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Was wir über die Omikron-Variante wissenSchützt uns unsere Impfung noch? Drosten mit Verdacht

Charité-Virologe Christian Drosten (hier im Juli 2021) hat einen ersten Verdacht, wie gut uns die bisherigen Impfstoffe gegen die neue Omikron-Variante schützen.

Charité-Virologe Christian Drosten (hier im Juli 2021) hat einen ersten Verdacht, wie gut uns die bisherigen Impfstoffe gegen die neue Omikron-Variante schützen.

Vieles bei Omikron erinnert an die Anfangsphase von Delta. Auch von dieser Variante waren zunächst nur wenige Fälle bekannt - und schon kurze Zeit danach bestimmte sie vielerorts das Infektionsgeschehen. Könnte es bei Omikron genauso laufen - oder schlimmer?

Erst seit Freitag ist weltweit überhaupt allgemein bekannt, dass es sie gibt - und schon mehren sich die internationalen Nachweise der Omikron-Variante (B.1.1.529) des Coronavirus. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte die außergewöhnlich viele Veränderungen im Erbgut tragende Abwandlung direkt als „besorgniserregend“ ein. Doch was ist überhaupt schon zur Gefährlichkeit bekannt? Eine Übersicht.

Ist Omikron noch einmal ansteckender als die zuvor in Europa kursierenden Varianten Alpha und Delta, die ihrerseits schon deutlich leichter übertragbar waren als davor dominierende Versionen?

Sicher sagen lässt sich das noch nicht. B.1.1.529 hat Mutationen in der Nähe der sogenannten Furin Cleavage Site, einer Region, die eine Rolle bei der Aufnahme des Virus in menschliche Zellen spielt. Eine verbesserte Übertragbarkeit durch diese Änderungen sei denkbar, erklärt der Berliner Virologe Christian Drosten. Sicher nachgewiesen sei sie bisher nicht.

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Aus den Zahlen in Südafrika allein lasse sich nicht zwingend auf eine erhöhte Übertragbarkeit schließen, unter anderem da das Infektionsgeschehen dort zuletzt stark reduziert gewesen sei und neu auftretende Ausbrüche vor so einem sehr kleinen Hintergrund übergroß erscheinen könnten.

Omikron könnte sich stärker verbreitet haben als bisher gedacht

Inzwischen mehren sich allerdings die internationalen Verdachtsfälle und Nachweise - obwohl zumeist erst seit Freitag gezielt nach Omikron gesucht wird. Diese Corona-Variante könnte sich also schon weitaus stärker verbreitet haben als bisher bekannt. Als ein Hinweis auf höhere Übertragbarkeit lässt sich ein Fall in Hongkong werten, zu dem die Details genau bekannt sind, weil er in einer Quarantäne-Unterkunft passierte: Nach Angaben der Hongkonger Regierung hat ein Reisender aus Südafrika die Variante mitgebracht und sie trotz strenger Isolation an einen 62-Jährigen im gegenüberliegenden Zimmer weitergegeben.

Mögliche Ursache: kein ausreichender Mundschutz beim Entgegennehmen von Essen durch die Hoteltür. Beide Männer wiesen demnach eine sehr schnell ansteigende, rasch sehr hohe Viruslast auf.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hält die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Einschleppung und Verbreitung der Variante in Europa für hoch. Zu bedenken beim Thema Verbreitung ist auch: Der geografische Ursprung von Omikron muss nicht in Südafrika liegen, wie Drosten erklärt. „Angrenzende Länder, die starke Reiseverbindungen mit Südafrika unterhalten, haben eine geringer ausgeprägte Virusüberwachung als Südafrika.“

Zudem liege der Flughafen Johannesburg in der Provinz, in der das Virus in Südafrika zuerst bemerkt wurde.

Omikron: Wie gut schützen uns die Impfstoffe?

Erste Laboruntersuchungen der Hersteller dazu laufen derzeit, mit Ergebnissen wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Die genetischen Eigenschaften lassen Experten jedenfalls um den Impfschutz bangen: B.1.1.529 hat Mutationen an mehreren dafür entscheidenden Stellen.

„Nach derzeitigem Ermessen sollte man davon ausgehen, dass die verfügbaren Impfstoffe grundsätzlich weiterhin schützen“, so Drosten. Gerade der Schutz gegen schwere Erkrankungen sei besonders robust gegen Virusveränderungen.

Auch bei verringerter Wirksamkeit bleibe die Impfung die beste Option, betonte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI). „Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei null an, wenn sie sich mit einer neuen Variante infiziert haben.“ Sie hätten auf jeden Fall schon einen gewissen Impfschutz, das sei entscheidend zu wissen.

Omikron: Immunologe vorsichtig optimistisch

Dem Berliner Infektionsimmunologen Leif Erik Sander zufolge hat Omikron zwar viele Veränderungen an Stellen, an denen gerade die besten Antikörper binden können. „Aber unser Körper bildet eine Unmenge an verschiedenen Antikörpern.“ Hinzu kämen spezielle Zellen der Immunabwehr, die in der Regel ganz andere Stellen erkennen als die Antikörper. „Also wir haben immer ein Netz und einen doppelten Boden“, sagte der Immunologe der Berliner Charité.

Omikron: Wie sieht es beim Risiko für eine erneute Corona-Infektion aus?

