Nach dem Ende des NATO-Gipfels und dem vorläufigen Ende des Konflikts zwischen Israel und Iran unterhält sich Sandra Maischberger in der ARD mit zwei Gästen über die Situation in Europa und dem Iran. Wenig Optimismus kommt auf. Und einer der Gäste hat eine Hiobsbotschaft.
Bei ARD-TalkPolit-Gast mit Hiobsbotschaft: Warnung vor Hinrichtungswelle

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Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour von den Grünen warnte vor einer möglichen Hinrichtungswelle im Iran.
Der NATO-Gipfel in den Niederlanden ist nach Wunsch aller Beteiligten zu Ende gegangen. Das Treffen war ganz auf US-Präsident Donald Trump zugeschnitten. Der verließ Europa in der Gewissheit: Sie brauchen uns.
Die europäischen Länder zahlen nun fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für das Verteidigungsbündnis, wobei 1,5 Prozent davon in die Verteidigungsinfrastruktur gehen sollen. Der Gipfel darf in einem Punkt als historisch bezeichnet werden: Noch nie ging ein NATO-Generalsekretär einem US-Präsidenten so devot um den Bart.
„Die fünf Prozent werden ein gigantischer Kraftakt für alle“
Nun steht Trump zur NATO. Jedenfalls bis Donnerstag, sagt Spiegel-Autor Markus Feldenkirchen bei Sandra Maischberger im Ersten.
Die hat außerdem den Bundestagsvizepräsidenten Omid Nouripour von den Grünen und den ehemaligen Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg zu Gast, der seinerzeit für die vorläufige Abschaffung der Wehrpflicht verantwortlich war. Natürlich befragt sie beide zu ihren Eindrücken von dem Gipfel ...
„Die Ergebnisse sind historisch, die Frage ist nur, wie lange sie halten“, analysiert Nouripour. „Die fünf Prozent werden ein gigantischer Kraftakt für alle.“
Zu Guttenberg sagt: „Mit Blick auf die fünf Prozent: Wenn mir das einer vor einem Jahr gesagt hätte, hätte ich gesagt, das sei Phantasterei, das kommt nicht infrage, man wird die Nationen nicht auf diese Summe verpflichten können.“ Das sei ein historischer Schritt. „Aber: Die NATO tanzt immer noch auf verdammt dünnem Eis.“
Die Amerikaner hätten sich entschlossen, auch Kräfte aus Europa abzuziehen. „Da sehe ich einen Zeitraum, den wir wahrscheinlich gar nicht in dieser Geschwindigkeit werden füllen können. Und das spielt einem Zyniker in Moskau im Zweifel in die Hände. Und das kann wieder zu Verwerfungen auch innerhalb der NATO führen.“ Die USA würden die NATO im Moment unterstützen. „Aber was die Stabilität der NATO anbelangt, hängen noch ganz andere Faktoren mit daran, und das kann innerhalb eines halben oder eines ganzen Jahres schon wieder eine Rolle spielen.“

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Sandra Maischberger hat mit ihren Gästen über den Nahost-Konflikt gesprochen.
Gefeiert wurde US-Präsident Trump vor allem von NATO-Generalsekretär Marc Rutte, weil er dem Nahen Osten Frieden gebracht habe. Doch daran glaubt zu Guttenberg nicht. „Das kann kein erledigter Konflikt sein. Dafür ist die Komplexität des gesamten Konfliktfeldes viel zu hoch. Dort unten herrscht eine über Jahrzehnte gewachsene Feindschaft. Und ich glaube nicht, dass das iranische Regime sich jetzt komplett als in die Knie gezwungen sehen wird und kann. Bestenfalls haben wir momentan eine Aussetzung dieser Konfliktlage, aus der man hoffentlich etwas machen kann.“
Es sei noch zu früh, Trump als Friedensfürsten zu feiern, so zu Guttenberg. Dennoch sei er optimistischer als noch vor einem Jahr, denn die Helfer des Iran seien inzwischen „in Teilen“ Geschichte.
„Die Welt wäre sicherer ohne dieses Regime“
Omid Nouripour ist in Teheran geboren. Als er 13 Jahre alt war, verließen seine Eltern mit ihm den Iran. Viele Menschen im Iran vertrauten dem Waffenstillstand noch nicht, versuchten aber, irgendwie in ihren Alltag zurückzukehren, berichtet er. „Und wenn jetzt Friedrich Merz sagt, es wäre gut, wenn dieses Regime an sein Ende käme - würden Sie das so sagen und unterstützen?“, fragt Maischberger. Nouripour: „Ich finde das richtig. Das ist ein Regime, das unglaublich viel Terror und Unfreiheit über die gesamte Region gebracht hat. Die Frage ist nur, ob wir dem jetzt näher gekommen sind.“
Seit drei Tagen laufe eine massive Verhaftungswelle im Iran, sagt Nouripour. „Die machen das auch deswegen, weil sie zeigen wollen, dass das Regime noch handlungsfähig ist.“ Laut Gerüchten aus dem Iran habe auch eine Hinrichtungswelle begonnen. Diese Menschen wären die Zukunft des Landes, wenn es zu einem Regimewechsel käme. „Die Welt wäre sicherer ohne dieses Regime“, fügt zu Guttenberg hinzu. „Und ich finde es gut, dass sich der Bundeskanzler in dieser Frage klar positioniert.“ (tsch)