Ergebnisse der Landtagswahlen daLaschets Start ins Superwahljahr mit CDU-Desaster

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CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, hier bei einer Pressekonferenz am 25. Januar 2021 in Berlin, muss die historisch schlechtesten Ergebnisse für die Union verpacken.

Mainz/Stuttgart – Die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg galten als erster Stresstest vor der Bundestagswahl am 26. September 2021. Die Ergebnisse vom Sonntag, 14. März, zeigen: Das Rennen ums Kanzleramt ist offen.

  • SPD bleibt mit Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz an der Macht
  • Winfried Kretschmann mit den Grünen klarer Sieger der Wahl in Baden-Württemberg
  • Frust über Corona-Krisenmanagement und Maskenaffäre kostet CDU Wählerstimmen

Das Superwahljahr 2021 begann mit den beiden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg – und schlechter hätte es für die Union beim ersten Stimmungstest kaum laufen können.

Vorläufiges amtliches Endergebnis  

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Landtagswahlen: Kein guter Start für neuen CDU-Chef Armin Laschet

Es ist kein guter Start für Armin Laschet ins Superwahljahr. Natürlich hat der neue CDU-Chef wegen der Maskenaffäre geahnt, dass es beim ersten Stimmungstest wohl noch schlechter kommen dürfte, als ohnehin lange befürchtet. Doch dass nun nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in Baden-Württemberg tatsächlich eine Ampel-Koalition möglich ist, dürfte die Nervosität in der Union schlagartig erhöhen.

Und den Zeitdruck, zügig einen Kanzlerkandidaten zu stellen. Denn für Grüne, SPD und FDP könnte das Wahlergebnis starker Rückenwind beim Versuch sein, die Union aus dem Kanzleramt in Berlin zu vertreiben.

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CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, hier bei einer Pressekonferenz am 25. Januar 2021 in Berlin, muss die historisch schlechtesten Ergebnisse für die Union verpacken.

Derzeit geben Umfragen eine Ampel-Koalition im Bund zwar nicht her – aber gesetzt ist ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl nichts. Das Rennen ist offen. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zeigt sich sofort bereit zum Kampf: „Es ist ein guter Tag, weil er auch zeigt, dass Regierungsbildung ohne die CDU möglich ist in Deutschland.“

Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Wie Malu Dreyer (SPD) weiter regieren könnte

SPD, Grüne und FDP haben am Sonntag ein Mandat für die Weiterführung ihrer Regierungskoalition erhalten.

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Malu Dreyer strahlt und spricht von einem „glücklichen Abend“. In der Landespressekonferenz fügt sie hinzu: „Wenn es darum geht, eine Regierung zu bilden, ist für mich klar, dass ich auf das Erfolgsmodell der Ampel setzen werde.“

Falls es zur Bildung einer weiteren Ampel-Regierung kommt, muss sich die FDP mit der Rolle des Juniorpartners begnügen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass die Liberalen weniger Ressorts und Bedeutung erhalten – in Rheinland-Pfalz geht man pfleglich miteinander um und achtet auf Augenhöhe. Die Koalition der zurückliegenden fünf Jahre hat erstaunlich reibungslos funktioniert.

Dreyer

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Spitzenkandidatin der SPD, freut sich am Sonntag, 14. März, über ihren Wahlerfolg.

Die CDU schaffte es mit ihrem Spitzenkandidaten nicht, Energie und Dynamik in den Wahlkampf-Endspurt zu bringen. Klare Botschaften, was sie nach einem Wahlsieg besser machen will, fehlten am Ende. So triumphiert am Wahlabend nur die SPD. „Wir sind die Nummer eins und wir wollen mit der Ampel weiter regieren“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Schweitzer. „Das ist das Signal und das ist die Botschaft des Abends.“

Landtagswahl in Baden-Württemberg: Wie Winfried Kretschmann (Die Grünen) weiter regieren könnte

Mit dem 72-jährigen Kretschmann, seit zehn Jahren erster und einziger Ministerpräsident der Grünen, gewann die Öko-Partei in Baden-Württemberg.

