Afghanistan-DesasterKanzlerin Angela Merkel äußert sich – und stellt provokante Fragen

Bundeskanzlerin Angela Merkel am 25. August 2021 bei der Sondersitzung des Bundestags nach ihrer Regierungserklärung zur Lage in Afghanistan.

Bundeskanzlerin Angela Merkel am 25. August 2021 bei der Sondersitzung des Bundestags nach ihrer Regierungserklärung zur Lage in Afghanistan.

Der Bundestag hat sich am Mittwoch (25. August 2021) mit dem Afghanistan-Desaster auseinandergesetzt. Kanzlerin Angela Merkel hat dabei das Abkommen über den Abzug aus Afghanistan indirekt kritisiert.

Berlin. In ihrer Regierungserklärung hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch, 25. August 2021, im Bundestag zu den Geschehnissen in Afghanistan geäußert.

Dabei hat Angela Merkel indirekt das Abkommen über den Abzug aus Afghanistan kritisiert, das die US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump 2020 mit den militant-islamistischen Taliban geschlossen hatte.

„War es nicht mindestens extrem riskant, wenn nicht sogar falsch, 2020 die Verhandlungen in Doha für das Abkommen der USA mit den Taliban zum Truppenabzug mit festen Abzugsdaten zu (versehen)“, fragte Angela Merkel am Mittwoch. Sie ergänzte: „Wurde auch in diesem Zusammenhang die Kampfbereitschaft der afghanischen Streitkräfte überschätzt?“

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Angela Merkel: Afghanistan-Desaster soll aufgearbeitet werden

Die Kanzlerin kündigte eine intensive Aufarbeitung der Hintergründe des Desasters in Afghanistan an. Für abschließende Antworten werde man Zeit brauchen, „und diese Zeit sollten wir uns nehmen“. Denn von den Antworten werde „abhängen, welche politischen Ziele wir uns realistischerweise für zukünftige und für aktuelle weitere Einsätze im Ausland setzen dürfen“, sagte Merkel, ohne etwa den riskanten Bundeswehreinsatz in Mali direkt zu nennen.

Klar sei, dass jedes Engagement anders und daher einzeln zu bewerten sei. Eine solche Analyse müsse gemeinsam mit den Verbündeten der Nato und der Europäischen Union erfolgen.

Merkel listete eine Reihe kritischer Fragen zum Afghanistan-Engagement auf. Warum sei es etwa zu dem zu Beginn des Einsatzes vor 20 Jahren vom damaligen Außenminister Joschka Fischer (Grüne) beschworenen historischen Kompromiss der Afghanen untereinander nie so gekommen, dass daraus langfristige Stabilität hätten entstehen können, fragte sie.

Kanzlerin stellt viele Fragen: „Waren unsere Ziele zu ehrgeizig?“

„Waren unsere Ziele zu ehrgeizig?“ Die Kanzlerin ergänzte: „Kamen diese Ziele und die mit ihnen verbundenen Werte bei aller Unterstützung aus der afghanischen Zivilgesellschaft wirklich bei der Mehrheit der Menschen in Afghanistan an?“

Sie stellte zudem die Frage, ob die großen kulturellen Unterschiede hätten ernster genommen werden müssen. Sie fragte weiter, ob man das Maß der Korruption in Afghanistan unterschätzt habe und ob sich die internationale Gemeinschaft ausreichend für eine politische Befriedung in dem Land eingesetzt habe. (dpa)