„Die Genom-Veränderungen weisen darauf hin, dass dieses Virus einen Immunescape zeigen könnte“, erklärt Drosten. Auch das Fallgeschehen in Südafrika lasse plausibel erscheinen, dass Omikron eine gegen andere Sars-CoV-2-Versionen aufgebaute Immunabwehr umgehen könnte: Die derzeit nachgewiesenen Infektionen fänden in sehr großem Maße bei vorher bereits Genesenen statt - es stecken sich also Menschen an, die schon mit Delta oder einer anderen Variante infiziert waren.

Dies allein könne im Fall von Südafrika auch schon eine Erklärung für eine relativ zum vorher zirkulierenden Delta-Virus erhöhte Übertragbarkeit sein. Wichtig zu wissen ist aber auch, wie Drosten betont: Für einen kompletten Ausfall des Immunschutzes wären nach wissenschaftlichem Kenntnisstand noch „bedeutend viel mehr Mutationen“ im Spike-Protein erforderlich.

Omikron: Erkranken Infizierte schwerer?

„Für eine veränderte Krankheitsschwere gibt es derzeit keine Hinweise“, betont Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité. Nach Angaben der Mediziner-Vereinigung SAMA in Südafrika erkrankten die dort Betroffenen bisher nicht schwerwiegender. Allerdings stehen die Analysen dazu noch am Anfang, Südafrika hat zudem andere Grundvoraussetzungen - etwa eine andere Altersstruktur - als Länder wie Deutschland.

Hinzu kommt, dass sich in Südafrika großteils Menschen infizierten, die schon von einer anderen Variante genesen waren, also schon einen gewissen Immunschutz haben. Aussagen über den Krankheitsverlauf seien derzeit nicht möglich, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI). „Dazu haben wir momentan einfach zu wenige Fälle.“

Omikron: Warum die große Besorgnis?

Wenn so viele Dinge zu B.1.1.529 noch gar nicht genau bekannt sind, warum sofort die große internationale Besorgnis?

Omikron trägt so viele Mutationen wie noch von keiner Variante zuvor bekannt, davon allein mehr als 30 beim Spike-Protein, über das das Virus an menschliche Zellen andockt. Gegen das Spike-Protein bildet der Körper bei einer Ansteckung mit dem Virus Antikörper. Auch viele der Impfstoffe regen das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein an. Hinzu kommen - neben weiteren mit unbekannten möglichen Folgen - die Mutationen nahe der schon genannten Furin Cleavage Site.

Omikron vereine erstmals kritische Mutationen in der Rezeptorbindungsstelle aus den Varianten Alpha (erstmals nachgewiesen Ende 2020 in England), Beta (Südafrikanische Epidemie im zweiten Halbjahr 2020), Gamma (Brasilien 2020) und Delta (Indien 2021 und jetzt global vorhanden), erklärte Drosten.

Für eine Bewertung und Einordnung der Veränderungen brauche es nun weitere Daten. Reisebeschränkungen als Vorsichtsmaßnahme hält der Virologe für sinnvoll: „Eine Kontrolle der Verbreitung durch Unterbindung von Flugverbindungen nach Deutschland ist in der Frühphase der Einschleppung von Infektionen wirksam und damit zum aktuellen Zeitpunkt gerechtfertigt.“

Omikron: Wie läuft der Nachweis?

Mit einem herkömmlichen PCR-Test lässt sich lediglich feststellen, ob eine Infektion mit Sars-CoV-2 vorliegt, nicht mit welcher Variante. Daneben gibt es variantenspezifische PCR-Testungen, mit denen sich bereits bekannte Virusvarianten wie Delta erkennen lassen. Dabei werden charakteristische Mutationen meist innerhalb des Spike-Proteins mittels PCR erfasst. Omikron weist eine bestimmte Veränderung auf, die sich dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge in einzelnen diagnostischen Tests ähnlich wie bei der Alpha-Variante darstellen kann.

Alpha ist derzeit in Deutschland und anderen Ländern kaum noch verbreitet, die Variante wurde von Delta weitgehend verdrängt - was einen Nachweis von Omikron bei anschlagendem Test wahrscheinlich macht. Bis zu einem speziell für Omikron geschaffenen Test gebe aber nur eine Gesamtgenomsequenzierung absolute Sicherheit, heißt es vom RKI.

Omikron: Woher kommt der Name?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benennt auffällige Varianten von Sars-CoV-2 seit einiger Zeit nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. Damit soll verhindert werden, dass die Orte, an denen die Varianten erstmals auftreten, als Bezeichnung verwendet und sprachlich an den Pranger gestellt werden. Der Reihenfolge nach hätte nun Ny folgen sollen - doch die WHO ließ diesen und auch gleich den folgenden Buchstaben Xi aus. Warum?

Ny, das auf Englisch Nu heißt, klinge zu sehr nach „new“ (deutsch: „neu“) und wäre daher missverständlich gewesen, hieß es dazu von der WHO. „Xi wurde nicht verwendet, weil es ein verbreiteter Nachname ist.“ Virus-Bezeichnungen sollten keine ethnischen oder regionalen Gruppen verletzen. Wobei Xi zwar in China und in Ländern mit Han-chinesischer Bevölkerung gebräuchlich ist, aber zumindest in China kein sehr häufiger Name. Es gibt allerdings einen sehr wichtigen Namensträger: den chinesischen Staatschef Xi Jinping. (dpa)