Ingeborg Arians in RenteIn Kölns Rathaus gibt's nur eine Chefin – es ist nicht die OB

Reker und Ingeborg Arians

Abschied nach 33 Jahren: Henriette Reker und Ingeborg Arians am Freitagabend im Kölner Rathaus.  

Köln – Es sind beeindruckende Zahlen: 33 Jahre und neun Monate war sie im Amt, sie hat seit dem 1. Januar 1986 rund 8000 Empfänge und Veranstaltungen mit insgesamt etwa 800.000 Gästen betreut, mehr als 20.000 Glückwünsche und Kondolenzen und 160.000 Ehrungen zu hohen Alters- und Ehejubiläen arrangiert.

Ingeborg Arians: Die heimliche Chefin im Rathaus

Sie ist die heimliche Chefin im Rathaus, was das Protokoll angeht, kommt an Ingeborg Arians keiner vorbei – selbst die fünf Kölner Oberbürgermeister Norbert Burger (SPD), Harry Blum (CDU), Fritz Schramma (CDU), Jürgen Roters (SPD) und die amtierende OB Henriette Reker (parteilos) mussten sich Arians' zurückhaltend-freundlich aber bestimmt formulierten Anordnungen fügen.

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Wer ist hier die Chefin? Die OBs Fritz Schramma, Norbert Burger (†) und Jürgen Roters (v.l.n.r.) hörten auf Ingeborg Arians (2.v.l.).

Ingeborg Arians: Hüterin des Goldenen Buches

Und sie ist die Hüterin des Goldenen Buches, in Köln etwa so wichtig wie der Heilige Gral. Nicht wenige erinnern sich an Arians Resolutheit im Jahr 2005, als sie intern erklärte, Einträge ins Goldene Buch dürften nur im Rathaus getätigt werden.

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Letztlich durfte Papst Benedikt XVI. dann doch am Rheinufer und unter freiem Himmel die für ihn gestaltete Seite signieren.

Am Anfang Juan Carlos, am Ende Angela Merkel

„Es waren wirklich großartige 33 Jahre“, sagt Arians am Tag ihrer offiziellen Verabschiedung dem EXPRESS.

Ihr erster großer Empfang, den sie als Protokollchefin sechs Wochen nach ihrem Amtsantritt organisiert hat, war der Besuch des spanischen Königspaars Juan Carlos und Sofia. Ihre letzte Amtshandlung war der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Juni 2019.

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Erste Amtshandlung im Februar 1986: Ingeborg Arians (l.) organisierte den Empfang von OB Norbert Burger (Mitte) für Spaniens König Juan Carlos.

Charles kommt, Burauen geht, Arians heiratet

Dazwischen ist viel passiert. Unter anderem hat Ingeborg Arians, die früher Schulten hieß, geheiratet. Und diese Hochzeit musste natürlich in den Protokollkalender passen.

Am 3. November 1987 besuchten der britische Thronfolger Prinz Charles und Prinzessin Diana Köln. „Es war klar, dass kurz danach keine größere Veranstaltung zu organisieren wäre, also haben mein mann und ich entschieden, am 6. November standesamtlich und am 7. November kirchlich zu heiraten“, so Arians.

Und dann starb am 28. Oktober 1987 Alt-OB und Ehrenbürger Theo Burauen. „Und es war klar, dass damit natürlich Kondolenzen, Trauerfeiern und Gedenkveranstaltungen verbunden sein würden. Aber Kolleginnen und Kollegen haben mich wunderbar unterstützt – ich habe Charles und Diana übernommen, die Trauerfeiern und Beisetzung von Theo Burauen haben die Kollegen übernommen, damit ich in Ruhe heiraten konnte.“

Ingeborg Arians parliert mit Jacques Chirac

Ihr persönliches Highlight war im Juni 1999, dem gleichzeitig stressigsten Monat ihrer Amtszeit. Denn Anfang des Monats tagte in Köln zuerst der EU-Gipfel – mit allen EU-Staats- und Regierungschefs sowie den Außen- und Finanzministern. Und zwei Wochen später steig in Köln der Weltwirtschaftsgipfel, unter anderem mit US-Präsident Bill Clinton.

„Wir stehen als Protokoll ja immer in gebührendem Abstand, aber in Sichtweite, falls Hilfe benötigt wird“, so Arians. „Als sich der französische Präsident Jacques Chirac ins Goldene Buch eintragen sollte, rief er mich zu sich – und bat mich, ihm das Goldene Buch und seinen Einband zu erklären. Und so konnte ich dann in fließendem Französisch mit dem Präsidenten parlieren“, sagt die Diplom-Dolmetscherin.

Ingeborg Arians' Fauxpas

Arians' hervorstechende Eigenschaft ist sicher die Disziplin, mit der sie als Leiterin der Abteilung „Repräsentation und Protokoll“ wirkte. „Wir fallen nicht auf, es sei denn, es passiert eine Panne“, sagt sie schmunzelnd. „So habe ich einmal anlässlich der Gedenkfeiern zum 100. Geburtstag von Kardinal Frings am 6. februar 1987 den damaligen OB Norbert Burger und andere Honoratioren einschließlich des Dompropstes in die Bischofsgruft des Kölner Doms eingeladen“, sagt die scheidende Protokollchefin. „Und Dompropst Bernard Henrichs raunte mir ins Ohr: »Das habe ich ja noch nie erlebt, dass die Stadt in mein Haus einlädt«. Das war mir vielleicht peinlich...“

Falsche Seiten und ausgelaufene Tinte

Für andere Missgeschicke konnte Arians nichts. Etwa als Ratsherr Heinz Esser (CDU) beim Eintrag ins Goldene Buch zu schnell war – und auf der Seite von Bürgermeisterin Renate Canisius (SPD) unterschrieb. Dem einen Ehrengast lief beim Unterschreiben der Tintenfüller aus, ein anderer ließ chinesische Schriftzeichen übersetzen, was nicht erlaubt ist.

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Ingeborg Arians fasst auch das Gästebuch der Stadt Köln nur mit Handschuhen an. Sie ist auch die Hüterin des Goldenen Buches.

Ingeborg Arians in „ihrem“ Hansasaal verabschiedet

Am Donnerstag (6. September 2019) wurde Ingeborg Arians als Protokollchefin in ihrem „Revier“, dem Hansasaal im Historischen Rathaus, von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (62, parteilos) verabschiedet. Richtig Rentnerin wird sie ab 1. Oktober sein. „Was ich sicher nicht vermissen werde, ist die enorme Fremdbestimmung“, sagt Arians.

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1987: Oberbürgermeister Norbert Burger empfängt Prinz Charles und Prinzessin Diana. Hinter Burger: Protokollchefin Ingeborg Arians. In der Mitte stürmt Oberstadtdirektor Kurt Rossa heran.

Jetzt will sie erstmal ihre Wohnung renovieren. Den Malern hat Arians schon einen Termin gegeben...