Nach Aus bei „Kelly Family“Angelo Kelly: „Habe ich in 40 Jahren noch nicht erlebt“

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Angelo Kelly ist vor kurzem bei der „Kelly Family“ ausgestiegen.

von Simon Küpper (sku)

Köln – Als kleiner Junge sang er sich selbst mit „Angel“ in Millionen Herzen der „Kelly Family“-Fans. Längst hat er seine eigene Familie, mit Frau Kira fünf Kinder, die nun selbst flügge werden. Aber auch diese Kellys machen gemeinsam Musik. Aus der Geschwister-Band stiegt Angelo vor kurzem jedoch aus – wohl endgültig, wie er im gemeinsamen EXPRESS-Interview mit Sohn Gabriel klarstellt.

Rückkehr ausgeschlossen?

Angelo: Ja! Das war mir auch wichtig und nicht zu sagen, ich mache eine Pause. Auch weil ich eine unfassbare Gelegenheit hatte, das Alles auf einem ganz hohen Niveau abzuschließen. Wenn ein Boxer fünf Kämpfe zu spät aufhört, ist es einfach traurig. Das wollte ich nicht. Weil ich das etwas unschöne Ende Anfang der 2000er schon mal erlebt habe. Teil meiner Motivation, das Ganze wieder zusammen zu bringen, war, dem ein besseres Ende zu geben.

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Wie geht es dir jetzt mit der Entscheidung?

Angelo:  Mir geht es sehr gut. Ich habe die Entscheidung schon vor der letzten Tour getroffen und es daher schon gut verarbeitet und mich von allen verabschiedet. Seit es auch endlich öffentlich ist, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Die letzten Monate habe ich viel Zeit mit der Familie verbracht. Ich habe das Gefühl, ich bin wieder ganz der Alte. 

Gibt es Pläne für eine Tour ohne dich?

Angelo:  Ich weiß auf jeden Fall, dass sie alle Bock haben, weiterzumachen. Ich denke nicht, dass sie es sich wegen mir nehmen lassen werden. Sollen sie auch nicht! Ich gehe dann gerne hin und schaue mir das an und kann endlich mal ein „Kelly Family“-Konzert genießen, ohne auf der Bühne zu stehen.

Michael Patrick sagte zuletzt, er wollte nicht mit auf Tour, um frei zu sein. War das für dich auch ein Grund?

Angelo: Ich habe ja viel gestaltet, mich austoben können. Für mich war es interessant und wichtig zu schauen, dass jeder am besten  zur Geltung kommt. Das macht die „Kelly Family“ aus – dass jeder mal seinen eignen Raum auf der Bühne hat. Das mache ich mit meiner eigenen Familie genauso. Wenn du dich aber als Solo-Künstler austoben willst, ist es vielleicht nicht das Richtige. Vielleicht meinte er das damit – das ist auch völlig legitim. Ich hatte auch Zeiten, in denen ich nur mein eigenes Ding gemacht habe.

Gabriel, du gehst alleine in ganz andere Musik-Richtung. Denkst du auch schon an einen Ausstieg aus der Familienband?

Gabriel: Nein, das kommt bei mir noch nicht in Frage.

Angelo: Vielleicht werfen wir dich raus. (grinst)

Gabriel: Genau (lacht). Ich genieße es wirklich sehr, mit meiner Familie musizieren zu dürfen und will das auch weiter machen. Da sehe ich keinen Konflikt. Ich bin dabei, ein Solo-Album zu produzieren und aufzunehmen, das 2021 rauskommen soll. Ich distanziere mich musikalisch, aber nicht von der Familie. Deshalb möchte ich weiterhin mit ihnen Musik machen.

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Angelo Kelly (r.) und sein Sohn Gabriel beim EXPRESS-Interview

Gabriel ist jetzt nach Rostock gezogen, verlässt das Nest. Wie ist das für dich als Vater, Angelo?

Angelo: Es ist ein neues Kapitel. Meine Frau und ich lernen jetzt, loszulassen. Er macht das aber vernünftig. Hier und da bisschen Party, aber nicht zu verrückt. Bei Helen wird das vielleicht etwas schwieriger für mich. Bei einer Tochter hat man doch ein bisschen mehr Beschützer-Instinkt. Sie ist 17, will studieren, vielleicht in England. Puh, das wird eine Herausforderung.

Vielleicht gibt es ja nochmal Nachwuchs…

Angelo: Meine Frau und ich würden beide niemals sagen: Das war es. Aber wir sind nicht aktiv am Schauen, dass wir ein weiteres Kind bekommen. Wir werden ja auch nicht jünger. (lacht) Gabriel ist als nächstes dran.

Gabriel: Wenn ich mich bemühe, kannst du noch mit 39 Opa werden (lacht).

Wie ist die Freiheit für dich?

Gabriel: Seht erfrischend und erholend. Aber ich genieße auch die Familien-Zeit und gucke, dass das im Gleichgewicht ist.

Warum hat es dich nach Rostock gezogen?

Gabriel: Meine Mutter ist in Warnemünde geboren. Ganz wichtig, man darf nicht Rostock sagen (lacht).

Angelo, wie hast du deine Kinder auf die Verführungen des Show-Business vorbereitet? Du hast das ja auch alles erlebt.