Kretschmann kündigte an, mit allen Parteien außer der AfD über mögliche Bündnisse zu sprechen. Er sagte weiter, nicht nur die Corona-Krise erfordere nun Kreativität, Besonnenheit und Entschlossenheit. Es gelte auch, den Klimawandel zu begrenzen, den Strukturwandel der Wirtschaft zu meistern und die liberale Demokratie zu verteidigen.

Kretschmann

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Spitzenkandidat der Grünen, äußert sich neben Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin der CDU (l), zum Ergebnis der Landtagswahlen in Baden-Württemberg am Sonntag, 14. März.

Der Co-Vorsitzende von Bündnis90/Grüne, Robert Habeck, sieht im Wahlsieg der baden-württembergischen Grünen eine Bestätigung für den Kurs der Bundespartei. „Die grüne Dynamik geht weiter“, sagte er dem Fernsehsender phoenix. „Natürlich ist ein starkes grünes Ergebnis, und Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident bleibt in Baden-Württemberg, ein ungeheurer Rückenwind für die Grünen im Bund“, erklärte Habeck. In einer krisenhaften Phase, wie es die Corona-Pandemie sei, habe seine Partei Vertrauen hinzugewinnen können. „Das nehmen wir als Bestätigung, dass unser Kurs eines rationalen Optimismus richtig ist.“

Eisenmann

Susanne Eisenmann, Spitzenkandidatin der CDU, sitzt nach den ersten Hochrechnungen zum Ergebnis der Landtagswahlen in Baden-Württemberg niedergeschlagen im Plenarsaal. 

Die Stimmenverluste der Union in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zeigten, dass es nicht selbstverständlich sei, dass in Krisen immer die CDU als Gewinner hervorgehe. Der Union riet er dazu, ihre Politik zu überdenken: „Sie sollte vielleicht ein bisschen in sich gehen und schauen, wie zukunftsorientiert Politik sein kann. Und dann wird man in den Koalitionsgesprächen herausfinden, ob sie sich bewegt oder nicht“.

Habeck kündigte auch Gespräche mit der SPD und der FDP an. Am Ende gelte: „Entlang der meisten Inhalte wird eine Koalition geschlossen. Menschliches Vertrauen und Inhalte – das entscheidet darüber, dem kann man heute Abend nicht vorgreifen.“

Landtagswahlen ein Stimmungstest für die Bundestagswahl?

Wie sehr man die Landtagswahlen bereits als Stimmungstest für die Bundestagswahl werten kann, ist ungewiss. Zumindest einen wichtigen Unterschied gibt es: In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatten sich schon lange vor dem Wahltag Amtsinhaber-Wahlen abgezeichnet. Die populären Regierungschefs Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Malu Dreyer (SPD/Rheinland-Pfalz) führten die Umfragen an, es schien kaum ein Kraut gegen sie gewachsen – zumal beide auch bei der Bekämpfung der Corona-Krise eine vergleichsweise gute Figur machten.

Auch im Bund konnte die CDU bei den vergangenen Wahlen immer mit dem Kanzlerinnen-Bonus rechnen. Das wird in diesem Herbst anders sein: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will nicht mehr antreten. Trotzdem gibt es jemanden, der sich einen Bonus ausrechnet: Scholz beansprucht bereits eine Art Vizekanzler-Vorteil für sich. Bei jeder Gelegenheit lässt der Finanzminister durchblicken, er sei wohl der einzige Kandidat mit Regierungserfahrung nicht nur auf Bundesebene, sondern etwa auch in internationalen G7- und G20-Formaten. An den aus SPD-Sicht eher enttäuschenden Umfragewerten ändert das alles allerdings bisher nichts.

Wahlergebnis als Turbo für die Kanzlerkandidatenentscheidung der Union?

In der CDU hatten sie zuletzt vorsorglich eine Brandmauer um Laschet errichtet. Eine Mitschuld daran, dass die Partei in beiden Ländern wohl das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren dürfte, sei ihm kaum zu geben – zu kurz sei der neue Chef ja erst im Amt. Vor allem in Baden-Württemberg sei die Ursache im Land selbst zu suchen – bei der Kandidatin und der verkorksten Kampagne, hieß es da.

