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„Gefährlich und unverantwortlich“Deutscher macht bei Doping-Spielen mit!

Marius Kusch richtet sich vor einem Wettkampf seine Badekappe.

Der deutsche Schwimmer Marius Kusch will an den Enhanced Games teilnehmen.

Der deutsche Schwimmer Marius Kusch plant seinen Start bei den Enhanced Games. Es geht um jede Menge Kohle.

Inmitten der Diskussionen um die Enhanced Games hat nun der erste deutsche Sportler seine Teilnahme an den umstrittenen Spielen mit erlaubtem Doping zugesagt. Und der ehemalige Schwimm-Kurzbahn-Europameister Marius Kusch macht gar keinen Hehl daraus, warum er im Mai kommenden Jahres antreten will.

„Schwimmen war mein Leben für viele Jahre“, schrieb der 32-Jährige bei Instagram: „Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe, aber die Wahrheit ist, dass mir der Sport nie die finanzielle Stabilität gegeben hat, um mir eine Zukunft aufzubauen. Die Wirklichkeit war immer eine Herausforderung.“ Er wisse aber, dass seine jetzige Entscheidung eine Debatte entfachen werde.

Mega-Preisgeld bei Doping-Spielen in Las Vegas

Denn die Wirklichkeit der Enhanced Games heißt: Viel Geld für vermeintliche Weltrekorde, unterstützt durch Doping. Prämien von bis zu einer Million US-Dollar sollen Sportlerinnen und Sportler zum eigentlichen Tabubruch verlocken. In weniger als 250 Tagen wollen die ersten Enhanced Games den Aufbruch in eine neue Ära des Sports dokumentieren – so die Macher der Wettkämpfe, die für Mai kommenden Jahres in Las Vages geplant sind.

„Ich möchte mich jetzt um meine Familie kümmern und ihr alles zurückgeben, was sie mir gegeben hat“, betonte Kusch. Neben den Prämien für Rekorde gibt es für jeden auch ein Antrittsgeld – die Höhe ist unbekannt. Auch Schwimm-Kollege Ben Proud leugnete erst gar nicht, wie sehr das Geld lockt.

„Das ist finanziell sehr attraktiv, und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das egal ist“, sagte er der Olympia-Zweite von Paris über 50 Meter sowie mehrfacher Welt- und Europameister jüngst der BBC: „Ich müsste 13 Jahre lang Weltmeistertitel gewinnen, um das zu verdienen, was ich bei einem einzigen Wettkampf bei den Enhanced Games gewinnen kann.“ Er erklärte zugleich seinen Rückzug vom Schwimmen, bei dem Doping eben streng verboten ist.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur verurteilte das Vorhaben bereits als „gefährliches und unverantwortliches“ Konzept. Vor einigen Wochen kündigte Wada-Präsident Witold Banka sogar an, dass man die US-Behörden drängen werde, auf einem legalen Weg die Spiele zu blockieren.

„Die Macher der Enhanced Games wollen vielleicht schnelles Geld verdienen, aber dieser Gewinn geht auf Kosten von Kindern auf der ganzen Welt, die glauben, dass sie Dopingmittel nehmen müssen, um ihre Träume zu verwirklichen“, betonte der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur, Travis Tygart. „Ein Wettbewerb, der gezielt auf den Einsatz von Dopingmitteln setzt, ist ethisch und moralisch absolut verwerflich“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Lars Mortsiefer.

Drei Sportarten haben die Macher nur vorgesehen: Schwimmen, Leichtathletik, Gewichtheben. Und in dem sehr ausgewählten Programm wurde noch weiter ausgesiebt: Über 50 und 100 Meter wird jeweils nur geschwommen, jeweils Freistil und Schmetterling. Kusch gewann seinen EM-Titel vor sechs Jahren über die 100 Meter Schmetterling auf der Kurzbahn. Bei der Leichtathletik geht’s über 100 Meter sowie 100 und 110 Meter Hürden, im Gewichtheben sollen in drei Kategorien bisher nicht erreichte Kilogramm bewältigt werden.

Finanziell garniert werden die Wettbewerbe von einem Preisgeld von jeweils 500.000 US-Dollar mit 250.000 für den ersten Platz. Dazu gibt es Antrittsprämien und vor allem verlockende eine Million US-Dollar für bisher nicht gelaufene und geschwommene Zeiten über 100 Meter und 50 Meter Freistil.

Für 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt wird es keine Rolle spielen, ob jemand an diesem 24. Mai 2026 auf einer der sechs Bahnen in der Resorts World von Las Vegas schneller als 9,58 Sekunden laufen wird. „Keine Sorgen. Ich hatte meine Zeit, jetzt haben andere ihre Chance – aber sie müssen es sauber tun“, wurde der ehemalige Leichtathletik-Superstar im Schweizer „Blick“ nach einer Wohltätigkeits-Gala in Zürich zitiert.

Suspendierter Sprinter will Bolts Weltrekord

Den Weltrekord hatte er am 16. August 2009 in Berlin aufgestellt. Ihn unterbieten will ihn nun Fred Kerley, Olympia-Zweiter in Tokio und Dritter in Paris sowie dreimaliger Weltmeister, darunter 2022 über die 100 Meter in Eugene.

In Tokio bei der WM fehlte Kerley – er ist vorläufig suspendiert durch die unabhängige Integritätskommission des Leichtathletik-Weltverbandes. Der Grund: ein Verstoß gegen Meldepflichten. Zudem wurde er in diesem Jahr gleich zweimal von der Polizei vorübergehend festgenommen.

„Freds Entscheidung, bei uns anzutreten, unterstreicht nicht nur unser Ziel, die spannendsten Leichtathletikwettkämpfe überhaupt zu veranstalten, sondern festigt auch die wachsende Attraktivität der Enhanced Games als Zukunft des Spitzensports“, kommentierte der Enhanced-Games-Geschäftsführer Maximilian Martin, gebürtiger Münchner und ehemaliger Investmentbanker.

Andere aus der Führungsriege der Enhanced Games sind der deutsche Milliardär Christian Angermayer, unter anderem Mitgründer eines Biopharma-Unternehmens, und der australische Oxford-Absolvent Aron D'Souza, der sich auf einer Mission sieht, eine „neue Super-Menschheit zu erschaffen“. Er sagte dem Magazin „Cycling Weekly“ auch mal: „Es ist ein klassisches Missverständnis zu sagen, dass leistungssteigernde Medikamente unsicher sind. Das ist Hysterie.“

Und so gehen die Macher der geplanten Enhanced Games auch gegen die vor, die gegen sie vorgehen und reichten laut der Nachrichtenagentur AP bereits eine Kartellklage von 800 Millionen US-Dollar gegen den Schwimm-Weltverband World Aquatics, USA Swimming und die Wada ein. Die Enhanced-Games-Organisatoren werfen den Kritikern eine illegale Kampagne vor, mit der Athleten und Athletinnen zum Boykott der Veranstaltung aufgefordert werden sollten. (dpa)