Kölner „Tatort“Wie oft gibt es den „finalen Rettungsschuss“ wirklich?

Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) stellt sich dem Geiselnehmer Daniel Huberty an Bord des Ausflugsschiffes. Im Kölner „Tatort: Hubertys Rache“ versucht die Polizei, den Mann mit Bombe auf verschiedene Arten unschädlich zu machen.

Kommissar Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) stellt sich dem Geiselnehmer Daniel Huberty an Bord des Ausflugsschiffes. Im Kölner „Tatort: Hubertys Rache“ versucht die Polizei, den Mann mit Bombe auf verschiedene Arten unschädlich zu machen.

Ein Ex-Lehrer, der sich ungerecht behandelt fühlt, droht ein Kölner Ausflugsschiff in die Luft zu sprengen. Der Täter befindet sich samt Bombe und einem Dutzend Geiseln an Bord.

Wegen der Liaison mit einer 14-jährigen Schülerin saß im Kölner „Tatort: Hubertys Rache“ Lehrer Daniel Huberty (Stephan Kampwirth) in Haft. Zu Unrecht – seiner Meinung nach. Nun möchte der „Gerechtigkeitsfanatiker“, dass eine Reihe von Personen, die er für sein Lebensunglück verantwortlich macht, auf ein von ihm entführtes Ausflugsschiff gebracht werden.

Dort soll eine Aussprache oder besser ein Tribunal stattfinden, das Huberty für die gesamte Welt auf Video aufzeichnet. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer solchen Geiselnahme zu werden? Und wie würde die Polizei vorgehen?

Kölner Tatort „Hubertys Rache“: Worum ging es?

Die Ermittler Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) wurden am frühen Morgen zum Rheinufer gerufen. Dort lag die Leiche eines Mannes. Laut seinem Sweatshirt gehörte er zur Crew eines Ausflugsschiffes und war offenbar kurz vor seinem Tod in eine Schlägerei verwickelt.

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Als sich Schenk mit dem Kapitän der gerade auf dem Rhein schippernden „Agrippina“ in Verbindung setzte, erfuhr er, dass der von einem guten Dutzend Passagiere gebuchte Dampfer von Ex-Lehrer Daniel Huberty entführt wurde.

Dieser drohte den Kommissaren: „Ich werde das Schiff in die Luft sprengen, wenn Sie meinen Forderungen nicht nachkommen.“

Einer der vom Entführer an Bord bestellten „Lebenszerstörer“ war ein Immobilienmogul, von dem in der Öffentlichkeit keine Bilder existieren. Max Ballauf übernahm dessen Rolle und ging unter falscher Identität an Bord ...

Tatort „Hubertys Rache“: Spannender Geiselnahmen-Thriller mit schönen Köln-Bildern

Den Machern ging es offenbar darum, einen spannenden Geiselnahme-Thriller mit schönen Köln-Bildern zu erschaffen und das Psychogramm eines zu allem entschlossenen Wut-Bildungsbürgers zu zeichnen.

Das erfahrene Autoren-Ehepaar Eva und Volker A. Zahn hat schon einige „Tatorte“ für den SWR und NDR geschrieben. In seiner Heimatstadt Köln war das erfolgreiche Duo (Grimmepreis 2009 für „Ihr könnt euch niemals sicher sein“) aber bis dato noch nicht aktiv.

Für die beiden war deshalb klar, dass ihre Stadt hier aus der vielleicht schönsten Perspektive, nämlich jener vom Wasser aus, gefilmt werden müsse. Eva Zahn dazu: „Der Film ist eine Hommage an das wunderschöne Köln, andererseits ein Zeitgeist-Drama über momentan weit verbreitete Opfer- und Empörungsbefindlichkeiten.“

Tatort „Hubertys Rache“: Wie oft geschehen Geiselnahmen wirklich?

In Krimis erleben wir immer wieder Geiselnahmen, tatsächlich passieren sie jedoch äußerst selten. In Deutschland gab es im Jahr 2020 insgesamt 30 Geiselnahmen. Die Statistik weist bei dieser Straftat einen stark rückläufigen Trend aus.

Über die letzten 30 Jahre betrachtet zeigt die Kriminalstatistik, dass die meisten Geiselnahmen in den Jahren 1995 (128 Fälle) und 1996 (115 Fälle) stattfanden. Meist handelte es sich um Geiselnahmen im Zusammenhang mit Raubüberfällen.

Materielle Forderungen oder „freies Geleit“ sind die häufigsten Forderungen der Geiselnehmer. Auch Beziehungstaten im engeren familiären Umfeld schlagen zu Buche. Ein Szenario wie das im Kölner Krimi beschriebene ist demnach äußerst unwahrscheinlich.

Tatort „Hubertys Rache“: Wie oft gibt es den „finalen Rettungsschuss“?

Im Kölner „Tatort“ versuchen Spezialkräfte der Polizei, den Täter, der Kontrolle über eine Bombe hat, zu erschießen. Ohne Erfolg. Als finalen Rettungsschuss bezeichnet man den gezielt tödlichen Einsatz von Schusswaffen durch die Polizei, um im Sinne der Nothilfe Gefahr von Dritten abzuwenden – wenn keine anderen Mittel verfügbar sind.

Der erste finale Rettungsschuss in Deutschland wurde bei einem Hamburger Banküberfall am 18. April 1974 abgegeben. Ein Kolumbianer hatte während eines Banküberfalles einen Polizisten getötet und Geiseln genommen. Er wurde beim Verlassen der Bank gezielt erschossen.

Die juristische Grundlage hierfür wurde im Jahre 1973 – infolge des Münchner Olympia-Attentats 1972 – entworfen. Mittlerweile gibt es in 13 von 16 Bundesländern eine entsprechende Regelung. Nur in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Schleswig-Holstein findet sich kein Passus dazu in den Polizeigesetzen.

In der Praxis kommt es sehr selten zum finalen Rettungsschuss. In den zehn Jahren von 1988 bis 1997 wurden in der Bundesrepublik Deutschland und später in Gesamtdeutschland fünf Fälle gezählt.

Wie geht es mit dem Kölner „Tatort“ weiter?

Klaus J. Behrend und Freddy Schenk feiern am 5. Oktober 2022 ihr 25-Jahre-Dienstjubiläum als Kölner „Tatort“-Kommissare. Ob dieses Jubiläum bewusst mit einem besonderen Fall gefeiert wird, ist momentan noch unklar.

Sicher ist nur, es wird 2022 nur noch einen weiteren Krimi des Teams – voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte – geben: „Die Spur des Blutes“ spielt in der Kölner Straßenstrich-Szene.

Eine 19-jährige Drogenabhängige ist ermordet worden. Schnell stellt sich heraus, dass die tote Lara Krohn für ihre Sucht auf den Straßenstrich ging. Ihre beste Freundin, die gleichaltrige Kim (Greta Bohacek), vermutet, dass Lara von einem Freier ermordet wurde.

Gerichtsmediziner Dr. Roth (Joe Bausch) kann mehrere fremde DNA-Spuren an der Leiche sicherstellen. Aufgrund der vielen infrage kommenden Täter sind die Kommissare stark von der Laborauswertung dieser Spuren abhängig. Prominente Gastschauspieler dieser Folge (Buch: Arne Nolting und Jan Martin Scharf, Regie: Tini Tüllmann) sind der Österreicher Josef Hader und Robert Stadlober. (tsch)