Achtzig Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft wird die Existenz von Hakenkreuz-Relikten an der Technischen Hochschule Köln durch einen Bericht im EXPRESS öffentlich bekannt – eine irritierende Geschichte.
Hakenkreuze an Kölner THEs ist noch kurioser

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Der Eingang des Hauptgebäudes der Technischen Hochschule Köln (TH Köln) in der Claudiusstraße.
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Auch der langjährige Präsident der Hochschule, Professor Joachim Metzner, äußert sich jetzt dazu. Er sei verblüfft gewesen über die Nachricht und habe einen Verdacht, warum die NS-Relikte an den Fahnenmasten am Haupteingang des TH-Gebäudes so lange unbemerkt bleiben konnten.
Auf Bitte der TH plant Metzner, eine Abhandlung über die wechselvolle Geschichte des Hauses zu erstellen, die als Handreichung für Besucher und andere Interessierte dienen kann. Der Gelehrte hatte sich schon zuvor mit der speziellen Historie des Gebäudes beschäftigt und sie bei Führungen erläutert.
„Niemand hat jemals über diese Fahnenmasten nachgedacht. Das hängt ein bisschen damit zusammen, dass das Gebäude in den 1980er Jahren nicht nur renoviert und grundsaniert, sondern auch restauriert wurde“, erzählt Metzner.
„Das Staatshochbauamt hat auch mir gegenüber damals erklärt, dass man das Haus quasi in seinen Urzustand zurückversetze. Das sozusagen feste Versprechen war auch, dass alles aus der Nazizeit beseitigt wird. Und so ist es uns eigentlich auch übergeben worden.“

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Die Fahnenmasten am Eingang des Hauptgebäudes der TH sind mit NS-Symbolik versehen.
In Wahrheit habe dies aber auch damals - die Übergabe war 1986 - erkennbar nicht ganz gestimmt. So entstanden die bis heute erhaltenen, schweren und hochwertigen Eingangstüren nach einem 1937 erstellten Auftrag der Gauleitung an die Kölner Schmiedekunstwerkstatt Kotthoff (von der auch die Befestigungen der Fahnenmasten stammen). Wie Joachim Metzner in einem detaillierten Aufsatz im Jahr 2021 bereits dargelegt hatte, fertigten die Gebrüder Kotthoff für die Haupteingänge an der Claudiusstraße und am Agrippinaufer Portaltüren mit NS-Emblemen und Hoheitszeichen sowie die Laternen am Westeingang, „ganz im Stil der Parteigebäude“ (aus „Ein Schloss für den Satrapen: Das Gauhaus der NSDAP in Köln“ – online abrufbar).
Das schlossartige Gebäude in der Südstadt war 1907 als Handelshochschule erbaut worden. Später wurde es Sitz der Kölner Universität, ehe die NSDAP die Anlage zum Sitz der Kölner Gauleitung unter Führung von Gauleiter Josef Grohé (1902-1987) umfunktionierte. NS-Symbolik wie etwa der Reichsadler über dem Haupteingang wurden kurz nach Ende der Nazidiktatur zerstört, wovon sogar Filmmaterial existiert.

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Die Kölner Firma Kotthoff gestaltete die Fahnenmastbefestigungen in stilisierter Hakenkreuzform.
Nach Einschätzung von Joachim Metzner ist „das große Kuriosum“ der riesige Kronleuchter im Foyer: „Auch die Restauratoren haben nicht bemerkt, dass der Kronleuchter erst 1936 da hingekommen ist.“ Die Leuchterform sei vor allem in romanischen Kirchen sehr üblich gewesen. Der damals Verantwortliche für die künstlerische Ausschmückung des Gebäudes in der Nazizeit sei ein katholischer Theologe und Spezialist für kirchliche und liturgische Gestaltung gewesen - und ein Nationalsozialist.
Auch der Treppenaufgang hinter dem Kronleuchter, wo sich zuvor ein Brunnen befand, wurde damals „in nahezu liturgischer Form“ (Metzner) mit einem zentralen Porträt des Diktators zu einer Art Hitler-Altar verwandelt – drumherum hatte man das Treppenhaus zur Gedenk- und Weihestätte für gewaltsam ums Leben gekommene Nationalsozialisten umgestaltet. Das Zentrum des Gebäudes habe dadurch einen „pseudoreligiösen gruftähnlichen Charakter bekommen“.

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Im Eingangsbereich der Hochschule hängt ein großer, historischer Kronleuchter.
Über die bewegte Geschichte des Gebäudes Claudiusstraße 1 – zwischen 1954 und 1970 war es Sitz der Deutschen Lufthansa – will die Technische Hochschule Köln die Bevölkerung in aktualisierter Form informieren. „Wir haben eine kleine Broschürenreihe zur Nutzungsgeschichte unserer Gebäude geplant, und eine Broschüre wird die Jahre 1934-1945 thematisieren“, erklärt TH-Sprecherin Sybille Fuhrmann.
Außerdem werde die TH die Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bücherverbrennung im Mai 2026 dem Thema Erinnerungskultur widmen. Ein Platz am damaligen Universitätsgebäude war am 17. Mai 1933 zentraler Ort der Bücherverbrennung in Köln. An das dunkle Ereignis erinnert ein Bodendenkmal mit fast 100 von Studenten in Stein gemeißelten Namen von Schriftstellern, deren Werke vernichtet wurden.
In Hinblick auf die Fahnenmasten ist die Hochschule mit der Denkmalbehörde übereingekommen, „dass es eine angemessene Form der Erläuterung und Einbettung in den historischen Kontext geben soll“, so Fuhrmann: „Wie diese Form konkret aussehen kann, wird derzeit erarbeitet.“

