Schauspieler Leonard Lansink hat mit uns über Erinnerungen an das „Erste Mal“, die Zukunft seiner Rolle „Wilsberg“ und Karneval im Münsterland gesprochen.
„Täuschen Sie sich nicht, lieber EXPRESS“Leonard Lansink über Karneval, Schlager und sein erstes Mal

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Leonard Lansink tritt mit seinem „Wilsberg“ am 17. Mai 2025 gegen den Eurovision Song Contest (ESC) an. Das Foto wurde im März 2025 in Köln aufgenommen.
Die Krimiserie „Wilsberg“ – eine der ungewöhnlichsten ZDF-Geschichten: Vor 30 Jahren, 1995, wurde erstmals eine Folge („Und die Toten lässt man ruhen“) ausgestrahlt. Erster Hauptdarsteller war Joachim Król (68). Erst drei Jahre später folgte Folge 2: „In aller Freundschaft“, mit Leonard Lansink (69) als neuem Titel-Helden.
Wieder Pause, dann wurde „Wilsberg“ zur Serie – zu einer der erfolgreichsten des ZDF (bis über 9 Millionen Zuschauer) und immer mit Leonard Lansink. Einer der vielen Gründe, sich mit dem Westfalen im Kölner Savoy Hotel zum langen Gespräch zu treffen.
Leonard Lansink tritt als „Wilsberg“ gegen den ESC an
Der neue „Wilsberg“ läuft am 17. Mai gegen den Eurovision Song Contest. Wir vermuten, dass Sie damit diesmal nicht der Samstag-Quotensieger sein werden. Ärgert Sie das?
Leonard Lansink: Es ist auf der einen Seite natürlich etwas traurig, weil er damit etwas versendet wird – aber auf der anderen Seite ist es auch ein Kompliment für uns. Das zeigt uns ja, dass man uns zutraut, dem ESC einige Zuschauer abzuziehen.
Von dieser Situation abgesehen: Drücken Sie Deutschland beim ESC die Daumen?
Leonard Lansink: Ganz ehrlich? Es ist mir egal, ob wir oben oder unten landen, das ist nicht das, was ich irre wichtig finde. Ich bin kein ESC-Fan. Für mich ist das alles nur eine Musik-Marketing-Geschichte, eine Verkaufsshow. Es geht vor allem darum, mit Schlagern Geld zu verdienen. Dazu kommt, dass mir die Songs, die da zu hören sind, keinen Spaß machen. Schlager waren nie mein Ding.
Haben Sie früher beim ESC-Vorgänger, dem „Grand Prix de la Chanson“ zugesehen?
Leonard Lansink: Selten. Auch der war zu schlagerlastig. Ich hatte andere Ansprüche an die Musik.

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Leonard Lansink und EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher im Kölner Hotel Savoy. Das Foto wurde am 31. März 2025 aufgenommen
Was haben Sie gehört?
Leonard Lansink: Ich fand Jacques Brel, Georges Brassens oder auch Wolf Biermann gut. Und natürlich Leonard Cohen, an dessen Song „Suzanne“ ich eine ganz besondere, eine sehr persönliche Erinnerung habe.
Erzählen Sie doch bitte …
Leonard Lansink: Ich war 15, als ich auf einer Radtour entlang des Rheins in der Jugendherberge Cochem eine Frau kennengelernt habe. Sie war schon 21, doch sie fand mich gut und ich sie auch. Wir tauschten unsere Adressen aus. Sie wohnte in Düsseldorf, ich in Essen, und da es da immer gute S-Bahnverbindungen gab, besuchte ich sie in Ihrem Zuhause. Und da legte sie Cohens „Suzanne“ auf den Plattenteller – und dazu bin ich entjungfert worden.
Trotz Ihrer Ansprüche an die Unterhaltungsmusik – wir haben gehört, dass Sie sich für Ihren „Wilsberg“ eine Folge wünschen, in der es gerade um diese Musik geht. Können Sie mehr verraten?