Angelo: Indem wir ein Leben führen, das sehr bodenständig ist. Wir leben auf dem Land, da muss viel angepackt werden. Wir haben das Haus zusammen von einer Ruine in ein gemütliches Zuhause umgebaut. Wenn du das hast, ist es der perfekte Gegensatz zum High-Life-Star-Quatsch.

Am Ende sind wir Musiker und um unsere Musik machen zu können, machen wir auch unsere Arbeit in der Medienlandschaft. Dadurch gehört man vielleicht zu Prominenten, aber am Ende des Tages geht es um die Musik.

Und zu Hause geht es darum, den Kindern Werte zu vermitteln. Das was du vorlebst und mit ihnen erlebst, das formt die Kinder. Gabriel ist deshalb stark genug, um diesen Verführungen zu widerstehen. Um sein Album zu finanzieren, hat er einen Monat auf dem Weihnachtsmarkt gearbeitet.

Ich sage nur: Finger weg von allen Managern und Plattenfirmen. Mach erstmal dein Ding, wenn es reif ist, rede mit ein paar Leuten und lass mich auf den Vertrag gucken. Wichtig ist, dass der Name und die Musik noch dir gehören. Mir geht es darum, dass er nicht ins offene Messer läuft, dann macht er das schon.

Fällt dir das Widerstehen schwer?

Gabriel: Es ist gar nicht meine Begierde, Promi-Status zu haben. Ich bin lieber ein ganz normaler Typ, der auf der Bühne Musik macht. Man macht Promotion, um das Produkt zu vermarkten, damit auch Leute zu den Konzerten kommen. Wenn das auch ohne roten Teppich und Blitzlicht ginge, würde ich diese Variante wählen. 

In einem älteren Zitat von dir heißt es, du magst „deutschen Assi-Rap“. Das passt gar nicht zu dir.

Gabriel: Deutsch-Rap – daraus wurde vermutlich Assi-Rap. Ich höre alles Mögliche. Sido, Olexesh, Kool Savas – es gibt viele. Wir sind in der Familie eigentlich recht offen für jede Musikrichtung. Wenn es vulgär wird, das hören die Kleineren natürlich nicht. Aber trotzdem hat ja jedes Genre seien Charme und seine Stärken. Bei Rap und Hiphop finde ich das Storytelling einfach unfassbar stark. Wie viele Geschichten innerhalb von drei Minuten erzählt werden können. Großartig.

Angelo: Aber auch nicht immer. Es gibt genug Rap-Songs, wo es nur um Karren, Bitches und Kohle geht. Da wird auch gerne mal drei Minuten nix erzählt.

Gabriel: Damit wird der aktuelle Deutsch-Rap oft assoziiert. Aber ich möchte auch zeigen, dass man es als Stilmittel nutzen kann, um auf Sachen aufmerksam zu machen, die wichtig sind. Wo es nicht um Drogen oder geile Autos oder Knarren geht. Weil diese Themen für mich und die meisten Menschen in unserer  Gesellschaft nicht essenziell sind . 

Was hast du gedacht, als dein Sohn Hiphop machen wollte?

Angelo: Er ist damit aufgewachsen, da bei uns musikalisch alles läuft. Ich habe auch viel Hiphop in meiner Plattensammlung, Tupac Shakur oder Eminem aber auch Absolute Beginner. Unsere Generation hat Hiphop auch schon in sich, das ist nicht mehr nur für die Jungen. Als ich Gabriels erste Sachen gehört habe, war ich einfach überrascht, dass es doch ziemlich gut war. Es ist nochmal ein Handwerk für sich. Ich weiß, Gabriel, dass ich dein großes Vorbild bin. Spätestens, seit ich die Kakerlake bei „The Masked Singer“ war, mit meinen Wahnsinns-Rap-Einlagen (grinst).

Gabriel: Sie bekommt ein Feature – Gabriel Kelly feat. MC Kaki!

Angelo: Das müssen wir so machen. Und dann mache ich einen richtig schlechten 16Bars-Rap.

Gabriel: Aber dann bitte auch Triple-Time.

Angelo: Triple-Time? No Problem! Ich weiß nicht, was es ist, aber ich mache es.

Auch ihr musstet wegen Corona eure Tour verschieben – was war das für ein Gefühl?

Angelo: In fast 40 Jahren habe ich noch kein Konzert abgesagt. Dass es dann für alle Musiker und Künstler über so eine Zeit nicht möglich ist, aufzutreten, dem Publikum zu begegnen, das ist total abgefahren. Wir können es finanziell sehr gut verkraften, aber man macht ja auch Musik, weil man Spaß daran hat und den Menschen begegnen will. Und es betrifft nicht nur Musiker, sondern auch Techniker, Trucker, Catering, die Hallen, Merchandise-Mitarbeiter – so viele in dieser Branche, die extremst leiden.

Die Weihnachts-Konzerte im Dezember in Düsseldorf (13. Dezember) und Dortmund (23. Dezember) finden aber statt?

Angelo: Hoffen wir! Wir halten daran fest, denn ein ganzes Jahr ohne Konzerte wäre für alle Seiten sehr doof.