maischbergerUm Waffenstillstand zu verhandeln: Sahra Wagenknecht will Gerhard Schröder zu Putin schicken

Mit Sahra Wagenknecht (links) und Katrin Göring-Eckardt (Mitte) prallten bei Sandra Maischberger „zwei sehr unterschiedliche Standpunkte aufeinander“. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Mit Sahra Wagenknecht (links) und Katrin Göring-Eckardt (Mitte) prallten bei Sandra Maischberger „zwei sehr unterschiedliche Standpunkte aufeinander“. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Die eine will mehr Waffen in die Ukraine senden. Die andere möchte Gerhard Schröder zum „Ausloten“ zu Putin schicken. Mit Sahra Wagenknecht und Katrin Göring-Eckardt prallten bei Maischberger „zwei sehr unterschiedliche Standpunkte aufeinander“ und trieben die Moderatorin an den Rand der Verzweiflung.

Endlich war es so weit. Fast 15 Minuten lang musste Sahra Wagenknecht warten, bis sie das tun konnte, was ihr seit Beginn des Gesprächs mit Moderatorin Sandra Maischberger und Katrin Göring-Eckardt (B'90/Grüne, Bundestagsvizepräsidentin) unter den Nägeln brannte: „Mir zu unterstellen, dass ich wegen 5 Prozent für einen Frieden bin ...“, empörte sie sich.

Damit hatte Kerstin Palzer (ARD-Hauptstadtstudio) in der vorangegangenen Expertenrunde angesichts der anstehenden Landtagswahlen den Vorschlag der BSW-Vorsitzenden bewertet, den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgrund seiner „Männerfreundschaft“ mit Wladimir Putin zu Friedensverhandlungen nach Russland zu entsenden. Sie bewerbe sich, „Putins Pressesprecherin zu sein“, pflichtete Claus Strunz seiner Kollegin bei und verwies auf die aktuell schwache Position der Ukraine.

Sahra Wagenknecht will Schröder zu Putin schicken

„Ich habe schon vor einem Jahr für Frieden geworben“, kritisierte Wagenknecht das aus ihrer Sicht grenzwertige „Niveau der Debatte“, damals „ging es nicht um 5 Prozent, sondern darum, dass dieser Krieg jeden Tag Menschenleben fordert“. Und überhaupt hätten das ja bereits der Papst, Länder des Südens und China getan, sah sie sich in guter Gesellschaft. Nur von „westlicher Seite und auch von Selenskyj werden unrealistische Forderungen aufgemacht“.

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Dass sich die Russen etwa „komplett zurückziehen, selbst von der Krim“. Schlauer wäre es doch, dass jemand wie Schröder, „der Zugang hat, auslotet, unter welchen Bedingungen Putin einem Waffenstillstand zustimmen würde“, verteidigte Wagenknecht ihren Vorschlag.

„Sie sitzen hier im warmen Studio und sagen, die Krim muss der Selenksyj aufgeben“

Die Hände krampfhaft ineinander gefaltet. Den Blick nach oben gerichtet – Katrin Göring-Eckardts Körperhaltung sprach in der Zwischenzeit Bände: „Sie sitzen hier im warmen Studio und sagen, die Krim muss der Selenksyj aufgeben. Nein, das muss er nicht. Es ist sein gutes Recht, sein Territorium als sein Territorium zu bezeichnen und zu verteidigen“, platzte es aus ihr heraus.

Außerdem wolle Putin nicht verhandeln. Deshalb könne die Schlussfolgerung nur lauten: „Mehr Waffen zu schicken, (...) um in die Situation zu kommen, wo auf Augenhöhe real verhandelt werden kann“, betonte sie, „es geht einerseits ums Existenzrecht der Ukraine, andererseits um unsere eigene Sicherheit. Das sollten wir nicht verkennen.“

Maischberger will nicht „so diskutieren wie in den letzten zwei Jahren“

„Wir können so diskutieren wie in letzten zwei Jahren“, wollte sich Moderatorin Maischberger mit diesen wohlbekannten Aussagen der beiden Politikerinnen nicht zufriedengeben. Angesichts des kritischen Moments stelle sich aber die Frage jetzt („deswegen stelle ich sie auch“), ob die Ziele militärisch zu erreichen wären oder man die Ziele nicht ändern müsste.

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„Wenn Herr Klingenbeil sagt, wir müssen der Ukraine die Sicherheit geben, dass wir mindestens zehn Jahre lang Waffen liefern, was ist das für ein Wahnsinn?“, hatte Wagenknecht sofort eine Antwort parat, der in einen Argumentationsschwall ausartete. „Zehn Jahre ist das Stichwort“, unterbrach Maischberger. „Und ein gemeinsames Gespräch“, bemühte sie mit sichtlich erzwungenem Grinsen zum wiederholten Mal an diesem Abend, konkrete Antworten auf ihre Fragen zu erhalten, einen Dialog zwischen den beiden Politikerinnen herzustellen.

Sandra Maischberger seufzt gelangweilt auf

Allein, auch Göring-Eckardt tat ihr den Gefallen nicht: Statt der erhofften Reaktion darauf, ob zehn Jahre Waffen zu liefern wären, hing sich die Bundestagsvizepräsidentin an Wortklaubereien und Definitionen auf. Wagenknecht nutzte die Chance, um ihre Ideen weiter zu untermauern – diesmal mit einem Zitat des ukrainischen Verhandlungsführers zu den Verhandlungen in der Türkei. „Jetzt möchte ich unterbrechen, wir kommen nicht mit Istanbul im Jahre 2022“, wurde das Maischberger sichtlich zu bunt, „das ist nur ein Blick in die Vergangenheit“.

Doch Widerstand war zwecklos (Wagenknecht: „Das Zitat habe ich extra mitgenommen“. Göring-Eckardt: „Dann müssen Sie es auch vorlesen, wenn Sahra Wagenknecht ...“) Unter Seufzen hörte die Moderatorin offenbar etwas, das sie bereits zigfach vernommen hatte: „Nehmen Sie den Ball noch einmal auf!“, forderte sie schließlich die Grünen-Politikerin auf, und in ihrer Stimme war eine Mischung aus Langeweile und Genervtheit kaum zu verkennen, „zurück zu Istanbuler Gesprächen, ist das eine Option?“ Auszuschließen wäre es laut Göring-Eckardt nicht, aber „die Realität ist heute eine andere“, weil die Ukraine mittlerweile ein Teil Europas wäre.

„Ich sehe, wir haben zwei Wege, die zu einem Frieden führen“, seufzte Maischberger zum Abschied resigniert. Welcher erfolgreich wäre, „darüber wird zu befinden sein“. (tsch)