Attacke im BundestagScholz knöpft sich Merz mit Einkommen-Spruch vor – ätzender Spott über Augenklappe

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der Generaldebatte im Bundestag: Scholz verteidigte die Politik der Ampel und schlug einen „Deutschland-Pakt“ vor.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der Generaldebatte im Bundestag: Scholz verteidigte die Politik der Ampel und schlug einen „Deutschland-Pakt“ vor.

In der Generaldebatte im Bundestag ging es gewohnt temperamentvoll zu: Die Opposition attackierte den Kanzler und die Ampel von allen Seiten, auch mit ätzendem Spott wurde nicht gespart. Scholz wiederum konterte ebenso hämisch – und überraschte mit einem Angebot.

von Martin Gätke (mg)

Die Generaldebatte im Bundestag, traditionell der Höhepunkt der Haushaltswoche, gleicht mitunter einer Telenovela: Es wird gezofft und gestritten, dann und wann fliegen die Fetzen, und hin und wieder werden ein paar Hände ausgestreckt. 

In der Generaldebatte am Mittwoch (6. September 2023) wurde die Politik der Ampel und des Kanzlers von der Opposition in die Mangel genommen. Den Anfang machte klassischerweise Friedrich Merz, Chef der größten Oppositionspartei, der CDU. 

Bundestag: Merz greift Scholz und die Ampel-Politik an

Die Ampel betreibe nur Klientel-Politik, auch die Ausgaben für die Verteidigung seien viel zu gering, er zweifle daran, dass der russische Angriffskrieg und die Folgen für die Ukraine richtig einschätze. „Bei SPD und Grünen bleibt das unbeliebte Kind Bundeswehr weitgehend strukturell unterfinanziert.“ Kurzum: Der Haushaltsentwurf für das kommende Jahr werde dem Anspruch der von Scholz angekündigten „Zeitenwende“ nicht gerecht. 

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Auch die überbordende Bürokratie, das geplante Gebäudeenergiegesetz sowie die Kindergrundsicherung bekommen jede Menge Kritik ab. Mit dem Plus beim Bürgergeld und einem früheren Renteneintritt zeige sich zudem ein „paternalistisches Staatsverständnis“, das die Menschen bevormunde, kritisierte Merz. Die Leistungen für Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfänger seien bald so hoch, dass sich Arbeiten nicht mehr lohne. Merz: „Die Menschen sind nicht faul, sie können einfach rechnen“.

Scholz kontert mit Einkommen-Spruch gegen Merz

Scholz reagierte in seiner Rede seinerseits mit Häme – zumindest zu Beginn. Bevor er zu dem eigentlichen Inhalt seines Manuskripts kam, findet Scholz in Richtung Merz klare Worte für Sozialreformen: Er wolle durchaus, dass es erfolgreiche Start-ups in Deutschland gebe, dass Menschen erfolgreich in dem Land und auch Millionäre werden. „Aber Herr Merz, Sie haben einen merkwürdigen Leistungsträger-Begriff. Der fängt erst bei 120.000 Euro im Jahr an.“ Leute, die berufstätig sind und jeden Tag 40, 45 Stunden arbeiten, würden bei dem CDU-Chef nicht dazu zählen. Er wies die Kritik von Merz als „Popanz“ zurück.

Scholz erklärte er in Richtung CDU und CSU, dass in den vergangenen Jahren zu viel auf die lange Bank geschoben sei, dass beim Thema Straße und Schiene „auf Verschleiß gefahren“ wurde. Das Sparprogramm für die Bundeswehr habe eine Koalition „unter CDU-Führung“ vorgenommen, konterte er. „Don’t forget! Never forget!“, rief er gespielt empört in den Saal. Gleichzeitig gab er zu: „Die Regierungsparteien haben in den letzten Monaten zu viel gestritten.“

Scholz überrascht mit Angebot für „Deutschland-Pakt“

Scholz überraschte auch mit einem Angebot in Richtung Opposition, will inmitten der politischen Spannungen und der aktuell geringen Zufriedenheit mit der Ampel als Vermittler auftreten: „Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung“, so der Kanzler an Merz gewandt. „Ich möchte Ihnen deshalb einen Pakt vorschlagen: einen Deutschland-Pakt, der unser Land schneller, moderner und sicherer macht.“

Ziel des Paktes solle sein, dass Aufgaben schneller erledigt werden, der Bau von Wohnungen zum Beispiel oder die Genehmigung von Windrädern. Die Bundesregierung soll eng abgestimmt mit Länderchefs, Städten, Gemeinden und auch mit der Union zusammenarbeiten. Scholz erntete intensiven Applaus aus dem Plenum.

Scholz wird Opfer von ätzendem Spott

Besonders ätzender Spott kam aus den Reihen der AfD. Scholz, der nach seinem Jogging-Unfall auch während der Generaldebatte eine Augenklappe getragen hat, wurde zum Ziel eines fiesen Foulspiels: AfD-Chef Tino Chrupalla, der sowieso „Neuwahlen“ forderte und erklärte, die Zeit der Ampel sei abgelaufen, sagte an Scholz gerichtet: „Öffnen Sie, wenn Sie können, wieder bitte beide Augen und sehen Sie, wie die deutsche Wirtschaft reagiert, wie sie abschmiert, und kümmern Sie sich endlich um das Rückgrat in diesem Land, um die deutsche Wirtschaft.“

Scholz selbst bezeichnete die „die selbst ernannte Alternative“ in seiner Rede als „Abbruchkommando“. Forderungen nach neuen Schlagbäumen zwischen den Mitgliedstaaten seien „mutwillige Wohlstandvernichtung“, so der Kanzler.