Doch so ganz stimmt das nicht, das wissen sie auch an der CDU-Spitze: Der Frust der Bürgerinnen und Bürger über den schleppenden Impfstart und die oft als kompliziert kritisierten Bund/Länder-Beschlüsse zu Lockerungen der Corona-Maßnahmen waren sicher kein Rückenwind. Dafür ist Laschet als NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef mitverantwortlich. Zudem habe das „wirklich unanständige Verhalten und die Schamlosigkeit einzelner Abgeordneter“ in der Maskenaffäre für straffen Gegenwind für die Wahlkämpfer gesorgt, ärgert sich Generalsekretär Paul Ziemiak.

Nicht auszuschließen ist, dass die miesen Ergebnisse vom Sonntag einen Turboeffekt auf die Entscheidung über den Kanzlerkandidaten der Union haben könnten. Zwischen Ostern und Pfingsten wollen Laschet und CSU-Chef Markus Söder klären, wer von ihnen ins Rennen geht.

Der Druck für eine frühe Entscheidung wächst. In der CDU gibt es kaum Zweifel, dass Laschet die Kanzlerkandidatur unbedingt will – zu sehr wäre er wohl beschädigt, würde er als Chef der großen schwarzen Schwester dem Bayern den Vortritt lassen. Doch schon länger gibt es ein Murren, Laschet solle stärker einen Kurs vorgeben und Inhalte mit zugkräftigen Köpfen verbinden.

Wahl BW

Die Partei-Spitzenkandidaten in Baden-Württemberg, Bernd Gögel (AfD), Ulrich Rülke (FDP), ZDF-Moderatorin Eva Schiller (Leiterin des ZDF-Landesstudios Baden-Württemberg), Susanne Eisenmann (CDU), Winfried Kretschmann (Bündnis 90 / Die Grünen, Ministerpräsident von Baden-Württemberg), ZDF-Moderatorin Bettina Schausten (Stellvertretende ZDF-Chefredakteurin und Leiterin der Hauptredaktion Aktuelles) und Andreas Stoch (SPD).

Auch die CSU dürfte die Auswirkungen vom Sonntag zu spüren bekommen – auch wenn sie nirgends auf dem Wahlzettel stand. Ihre wohl größte Angst: Die Landtagswahlen könnten Auftakt für einen Stimmungswechsel sein, der am 26. September im Bund eine Regierung gegen die Union möglich machen könnte.

FDP-Chef Lindner sieht „Traktion“ für die eigenen Anliegen

Auf Ampelkoalitionen dürfte die FDP schielen: Die Liberalen fühlen sich im Bund im Aufwind, getragen von der schärfer geführten Debatte um die Freiheitsrechte in der Corona-Pandemie und mehr Digitalisierung. FDP-Chef Christian Lindner spricht auf der vorwiegend digital organisierten Wahlparty von „Traktion“ für die FDP-Anliegen, die nach seiner Einschätzung nun beim Bürger greifen. Regierungsverantwortung übernehme die FDP, wenn sie Inhalte durchsetzen könne. Die Botschaft ist sicher auch an die CDU gerichtet, denn bis heute schmerzt hier viele, dass Merkel sie bei den gescheiterten Koalitionsverhandlungen nach der jüngsten Bundestagswahl am langen Arm habe verhungern lassen.

Ernüchternde Wahlergebnisse für die AfD

Für die AfD dagegen sind die Wahlergebnisse ernüchternd, wenn auch nicht katastrophal. Parteichef Jörg Meuthen spricht von einer „Konsolidierungsphase“. Tatsächlich hätte es noch schlimmer kommen können. Und zwar nicht nur, weil der Verfassungsschutz prominente Mitglieder wie den Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke als Rechtsextremisten benennt.

Das Haupt-Mobilisisierungsthema der vergangenen Jahre - die Migration - spielt aktuell kaum eine Rolle. Dazu kommt der teilweise öffentlich ausgetragene Richtungsstreit zwischen denen um Meuthen, die sich selbst „gemäßigt“ nennen, und den Anhängern eines rechtsnationalen Kurses.

Hier die aktuellen Informationen zu den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz im Ticker zum nachlesen...