„Es waren doch nur 15 Minuten ...“Baby zu Tode geschüttelt: Kölner (20) nicht wegen Totschlags verurteilt

Angeklagter im Kölner Landgericht hält sich Akten vor das Gesicht.

Der Angeklagte am Donnerstag (20. Juli) im Kölner Landgericht. Er wurde zu einer Jugendstrafe verurteilt.

Das Urteil ist gefallen: Der Vater, der seine Tochter zu Tode schüttelte, muss für drei Jahre ins Gefängnis.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Es war ein Fall, der Köln schockierte. Und jetzt ist das Urteil gefallen. Ein 20-jähriger Vater, der im Dezember 2022 seine fünfeinhalb Wochen alte Tochter zu Tode geschüttelt haben soll, ist vor dem Kölner Landgericht am Donnerstag (20. Juli 2023) wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Schlussvortrag eine Haftstrafe von viereinhalb Jahren wegen Totschlags gefordert. Die Verteidiger plädierten auf mildere Strafen.

Kind zu Tode geschüttelt: Kölner Richterin begründet Urteil

Solche Fälle seien immer schlimm, so die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung. „Meist steht dahinter eine große Tragödie“, sagte sie. Aber in diesem Fall sei das Kind kein „Schreibaby“ gewesen, das stundenlang geschrien hat. Beim Lesen der Anklage sei daher die erste Reaktion der Kammer und Schöffen gewesen: Fassungslosigkeit. Die Richterin: „Wir fragten uns: Wie konnte das passieren? Es waren doch nur 15 Minuten ...“

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Für das Gericht galt es dann zu klären, ob ein Tötungsvorsatz vorlag. War dem Angeklagten bewusst, dass das Schütteln für ein kleines Kind tödlich sein kann? „Ich hätte das gewusst, aber ich habe einen anderen Bildungsstand und ein anderes Alter“, so die Vorsitzende Richterin. Sie hätten aber keinen Anhaltspunkt festgestellt, dass dem Angeklagten das bewusst gemacht wurde. 

Daher „nur“ Körperverletzung mit Todesfolge und keine Verurteilung wegen Totschlags. Der Angeklagte ist lernbehindert, hat einen geringen IQ und brach seine Ausbildung ab, weil er an der Regelberufsschule scheiterte. 

Köln: Angeklagter hielt sich aus den ganzen Babythemen raus

Zwar hatten er und seine Freundin sich auf das Kind gefreut, doch als das Kind da war, hatte sich der Angeklagte aus den ganzen „Babythemen“ rausgezogen. Er ging mit seiner kleinen Tochter sehr vorsichtig um, gab sie aber lieber ab, auch, um Computerspiele zu spielen. Vor dem Tattag (13. Dezember 2022) war er nur zweimal mit dem Baby alleine gewesen. 

In dem Prozess, der seit Juni 2023 lief, hatte der Vater, zur Tatzeit noch 19 Jahre alt, bereits am ersten Verhandlungstag ein Geständnis abgelegt. Das wurde ihm bei der Urteilsbegründung zugutegehalten. Auch, dass er Reue gezeigt, subjektiv in einer Überforderungssituation war, selbst den Rettungswagen gerufen hatte und nicht vorbestraft war.

Der Angeklagte hatte beim Prozessauftakt eingeräumt, seine neugeborene Tochter „aus Überforderung“ geschüttelt zu haben. „Die Kleine hat geschrien. Ich habe ihr die Flasche gegeben, aber sie hat weiter geschrien. Dann habe ich sie geschüttelt“, erklärte der 20-Jährige.

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Er habe den Säugling unter den Achseln gepackt und geschüttelt, so der Angeklagte weiter. Er habe gemerkt, dass es dem Kind nicht gut gegangen sei, habe dem alarmierten Notarzt aber zunächst aus Angst gesagt, seine Tochter sei vom Bett gefallen.

Später im Krankenhaus war seine Lüge aber aufgeflogen. Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Verletzungen des Kindes nicht zu einem Sturz vom Bett passten. Zwei Tage nach der Einlieferung ins Krankenhaus starb das Kind. Das Mädchen hatte durch das grobe Schütteln, bei dem das Köpfchen hin- und herschleuderte, schwere Hirnschäden erlitten.

Zur Tatzeit war die Mutter des Kindes schnell zum Einkaufen, nur ganz kurz. Als sie zurückkam, war der Säugling schon nicht mehr zu retten gewesen. Bei Eintreffen des Rettungsdienstes war das kleine Mädchen tiefkomatös und reagierte auf keine Reize. Der Notarzt sagte als Zeuge vor Gericht aus: „Mir war bewusst, dass ich ein sterbendes Kind auf dem Arm habe ...“

Der Angeklagte akzeptierte das Urteil. Es sei das Urteil, das die Verteidigung gewollt hätte, erklärte Anwalt Ingo Lindemann. Seinem Mandanten sei klar gewesen, dass er hier nicht als freier Mann rausmarschiert, schließlich sei sein Kind tot.