Ein ZDF-Team ist für den Film „Drogenkrieg in Ecuador - Ein Land am Abgrund“ in eine der gefährlichsten Städte der Welt gereist. Waffengewalt, Überfälle, Entführungen und Morde sind hier an der Tagesordnung - Drogenbanden haben alles unter ihrer Kontrolle. Das bekommen auch die Journalisten zu spüren ...
Doku-DrehAls ZDF-Team Kartell-Gewalt in Ecuador filmt, wird es plötzlich selbst zum Opfer

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Für den ZDF-Film „Drogenkrieg in Ecuador - Ein Land am Abgrund“ begibt sich ein Team des Senders in große Gefahr. In einem Gefängnis in Ecuador erleben die Journalisten, wie skrupellos hier vorgegangen wird.
Ecuador gilt als eines der gefährlichsten Länder in Lateinamerika. Der Drogenhandel und die organisierte Kriminalität haben den Staat fest im Griff, die Gewalt der Kartelle sorgt für tägliche Horror-Szenen auf offener Straße. Für die Doku „Drogenkrieg in Ecuador - Ein Land am Abgrund“ geht ein ZDF-Team ein hohes Risiko ein und begibt sich in eine der gefürchtetsten Städte der Welt. Schnell erfährt die Film-Crew am eigenen Leib, wie skrupellos hier vorgegangen wird.
„Vor fünf Minuten wurde hier jemand ermordet“, zeigt ein ecuadorianischer Reporter dem ZDF-Team gleich zu Beginn des Films eine Leiche. Am helllichten Tag ist es vor einem öffentlichen Gebäude zu einer Schießerei gekommen. In vielen Gegenden des südamerikanischen Landes gehört so etwas längst zur Normalität. Im Jahr 2024 wurden allein in der Hafenstadt Guayaquil knapp 2.500 Morde verübt, also durchschnittlich sieben am Tag. Hinrichtungen auf offener Straße können die Bewohnerinnen und Bewohner hier kaum noch schockieren.
Ein Bürger berichtet verzweifelt: „Jeden Tag gibt es Morde, Leichen, Anschläge, Erpressungen oder Entführungen in dieser Stadt. Das ist alles das Werk von organisierten Banden. Ein Massaker nach dem anderen. Ich weiß nicht, was wir noch machen sollen. Eigentlich müssten wir uns alle bewaffnen, um uns verteidigen zu können.“

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Die Gefängnisse in Ecuador sind überfüllt, Wärter und Verwaltung überfordert.
Lange Zeit galt das schöne Land am Pazifik als eines der friedlichsten in Lateinamerika. Die schwache Wirtschaft ließ die Gewalt ab 2020 schließlich explodieren. Kartelle übernahmen die Kontrolle und machten Ecuador zur Drehscheibe des internationalen Drogenhandels. Seitdem terrorisieren rivalisierende Banden aus Mexiko, Kolumbien oder auch Albanien die Bevölkerung. Aufnahmen von Entführungen, Raubüberfällen, Folter und Waffengewalt zeigen in der ZDF-Doku ein grausiges Bild.
Besonders makaber: Die Banden haben bei den Morden ihr eigenes Markenzeichen. Der ecuadorianische Polizeichef Roberto Santamaria erklärt der Film-Crew, dass eine Organisation ihre Opfer mit drei Schüssen in den Kopf tötet, eine andere schneidet Köpfe und Körperteile ab, während wieder eine andere ihre Opfer vollständig mit Kugeln durchsiebt. Auch für die Polizei sind die Einsätze enorm riskant. Zumal etliche Bewohnerinnen und Bewohner für die Kartelle als Informanten arbeiten, wie der Polizeichef schildert.
Nicht viel weniger gefährlich geht es in den überfüllten Gefängnissen von Ecuador zu. Bandenkriege sind hier keine Seltenheit. Erst vor einem Jahr brach „Fito“, der mächtige Anführer der kriminellen Los Choneros, aus seiner Zelle aus. Das ZDF spricht gerade mit dem Leiter des Gefängnisses über die noch immer ungeklärte Flucht des Drogen-Bosses, da muss das Interview überraschend abgebrochen werden. Das Kamera-Team soll das Gelände umgehend verlassen. Es kommt zu einer brenzligen Situation ...
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Der Leiter des Gefängnisses verabschiedet sich noch höflich von den Journalistinnen und Journalisten des ZDF, da heißt es plötzlich, dass sie die Pässe, die beim Betreten abgegeben werden mussten, nicht zurückerhalten. „Wir sollen 1.000 Dollar zahlen, erst dann bekommen wir unsere Pässe zurück“, sagt eine Reporterin. Korruption vor laufender Kamera. Ob die Film-Crew das Geld gezahlt hat, wird in der Doku nicht beantwortet.
Lukrativer Drogenhandel: Ist Ecuador noch zu retten?
Im November 2023 hat der ecuadorianische Präsident Daniel Noboa der Drogenmafia den Kampf angesagt. Er kündigt ein strengeres Vorgehen gegen korrupte Amtsträger an. Doch der Feind scheint übermächtig: Beamte, die sich nicht bestechen lassen und die kriminellen Banden in ihrem Vorgehen behindern, werden regelmäßig getötet. Das ZDF trifft unter anderem einen Bürgermeister, der nur durch ein Wunder einen Anschlag auf seine Person überlebte und seitdem aus dem Untergrund agiert. Eine Richterin erzählt von ständigen Morddrohungen und befindet sich unter andauerndem Polizeischutz.

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Zur Unterstützung rekrutiert die Armee indigene Stammeskrieger aus dem Amazonasgebiet. Sie operieren als Spezialeinheit unter dem Namen IWIA.
Mit 22.000 Soldaten und 60.000 Polizisten zieht Präsident Daniel Noboa gegen die rund 50.000 Bandenmitglieder in den Krieg. Sogar indigene Völker im Amazonas-Becken helfen mit. Denn der dichte Dschungel im Osten von Ecuador bietet eine ideale Schmuggel-Route für Kokain aus Kolumbien und Peru.
Ein Haupteinsatzgebiet der Drogenfahndung stellt der Hafen von Guayaquil dar. Da Ecuador der größte Bananen-Exporteur der Welt ist, wird hier tonnenweise Kokain in den Kartons versteckt. 2024 werden über 280 Tonnen Kokain beschlagnahmt – und dennoch wird nur ein Bruchteil der geschmuggelten Drogen gefunden.
Trotz der harten Maßnahmen von Präsident Daniel Noboa bleibt der Drogenhandel somit ein überaus lukratives Geschäft für die Kartelle - und das Land droht in Gewalt, Drogen und Korruption zu versinken.
Die komplette ZDF-Doku „Drogenkrieg in Ecuador - Ein Land am Abgrund“ wird am Donnerstag, 7. August, um 18 Uhr bei ZDFinfo ausgestrahlt und ist bereits jetzt in der ZDF-Mediathek zu sehen. (tsch)