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Kölner Miet-DramaKrebskranke Rosi (67) soll ihren Hund abgeben – „dann will ich nicht mehr leben“

Roswitha Kirsch mit ihrem Hund Arko auf der Couch.

Roswitha Kirsch ist schwer krank, hängt an ihrem 14-jährigen Hund „Arko“, mit dem sie zusammen in einer Wohnung in Köln-Weidenpesch wohnt.

Rosi (67) ist schwer krank, leidet unter anderem an Krebs und COPD. Ihr Hund „Arko“ gibt ihr Kraft in dieser schweren Zeit, doch nun muss sie ihn abgeben. Für die 67-Jährige bricht eine Welt zusammen.

von Niklas Brühl (nb)

Roswitha Kirsch (67) ist gezeichnet: „Rosi“, wie sie von ihren Freundinnen und Freunden nur genannt wird, hat Krebs, leidet außerdem an der Lungenerkrankung COPD. Sie hat Pflegestufe 4, das Laufen fällt ihr schwer, das Reden ebenfalls. Auch psychisch geht es der 67-jährigen Frau nicht gut.

Rosi lebt in der Friedrich-Karl-Straße in Köln-Weidenpesch, es herrscht im Veedel und besonders in der Nachbarschaft der kranken Frau ein großer Zusammenhalt.

Ein physischer wie psychischer Anker für die Frau ist ihr 14-jähriger Hund „Arko“. Doch diesen muss sie bald abgeben, wird ihr seitens der Vermietung, der Kölner Wohnungsgenossenschaft, angedroht. Nachbarn hätten sich wiederholt beschwert, weil „Arko“ gebellt hat, wurde Rosi in einem Brief der Vermietung (liegt EXPRESS.de vor) mitgeteilt.

Für die Frau ist mit dem Schreiben eine Welt zusammengebrochen, unter Tränen wendet sie sich nun an EXPRESS.de.

Köln: Kranke Rosi muss ihren „Arko“ abgegeben – weil er bellt

Beim Gespräch mit Rosi sind auch zwei weitere Damen in der Wohnung der 67-Jährigen. In Weidenpesch kennt man sich, man hält zusammen. Die Hundebesitzerinnen haben sich bei den Gassigängen kennen und schätzen gelernt. Da es Rosi immer schwerer fällt, mit „Arko“ spazieren zu gehen, kümmern sich mittlerweile verschiedene Bekannte der 67-Jährigen darum. 

Nicht zu dieser eingeschworenen Gemeinschaft gehören die Nachbarn von Rosi, die in dem Mehrfamilienhaus unter ihr wohnen, erzählt sie. Über ihr wohnt die Tochter der Nachbarn, die 67-Jährige befindet sich praktisch im „Sandwich“. Seit 24 Jahren wohnt sie in ihrer liebevoll eingerichteten Wohnung, seit knapp 14 Jahren zusammen mit ihrem „Arko“.

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„Wir haben uns immer gut verstanden, uns geduzt und angelächelt“, erklärt Rosi gegenüber EXPRESS.de das anfänglich noch intakte Verhältnis zu ihren Nachbarn. „Dann aber, lass es drei, vier Jahre her sein, polterte es an einem Tag unter der Woche kurz vor Mitternacht plötzlich extrem laut in der Wohnung über mir“ – dort, wo die Tochter wohnt. Rosi, die an diesem Abend bereits im Begriff war, sich schlafen zu legen, ging nochmal die Treppen rauf, um nach dem Rechten zu schauen.

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„Ich fragte sie, ob alles in Ordnung sei. Ich hatte mir ja nur Sorgen gemacht. Sie sagte mir dann, sie hätten nur mit den Hunden gespielt – und dass sie in ihren Geburtstag reinfeiert. Ich war beruhigt und bin wieder gegangen“, sagt sie. Doch ab dieser Begegnung am Abend hat sich dann plötzlich etwas verändert.

Kölnerin Rosi und ihr „Arko“ – Nachbarn notieren sich Bell-Zeiten

Seitdem werde Rosi von ihren Nachbarn, sowohl den Eltern unter ihr als auch der Tochter über ihr, ignoriert und terrorisiert. „Mir wurde gesagt: ‚Bei dir darf man ja noch nicht mal in seinen Geburtstag reinfeiern.‘ Ich würde mich immer beschweren. Ich wollte doch nur nachfragen, ob irgendetwas passiert ist, weil es so laut gepoltert hat“, sagt Rosi gegenüber EXPRESS.de.

Seitdem werde ihr regelmäßig die Haustüre vor der Nase zugeschlagen, ihren Rollator, den sie im Hausflur stehen hat, wollten die Nachbarn entfernen lassen – vergebens. „Damit sind die nicht durchgekommen“, sagt Rosi gegenüber EXPRESS.de. Aber das ist noch nicht alles: Immer wieder werde an ihrer Tür vorbeigestrichen oder geklopft, auch abends und nachts – damit „Arko“ anschlägt und bellt.

