Hat Putin das nächste Ziel im Visier?Neues russisches Buch lässt die Alarmglocken schrillen

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein Außenminister Sergej Lawrow (Archivbild): Ein neues in Russland veröffentlichtes Buch lässt die Alarmglocken schrillen.

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein Außenminister Sergej Lawrow (Archivbild): Ein neues in Russland veröffentlichtes Buch lässt die Alarmglocken schrillen.

Ein neues, in Russland veröffentlichtes Buch lässt die Alarmglocken schrillen. Fachleute sehen Parallelen zur Ukraine. 

Der litauische Außenminister Kestutis Budrys hat ein in Russland veröffentlichtes Buch mit scharfen Worten kritisiert. Das Vorwort der Publikation hat nach einem Bericht des öffentlich-rechtlichen Senders LRT der russische Außenminister Sergej Lawrow verfasst – in Litauen schrillen deshalb nun die Alarmglocken.

In dem Buch behaupten die Autoren offenbar, dass es die litauische Nation und Sprache nicht gebe. „Es ist ein Werkzeug für feindliche Aktivitäten gegen Nachbarländer: Staatlichkeit, Geschichte, Werte, Symbole zu hinterfragen, aber auch um Russlands Imperialismus und Aggression gegen seine Nachbarn zu rechtfertigen“, sagte Budrys dazu gegenüber Reportern. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Wir haben das schon einmal gesehen“

„Wir haben das schon einmal gesehen, wir sehen es jetzt, und das ist nur ein weiteres Beispiel“, fügte der Top-Diplomat Litauens an – und spielte damit auf frühere Publikationen über die Ukraine in Russland an. So hatte Kremlchef Wladimir Putin vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in einem pseudohistorischen Essay das Existenzrecht des Nachbarlandes infrage gestellt.

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„Die Leugnung der Existenz Litauens scheint der Verweigerung, die Ukrainer als Nation anzuerkennen, sehr ähnlich zu sein“, zitierte LRT auch den litauischen Professor Gintautas Ma'eikis. Das Buch sei in Russland kostenlos veröffentlicht worden, erklärte der Wissenschaftler weiter. Zu den Autoren gehört demnach auch ein ehemaliger Mitarbeiter eines litauischen Politikers, der wegen Spionage für Russland bereits verurteilt worden sei.

Russland stellt mit Buch die Staatlichkeit Litauens infrage

„In Russland werden diese Aktivitäten großzügig finanziert, sie sehen den Nutzen und den Sinn darin und sie tun es“, erklärte Außenminister Budrys. „Das Wichtigste hier ist, dass wir auch unsere Botschaft richtig verbreiten und nicht anfangen, an unserer eigenen Geschichte zu zweifeln“, führte der Minister aus. 

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Mit der neuen „historischen“ Publikation samt „persönlichem Vorwort“ von Lawrow stelle Russland die Legitimität der Staatlichkeit Litauens infrage, erklärte auch der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski auf der Plattform X.

„Erschreckende Parallele zur Vollinvasion der Ukraine“

Es handele sich um eine „erschreckende Parallele zur Vollinvasion der Ukraine, die propagandistisch im Sommer 2021 mit einem ‚Essay‘ vorbereitet wurde, der unter dem Namen Putins erschien und ebenfalls die historische und kulturelle Souveränität der Ukraine leugnete“, führte Wehowksi aus. Diesmal müsse man deshalb „genau hinhören“, forderte der Historiker.

Auch der Osteuropa-Experte Thomas Dudek äußerte sich am Montag zu dem neuen russischen Buch über Litauen. „Die Ideologie, die der Kreml in Russland verbreitet, hat nichts mit ‚berechtigten Sicherheitsinteressen‘ oder der Nato zu tun“, schrieb Dudek bei X. „Es ist Imperialismus gegenüber seinen Nachbarn.“ 

„Es ist Imperialismus gegenüber seinen Nachbarn“

Russland-Experten halten die von Moskau oftmals genannten Gründe für den Krieg gegen die Ukraine für vorgeschobene Propaganda. Der Kreml spricht immer wieder von bedrohten Sicherheitsinteressen und einer angeblichen „Nato-Erweiterung“ als maßgeblichen Gründen für den Krieg. In Putins Essay war davon jedoch nicht die Rede.

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Auch viele Wortmeldungen führender russischer Politiker und Äußerungen in den russischen Staatsmedien deuten eindeutig auf imperialistische und faschistische Motive für Russlands Krieg gegen die Ukraine hin. Gegenüber dem Baltikum hat Moskau zudem immer wieder mitunter radikale Drohungen ausgestoßen.

Putin veröffentliche 2021 ein „Essay“ über die Ukraine

So hatte Kremlchef Putin seine Lüge über eine „Nazi-Regierung“ in Kyjiw bereits 2024 auf das Baltikum ausgedehnt. „Wir tun alles, alles, um den Nazismus zu unterbinden und endgültig auszurotten“, hatte Putin zu Beginn des Vorjahres erklärt – und dabei explizit die Ukraine und das Baltikum genannt. Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew sprach mit Blick auf Estland, Lettland und Litauen unterdessen abfällig von „unseren baltischen Provinzen“.

Westliche Geheimdienste halten einen Angriff Russlands auf ein Nato-Land unterdessen weiterhin für möglich. Nach einem Kriegsende in der Ukraine werde es „vier bis acht Jahre dauern“, bis Russland wieder einen Krieg führen könne, hatte auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius kürzlich erklärt. „Ab 2029 oder 2030 wäre es theoretisch möglich“, fügte der Sozialdemokrat an.

Deutschland habe keine andere Wahl, als sich auf dieses Szenario vorzubereiten, führte Pistorius aus. „Es besteht eine Bedrohung und die kann sich ab 2029 realisieren.“ Das müsse man aus den Worten und Taten des russischen Präsidenten Wladimir Putin schließen, warnte Pistorius. Das Vorwort Lawrows in dem neuen Buch über Litauen verleiht diesen Warnungen nun noch mehr Gewicht. (ds)