Leonard Lansink: Es gibt eine Geschichte von Jürgen Kehrer, Erfinder von Wilsberg, die in der Volksmusikszene und im Münsteraner Karneval spielt: Ein bisschen Mord muss sein …
Karneval in Münster? Sollte man das nicht besser ins Rheinland verlegen?
Leonard Lansink: Täuschen Sie sich da nicht, lieber EXPRESS. Karneval in Münster ist nicht ohne. Er ist wie Karneval in Köln – nur härter. Der katholische Westfale trinkt, singt und sündigt auch sehr gern! Da muss er sich gegenüber dem Rheinländer nicht verstecken!
Wird an dieser Folge schon gearbeitet?
Leonard Lansink: Leider nicht. Ich hätte das ja sehr gern, ich finde die Mischung von Volksmusik und Karneval super. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob der Sender sich dazu durchringen kann. Denn man müsste auch Leute wie Andrea Berg oder Florian Silbereisen holen, das wird teuer!
Wird „Tatort“-Münster gemeinsam mit „Wilsberg“ ermitteln?
Da wir gerade von neuen Folgen reden: Immer wieder taucht die Frage auf, warum der Münster-„Wilsberg“ nicht mal einen Fall gemeinsam mit dem Münster-„Tatort“ löst. Hätten Sie da keinen Spaß dran?
Leonard Lansink: Wir Schauspieler hätten nichts dagegen, wir können gut miteinander. Es wäre ganz einfach, uns in eine Geschichte zu packen. Doch das müssen WDR und ZDF auch wollen. Denn da gibt es viele Fragen: Eine oder zwei Folgen? An welchem Tag und bei welchem Sender wird er gezeigt? Bei zwei Folgen – wie wird gesendet? Und man muss einen Autor finden, der statt fünf Hauptfiguren gleich zehn bedienen kann.
Lassen Sie uns zurückblicken: War Schauspieler Ihr Traumberuf?
Leonard Lansink: Nein. Als junger Mann wäre ich am liebsten Journalist geworden. Ich wollte die Welt von außen sehen, ohne mich selbst engagieren zu müssen. Ich stellte mir vor, ich ginge zum CDU-, SPD- oder FDP-Parteitag, hörte und guckte mir alles an, wäre aber nie mit dem Herzen an eine der Parteien gebunden. Für mich stand fest, dass man als Journalist nicht mittendrin steht, sondern nur zur Kenntnis nimmt. Dieser Blick von außen kam und kommt meiner Natur sehr nahe.
Warum ist nichts draus geworden?
Leonard Lansink: Weil ich mich nicht richtig bemüht hatte. Ich hatte auch eine nette Kinderkrankenschwester kennengelernt und dachte mir, Medizin sei doch besser. Dann war es aber nicht das Richtige für mich, und ich war schon zu alt, und so bin ich zur Schauspielschule gegangen.

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Im neuen „Wilsberg – Mit allen Wassern gewaschen“ bleibt bei Leonard Lansink (alias QWilsberg) und Oliver Korittke (alias Ekki) nicht alles trocken.
Hätten Sie sich in der Schauspielschule vorstellen können, dass Sie als junger Mann mit 42 einen Privatdetektiv spielen, und die Rolle dann auch noch als älterer Herr mit fast 70 und darüber hinaus haben?
Leonard Lansink: So etwas war nicht vorstellbar. Doch das war ja kein Plan, das hat sich so ergeben. Als ich Ende der 90er vom ZDF und den Produzenten angerufen wurde, ging es nur um einen 90-Minüter für den Montagabend. Es war „In alter Freundschaft“. Der war super, wurde auch super angenommen. Aber erst viele Monate später kam der nächste Anruf: „Wollen wir noch einen machen?“ Denn diese Art Krimi mochte im Sender zuerst nicht jeder. Die Mischform, Komödie mit Krimi, war neu, da waren viele Leute nicht so glücklich, und unser Redakteur hat schwer kämpfen müssen. Inzwischen machen uns so viele nach – vom Münster-„Tatort“ bis hin zu „Nord bei Nordwest“.