Die Vermietung zählte in ihrem Brief Zeiträume auf, wann der Vierbeiner gebellt haben soll: unter anderem am 1. März 2024 um 8.40 Uhr, am 3. März um 22.28 Uhr und am 5. März zwischen 10 und 10.30 Uhr. Diese Liste könne noch entsprechend erweitert werden, heißt es seitens der Kölner Wohnungsgenossenschaft.

Als Rosi sich „Arko“ anschaffte, im Jahr 2011, sei ihr gestattet worden, ihn in der Wohnung zu halten, wenn „von dem Hund keinerlei Unzuträglichkeiten und Belästigungen der übrigen Hausbewohnerinnen und Hausbewohner ausgehen“. Aufgrund wiederholter Beschwerden sehe sich die Vermietung nun gezwungen, weitere Maßnahmen einzuleiten – und zwar Rosi zur Abschaffung ihres „Babys“ zu zwingen.

Kölnerin Rosi wird gezwungen, „Arko“ abzugeben – „will nicht mehr weiterleben“

Bis zum 14. April 2024 muss die schwerkranke Frau nun dafür Sorge tragen, „Arko“ aus der Wohnung dauerhaft zu entfernen. Sollte die Frist nicht eingehalten werden, sei die Kölner Wohnungsgenossenschaft „zum größten Bedauern gezwungen, die Abschaffung des Hundes gerichtlich geltend zu machen“. Die Vermietung ergänzt in dem Brief: „Wir bedauern, dass Sie uns durch Ihr Verhalten zu diesem Schritt zwingen.“

Als Rosi diese Zeilen während des Gesprächs mit EXPRESS.de noch einmal liest, brechen bei der 67-Jährigen alle Dämme. Schluchzend und unter Tränen sagt sie: „Der Hund ist alles für mich, ohne ihn will ich nicht mehr weiterleben. Wenn ich morgens aufstehe und ihn sehe, ist der Tag für mich gerettet. Er ist mein Therapeut, mein Ein und Alles. Wie kann man mir in meinem Zustand so etwas antun und zumuten?“

Für alle Fälle

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1/17

Die Tochter der Nachbarn, die über Rosi wohnt, hat übrigens auch einen Hund – und eine weitere Tochter, die ein paar Straßen entfernt wohnt, ebenfalls. „Die höre ich doch auch bellen, aber das stört mich doch nicht. Warum unterstützen wir uns nicht gegenseitig, warum arbeiten Menschen so gegeneinander? Einen Umzug würde ich mit meinem gesundheitlichen Zustand nicht schaffen – und ‚Arko‘ abzugeben noch weniger.“

Eine der Bekannten von Rosi merkt an: „Ist es nicht auffällig, dass die andere Tochter gut in die Wohnung zwischen ihrer Schwester und ihren Eltern passen würde? Und da momentan noch eine ältere, schwerkranke Frau mit ihrem Hündchen wohnt, die keinerlei Lobby hat? Für mich gibt es keine Zufälle.“

Verzweifelte Kölnerin Rosi – Vermietung zeigt sich knallhart

EXPRESS.de hat die Kölner Wohnungsgenossenschaft um ein Statement gebeten, ein Sprecher äußert sich wie folgt: „Die geschilderten gesundheitlichen Beschwerden von Frau Roswitha Kirsch bedauern wir sehr. Sie dürfen versichert sein, dass wir uns den Widerruf einer Hundehaltung nicht leicht machen.“

Und weiter: „Allerdings erreichen uns bereits seit Jahren massive, zuletzt anwaltlich vorgetragene Beschwerden, nun auch unter Androhung von Mietminderung und gerichtlichen Schritten gegen unsere Genossenschaft, über das ständige lautstarke Gebell des Hundes, insbesondere in den Ruhezeiten. Des Weiteren wird Klage darüber geführt, dass der Hund unangeleint im Treppenhaus laufen gelassen wird.“

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Die Kölner Wohnungsgenossenschaft habe Frau Kirsch die Beschwerden in der Vergangenheit mündlich sowie schriftlich geschildert und sie aufgefordert, zukünftig dafür Sorge zu tragen, dass andere Mitglieder der Hausgemeinschaft nicht durch vermeidbares Gebell des Hundes und das Laufenlassen im Treppenhaus gestört werden. „Jedoch war Frau Kirsch entweder nicht willens oder nicht in der Lage, für eine vertrags- und tiergerechte Haltung des Hundes zu sorgen“, heißt es weiter.

Der Sprecher der Vermietung sagt abschließend: „Wir bitten daher um Verständnis dafür, dass wir aufgrund der zuvor geschilderten Umstände zu unserem großen Bedauern nach derzeitigem Stand keine andere Möglichkeit sehen, als an der Aufforderung zur Beendigung der Hundehaltung festzuhalten.“