Es war ein Fernseh-Augenblick, der die Nation erschütterte: das ungewollte Live-Outing von Hape Kerkeling. Dafür verantwortlich: Der nun gestorbene Filmemacher und Aktivist Rosa von Praunheim. Er wollte ein Zeichen setzen.
Rosa von Praunheim totEr sorgte für den größten TV-Skandal aller Zeiten

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Rosa von Praunheim im Dezember 1991 bei „Explosiv – Der heiße Stuhl“
Hape Kerkeling gilt als eine feste Größe in der deutschen Unterhaltungsbranche. Über viele Jahre hat sich der Künstler als Komiker, Darsteller und erfolgreicher Schriftsteller etabliert und erfreut ein breites Publikum mit seinem Humor. Während er sich inzwischen offen für die Belange der LGBTQIA+-Community engagiert, sah seine Situation zu Beginn seiner Laufbahn anders aus. Der Künstler sah sich gezwungen, seine Homosexualität zu verbergen.
Zu Beginn der 1990er-Jahre war das gesellschaftliche Klima in Deutschland schwierig; Homosexualität fand wenig Akzeptanz. Furcht und Panik wurden durch die AIDS-Epidemie geschürt, und Feindseligkeiten gegen Randgruppen gehörten zum Alltag.
Im Jahr 1991 ereignete sich dann einer der größten Eklats in der deutschen Fernsehlandschaft. Der Filmemacher sowie Aktivist Rosa von Praunheim, der nun im Alter von 83 Jahren gestorben ist, deckte während eines Live-Auftritts in der Talkshow „Der heiße Stuhl“ die Homosexualität von Hape Kerkeling und dem Fernsehkoch Alfred Biolek (†2021) auf.
Die Boulevardmedien gerieten in Aufruhr, und die „Bild“-Zeitung veröffentlichte die Schlagzeile „Schwulen-Verrat im TV“.
„Es geht dir an den Kragen“
Kerkeling wurde von dem Ereignis durch den Anruf einer Freundin überrascht, die ihm mitteilte: „Schalt sofort den Fernseher ein, es geht dir an den Kragen.“
Ein Jahr nach Praunheims Aktion sagte der Komiker in einem Interview mit dem „Spiegel“, dass eine solche Enthüllung nicht jeder mental verkraftet hätte. „Sensiblere Naturen als ich hätten sich in einer Kurzschlusshandlung womöglich mit dem Föhn in die Badewanne gelegt.“
Laut Kerkelings Darlegung hatte Rosa von Praunheim ihn am Tag vor der Ausstrahlung kontaktiert und darum gebeten, sich selbst öffentlich zu bekennen. Dies lehnte der Entertainer jedoch ab, mit den Worten: „Ich habe ihm gesagt, das veröffentliche ich, wenn ich es für richtig halte.“

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Blick in das Studio von „Explosiv - Der heiße Stuhl“ (1992)
Ungeachtet des plötzlichen Zwangs-Outings und der damals herrschenden gesellschaftlichen Meinung konnte Kerkeling seine berufliche Laufbahn ungestört fortsetzen. Zum Glück war die Zuneigung seiner Fans stärker als die Vorurteile, und er sei selbst während einer Tournee nach dem Vorfall keinen Anfeindungen ausgesetzt gewesen: „Sogar in der tiefsten bayerischen Provinz, wo ich kurz nach dem Outing auf Tournee war, bin ich nie dumm angequatscht worden.“
Die skandalöse Aktion wird bis heute kontrovers diskutiert. Das Zwangs-Outing hätte das Ende der TV-Karrieren von Kerkeling und Biolek bedeuten können. Von Praunheim bereute nichts, bezeichnete sein Handeln als „Verzweiflungsschrei“, mit dem er inmitten von gesellschaftlicher Ausgrenzung für erhöhte Präsenz kämpfen wollte.

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Rosa von Praunheim im Jahr 2018 in Berlin
In seinem Buch hält er fest: „Ich wusste, was ich tat.“ Der heute 82-Jährige würde die Tat zwar nicht noch einmal begehen, wie er der „Berliner Zeitung“ offenbarte, doch er sieht auch positive Folgen, die er so beschrieb: „Trotz dieses Tabubruchs äußerten sich sogar die von mir geouteten Prominenten Alfred Biolek und Hape Kerkeling im Nachhinein versöhnlich zu meiner Aktion, die ich nicht mehr wiederholen würde. Auf jeden Fall änderte sich die einseitig negative Berichterstattung in den Medien über Schwule zum Besseren.“
Kerkeling selbst zeigte sich gegenüber der „Welt“ inzwischen nachsichtiger und kam zu einem neuen Schluss: „Damals war es nicht richtig, es zu tun, aber aus heutiger Sicht war es nicht falsch.“ (red)
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