Sie drehen jetzt die Folgen 91 und 92. Wie viele wollen Sie noch machen?
Leonard Lansink: 100 muss sein, ich habe aber auch nichts gegen 111. Wilsberg hat ja glücklicherweise einen Beruf, der nicht abhängig ist von Pension oder Rente, er kann weitermachen, wie er will. Der hat seinen Laden, verkauft alte Bücher und ist Privatdetektiv.
Wir haben Sie 2024 mal in einem berührenden Inga-Lindström-Film mit Uschi Glas gesehen. Danach haben sich viele gefragt, warum man Sie sonst so selten in anderen Produktionen dieser Art sieht. Ärgert es Sie, dass Ihr „Wilsberg“ anderen Rollen im Weg stehen?
Leonard Lansink: Ärgern? Das wäre arrogant. Wilsberg hat mir doch viel mehr gebracht, als es mir genommen hat. Natürlich kann ich jetzt keinen Mörder mehr im „Tatort“ spielen, aber Mörder im „Tatort“ ist man nur alle paar Jahre. Und Wilsberg ist vier Mal im Jahr. „Wilsberg“ ist eine glückliche Fügung.

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Leonard Lansink mit seiner Ehefrau Maren Muntenbeck.
Sie drehen so viel in NRW, wohnen aber in Berlin. Nie an einen privaten Umzug gedacht?
Leonard Lansink: Ich hätte nichts gegen Münster – da kommt ja auch meine Frau her. Doch Berlin ist anonymer, da ist es egal, wer da wohnt oder gerade über die Straße geht. In Münster ist das Leben schwerer für mich. Da sitze ich auf dem Prinzipalmarkt und trinke meinen Kaffee, und jeder will ein Selfie. Doch wenn ich keinen „Wilsberg“ mehr drehe, mache ich das. Nur schade, dass ich dann Abschied vom Kölner Savoy Hotel nehmen muss – das ist zu meinem zweiten Wohnzimmer geworden. Die Inhaber sind prima, das Team ist großartig, ich werde hier immer gut umsorgt. Was will man mehr?
Kommen Sie ansonsten gut klar mit dem Erkanntwerden?
Leonard Lansink: Wäre es nicht so, hätte ich was falsch gemacht. Man kann nicht von den Leuten profitieren, weil sie einen mögen, sie aber gleichzeitig blöd finden.
Im Januar werden Sie 70. Ist Ihnen die Zahl egal, oder kommen Sie da schon mal ins Grübeln?
Leonard Lansink: Egal ist mir das nicht. Aber das ist doch nur eine Zahl. Wir werden in einem kleinen Hotel auf Malle feiern – vielleicht treffen wir uns dann da mit Uwe Ochsenknecht und August Zirner, die – wie ich – am 7. Januar 70 werden. Da wird dann keine Zeit zum Grübeln sein.
Leonard Lansink wirkte in mehr als 100 Filmen und Serien mit
Leonard Lansink (geboren am 7. Januar 1956 in Hamm) wuchs bei seinen Großeltern in Gelsenkirchen-Rotthausen auf. Abitur in Essen, Zivildienst in einem Heim für sehbehinderte Menschen, sechs Semester Medizin-Studium, dann Schauspielausbildung an der renommierten Folkwangschule Essen. Es folgten Theater-Engagements in Essen, Bochum und Oberhausen. 1983 feierte er sein TV-Debüt im Schimanski-„Tatort – Rechnung ohne Wirt“. 1987 folgte der Kinofilm „Eis am Stiel VII“.
Seit 1998 ist er in der ZDF-Serie „Wilsberg“ zu sehen. Von 1994 bis 2005 in „Ein starkes Team“ dabei. 2002 bekam er seine erste Kino-Hauptrolle in „Mein erstes Wunder“. Er wirkte bislang in über 100 Film- und Fernsehproduktionen mit. 2017 bekam er den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen (für seinen Einsatz für die Krebsberatungsstelle Münster) verliehen. Er ist seit 2011 mit der Juristin Maren Muntenbeck (51) verheiratet. Die beiden leben in Berlin.