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Bei MaischbergerSPD-Generalsekretär lästert: „Herr Söder sagt viel“

„Ich kämpfe dafür, dass es nicht auf alle Ewigkeit schwarz-rot ist“, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf im Gespräch mit Sandra Maischberger. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Ich kämpfe dafür, dass es nicht auf alle Ewigkeit schwarz-rot ist“, sagte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf im Gespräch mit Sandra Maischberger. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Die SPD lasse sich vom Koalitionspartner über den Tisch ziehen, warf Heidi Reichinnek dem neuen SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf bei „Maischberger“ vor. Die Linke sei der besserer Partner, denn: „Ohne uns funktioniert es halt nie.“

Den Blick in die Glaskugel konnte sich Sandra Maischberger sparen. Davon, dass Heidi Reichinnek mit ihrem Gegenüber scharf ins Gericht gehen würde, war auszugehen. Erst recht, wenn es sich dabei um den neuen SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf handelt. „Die SPD geht in dieser Regierung unter“, warf die Linken-Fraktionsvorsitzende dessen Partei vor, nichts zu haben, „das sie ins Schaufenster stellen kann“.

Der armutsfeste Mindestlohn sei krachend gescheitert, es gebe zu wenige Entlastungen, zählte sie die gebrochenen Versprechen einer Stromsteuer, eines Klimageldes, der Mehrwertssteuerstreichung und des bezahlbaren Wohnraums auf. „Das ist die große Kritik, dass sie die Angriffe auf den Sozialstaat mitmacht“, redete sie sich in Fahrt. „Zum Glück sind wir da, sonst würde es noch düsterer aussehen im Bundestag.“

Klüssendorf konnte sie damit nicht beeindrucken. „Die Rede könnte Heidi Reichinnek eher in der Unionsfraktion halten“, konterte er. Die hätten den Eindruck, dass die SPD sie über den Tisch ziehe - „und das zum Teil zurecht“, argumentierte er, dass es ohne die SPD kein Sondervermögen für die Infrastruktur gegeben hätte. Auch dass die Partei nichts für den Wohnbau täte, stimme angesichts des soeben beschlossenen Bauturbos nicht. Kurz: „Wir setzen uns in den wesentlichen Fällen auch durch“, wollte er das nicht so gelten lassen. Selbst beim Thema Erbschaftssteuer zeigte er sich zuversichtlich, noch in dieser Wahlperiode etwas zu machen.

Heidi Reichinnek: „Ohne uns funktioniert es halt nie“

„Herr Söder sagt nein“, unterbrach ihn Maischberger. „Herr Söder sagt viel“, entfuhr es dem SPD-Generalsekretär. Er betonte, dass in der CDU und der CSU Bewegung beim Thema herrsche. Für ihn sei es keine Frage der Steuererhöhung, sondern der Steuergerechtigkeit. Bei den Ausnahmen einzugreifen, die es aktuell bei den allerhöchsten Erbschaften und Schenkungen gebe, sei ein „Riesenschritt“.

„Die SPD geht in dieser Regierung unter“, fand Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Die SPD geht in dieser Regierung unter“, fand Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie erfolgreich wird die SPD sein?“, bat Maischberger Reichinnek um ihre Einschätzung. „Aktuell eher im unteren Bereich“, lachte die, fügte aber hinzu: „Es kann ja noch werden, wir machen den Druck mit.“ Die Linke etwa setze sich für eine Bürgerversicherung ein, die alle Einkommensarten mit einbezieht, um mehr Geld im System zur Verfügung zu haben.

„Ich erwarte mir von der SPD, dass sie solche Debatten mitführt - auch gegen die Union“, zog sie die Regierungspartei zur Verantwortung. Dass die SPD solche Maßnahmen mit CDU und CSU nicht durchsetze, sei aber klar: „Dafür braucht es uns. Ohne uns funktioniert es halt nie, das sehen wir immer wieder.“

„Also Sie machen im Parlament Front gegen den Koalitionspartner“, kommentierte das Maischberger trocken. „Na, das freut die CDU.“ Und mit Blick auf Klüssendorf: „Sie haben so genickt, dass ich das Gefühl habe, davon träumen Sie schon.“

Tim Klüssendorf: „Ich kämpfe dafür, dass es nicht auf alle Ewigkeit schwarz-rot ist“

Davon wollte Klüssendorf nichts wissen. „Ich träume davon, dass wir mit der Union wirklich vorankommen“, betonte er die Dringlichkeit, „in der Mitte der Gesellschaft“ Dinge umzusetzen, statt nur Forderungen zu stellen oder Kämpfe gegeneinander zu führen.

Wie solche über die Wehrdienstpflicht: Denn während die Regierung aktuell diskutiert, wie der freiwillige Wehrdienst attraktiver werde, „springt der Koalitionspartner rein in die Parade und sagt: Aber mit der Freiwilligkeit wird es nicht klappen“, riss Reichinnek mit ihrer Bemerkung offensichtlich eine offene Wunde weiter auf.

„Das ärgert mich“, wurde Klüssendorf emotional. Es könne nicht sein, dass man zu Gesetzesentwürfen, die noch nicht einmal beschlossen wurden, sage: „Das klappt nicht.“ Die Debatte trage er nicht mit. Die Linke habe sogar einen Antrag auf Streichung der Wehrpflicht aus dem Grundgesetz gestellt, „damit sie nicht wieder reaktiviert wird“, betonte Reichinnek indessen, denn: „Wir lehnen die Wehrpflicht kategorisch ab.“

Vielleicht gibt es bei so vielen Gemeinsamkeiten dann ja doch eine Koalition zwischen der SPD und den Linken? „Das würde ich der SPD sehr wünschen“, ließ Reichinneks Antwort nicht lange auf sich warten - vorausgesetzt: „Wir führen die Koalition, dann funktioniert's.“

Im Moment gäbe es nur die Mehrheit mit der Union, antwortete Klüssendorf. Ganz überzeugt von der Partnerschaft schien er aber nicht zu sein: „Ich kämpfe dafür, dass es nicht auf alle Ewigkeit schwarz-rot ist - da ist mir die Farbenlehre vielfältiger“, meinte er, besann sich dann jedoch wieder auf den aktuellen Koalitionspartner: „Lass uns schauen, wo Gemeinsamkeiten sind und lass uns mutig sein, auf beiden Seiten den Weg zu gehen und jetzt Entscheidungen treffen in den Kommissionen, die vereinbart worden sind“, lautete sein Appell. (tsch)