Angela MerkelEx-Kanzlerin überrascht mit Statement zu Putin – erboste Reaktionen aus der Ukraine

Ex-Kanzlerin Angela Merkel hat mit Aussagen zu Wladimir Putin überrascht. Man solle seine Worte ernst nehmen, erklärte Merkel bei einer Veranstaltung. Andrij Melnyk reagierte mit scharfer Kritik.

von Jan Voß (jv)

Seit Beginn des Ukraine-Krieges wurde Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholt für ihre Russland-Politik kritisiert. Auch in der aktuellen Debatte äußerte sich nur sehr zurückhaltend zum russischen Angriffskrieg. Nun überrascht die Alt-Kanzlerin mit einem Statement zu Wladimir Putin.

Angela Merkel sprach am Dienstagabend (27. September) bei der Eröffnung der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung. Dabei griff sie auch eine frühere Interview-Frage auf, was für ein Mensch Russlands Präsident Putin sei. „Man sollte seine Worte ernst nehmen“, habe sie gesagt.

Angela Merkel: Putins Worte nicht als „Bluff“ abtun

Angesichts der jüngsten Entwicklung wolle sie das ergänzen: „Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit – einer Klugheit, die dazu beiträgt, Handlungsspielräume zu erhalten oder, mindestens so wichtig, sogar neue zu erarbeiten.“

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Merkel würdigte den langjährigen Kanzler Helmut Kohl als eine politische Persönlichkeit, die gewusst habe, dass auch Umwege nötig seien, das Ziel dürfe man aber nie vergessen.

Als Beispiel nannte Merkel Kohls Tischrede beim Besuch von DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker 1987 in Bonn, die „eine Sternstunde politischer Staatskunst“ gewesen sei. Kohl sei menschlich nicht verletzend, aber unmissverständlich in der Aussage gewesen – dem prinzipiellen Festhalten am Ziel der deutschen Einheit im Einverständnis mit den Nachbarn.

Angela Merkel: Kohl würde „alles daran setzen, die Souveränität der Ukraine zu schützen“

Sie denke, Kohl würde heute „alles daran setzen, die Souveränität und die Integrität der Ukraine zu schützen und wiederherzustellen“, sagte Merkel bei der Veranstaltung. Zugleich habe er in derartigen Fragen von Krieg und Frieden nie „den Tag danach“ aus dem Blick verloren.

Auf heute übertragen würde Kohl „parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken – nämlich wie so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden können“, so die ehemalige Bundeskanzlerin.

Melnyk reagiert erbost auf Merkel-Aussage zu Putin

Der Ukraine-Botschafter Andrij Melnyk reagierte erbost auf die Äußerungen Merkels.

„Kaum zu fassen: die Ex-Kanzlerin, die mit ihrem jahrelangen putinfreundlichen Kuschelkurs Moskaus Aggression gegen die Ukrainer möglich machte, philosophiert schamlos darüber, ‚wie so etwas wie Beziehungen zu uns mit Russland wieder entwickelt werden können‘“, schrieb Melnyk auf Twitter.