Nach Corona-Panik in Asia-MarktKölner Chinese spricht von „Schockstarre“

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Yen Souw Tain, Chef des Heng Long Supermarktes Köln.

Köln – Der bizarre Coronavirus-Vorfall in dem bekannten Kölner Asia-Markt „Heng Long“ an der Aachener Straße.

Beim Einkauf von Sojabohnen forderte eine Mutter ihre Tochter auf, sich den Schal vor den Mund zu halten, um sich bei den Verkäufern nicht mit dem Coronavirus anzustecken (hier lesen Sie mehr).

Die Tochter habe sogar noch gefragt, ob denn alle Chinesen krank seien. Schnell bezahlten die beiden und eilten aus dem Laden.

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Kölner Asia-Markt-Besitzer mit Corona-Appell bei Facebook

Die Nix-wie-Weg-Aktion der beiden brachte Geschäftsführer Yen Souw Tain auf die Barrikaden. Er fühlte sich als Chinese diskriminiert, rassistisch beleidigt und als Mensch zweiter Klasse degradiert.

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In diesem Supermarkt an der Aachener Straße passierte der Zwischenfall.

Die Wut des 32-Jährigen war so groß, dass er vergangenen Freitag auf Facebook einen eindringlichen Appell an die Öffentlichkeit richtete. Überschrift: Wir sind nicht der Virus!

Die Resonanz war heftig – inzwischen gibt es über 200 Kommentare. Nach dem EXPRESS-Artikel berichteten auch zahlreiche andere Medien über den Vorfall.

Wie hat Yen Souw Tain den ganzen Trubel inzwischen verkraftet? Yen Souw Tain ist immer noch perplex und berichtet von einer „Schockstarre“, die er angesichts des Vorfalls erlebt habe.

„So etwas ist uns in Köln noch nie passiert. Noch nie mussten wir uns mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen”, sagt er.

Tains Familie hat auch Verwandte in China und macht sich große Sorgen. „Sie leben allerdings in der Nähe von Hongkong, wo der Virus sich offenbar noch nicht so stark verbreitet hat. Wir können nur hoffen, dass sich die Lage bald beruhigt.“

Corona-Zwischenfälle auch in anderen deutschen Städten 

Offenbar handelt es sich nicht um einen Einzelfall: In anderen deutschen Städten soll es zu ähnlichen Entgleisungen gekommen sein.

Menschen mit asiatischen Wurzeln würden pauschal als chinesisch und damit als potenzielle Ansteckungsgefahr wahrgenommen, schreibt die Arbeitsgemeinschaft Deutscher China-Gesellschaften (ADCG) unter Berufung auf Erzählungen Betroffener.

Der Patient einer Ärztin habe darüber gescherzt, ihr nicht die Hand schütteln zu wollen. Mitschüler eines Kindes sollen davon gesprochen haben, es auf das Virus testen zu wollen.

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In Berlin soll eine Chinesin sogar angegriffen worden sein. Wie die Berliner Polizei mitteilte, sollen zwei Frauen am Freitagnachmittag im Stadtteil Moabit eine Chinesin rassistisch beleidigt, bespuckt, an den Haaren zu Boden gerissen sowie geschlagen und getreten haben. Die 23-Jährige wurde demnach am Kopf verletzt und ambulant in einem Krankenhaus behandelt. Die Angreiferinnen flüchteten. Die Polizei verwies auf Nachfrage zu den Beleidigungen auf laufende Ermittlungen.

Chinesische Botschaft hat sich eingeschaltet

Derweil hat sich sich auch die chinesische Botschaft in Berlin eingeschaltet. Sie sorgt sich um die Sicherheit ihrer Staatsbürger in Deutschland. „Die jüngsten Anfeindungsfälle und die fremdenfeindlichen Äußerungen in einzelnen Medien haben nach dem Coronavirus-Ausbruch zugenommen und sind besorgniserregend“, teilte die Botschaft auf Anfrage mit.

Man habe beim Auswärtigen Amt notwendige Maßnahmen gefordert, um „die Sicherheit, legitimen Rechte und die Würde der chinesischen Staatsbürger zu gewährleisten“.

Botschaft warnt chinesische Bürger in Deutschland

Nach den Vorfällen habe man die chinesischen Staatsbürger in Deutschland auf sozialen Medien und über die eigene Webseite auf die aktuelle Situation hingewiesen, erklärte die Botschaft. Man habe Ratschläge für den Fall einer Provokation oder sogar Straftat gegeben und Aufmerksamkeit in Bezug auf den Schutz der eigenen Sicherheit angemahnt.

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„Schlimmer als das Virus sind blinde Diskriminierung und Hass gegenüber den Menschen und diese fördern nur eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Deutschen und Chinesen“, sagte der Vorsitzende der Düsseldorfer Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft, Dieter Böning, laut der AGDC-Mitteilung. (mit dpa)