“ seiner Vorgänger und war selbst in der Trainerfrage kaum Haupt-Entscheider. Wer ihm die Verpflichtung von Steffen Baumgart (46) als neuen Trainer zu Gute hält, liegt allerdings nur bedingt richtig.

Der Manager war sich Anfang April mit Thorsten Fink (53) einig und wollte den Ex-Bayern-Star als Gisdol-Nachfolger mit einem Vertrag bis 2022 ausstatten. Hätte der Vorstand kein Veto eingelegt und auf die Übergangslösung Friedhelm Funkel gedrängt, hätte sich der FC schon damals für einen neuen Coach auch für die neue Saison festgelegt.

Holt Horst Heldt Zuber von Hannover 96 zum 1. FC Köln?

Immerhin konnte Heldt mit Dejan Lubjicic (23) eine ablösefreie Verpflichtung verkünden. Aber es kommen im Sommer gewaltigere Aufgaben auf Heldt zu. Es ist kein Geld mehr da, und es muss weiter Substanz zu Kapital gemacht werden. Ellyes Skhiri (25) dürfte verkauft werden, Ismail Jakobs steht im Schaufenster, auch Sebastiaan Bornauw (22). Traut man Heldt zu, ohne die Leistungsträger einen zukunftsfähigen Kader aufzubauen?

In Paderborn funktionierte Baumgart mit dem Neu-Frankfurter Markus Krösche (40) optimal, mit wenig Geld schafften sie den Durchmarsch von der Dritten Liga in die Bundesliga. Ob Heldt diese Rolle ausfüllen kann? Bleibt er, wird der Sportchef seine Hausmacht ausbauen wollen, indem er seinen Freund Gerry Zuber (45) aus Hannover ans Geißbockheim holt.

Unter den EXPRESS-Lesern geht die Tendenz in Richtung Trennung: Über 40 Prozent sprachen sich in einer Online-Umfrage für eine Neubesetzung der Sportchef-Position aus, für knapp ein weiteres Drittel müsste zumindest im Abstiegsfall Schluss sein. Nur gut 30 Prozent sprachen sich für ein Festhalten am Geschäftsführer aus.

Suche nach Alternativen auf der Sportchef-Position

Aber gibt es Alternativen? Und wer sucht die? Eine Schlüsselrolle dürfte bei dieser Frage Vorstandsberater Jörg Jakobs (50) zukommen. Der hatte 2012 einen ähnlichen Job beim FC, musste nach dem Abstieg den aufgeblähten und teuren Kader komplett umbauen.

Er hat die Kontakte zu möglichen Kandidaten. Senkt er bei Heldt den Daumen? Was macht der Vorstand, auch mit Blick auf die Mitgliederversammlung am 17. Juni? Die nächsten Wochen werden spannend beim 1. FC Köln. Auch, aber eben nicht nur beim Abstiegsendspiel gegen Schalke 04 am Samstag im Rhein-Energie-Stadion.