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Nach neun Jahren PauseUnheilig-Comeback sorgt für Jubel und Frust-Momente

Frontmann Der Graf von der Band Unheilig beim Konzert in Köln.

Der Graf, Sänger der Band Unheilig, feierte am Montagabend (22. Dezember 2025) sein erstes Konzert in Köln seit seinem Abschied 2016.

Die Band Unheilig mit Frontsänger Der Graf hat bei ihrer Comeback-Tour erstmals in Köln gespielt. Hier endete vor neun Jahren eigentlich die Karriere der düsteren Pop-Gruppe.

Im September 2016 hatte Der Graf im Kölner Rhein-Energie-Stadion eigentlich sein Abschiedskonzert vor 45.000 Fans gespielt. Für die Band Unheilig sollte es das nach diesem emotionalen Abend gewesen sein.

Doch Anfang des Jahres kam dann die „große Weisheit“, wie er nun selbst sagt. Nach neun Jahren Pause ist die Düsterpop-Band wieder da. Zunächst kam die Single „Wunderschön“. Und am Montagabend (22. Dezember 2025) stand die erste Rückkehr nach Köln an – 3390 Tage nach dem Schlussstrich.

Unheilig: Konzert-Comeback in Köln nach 3390 Tagen

„Heute ist ein ganz besonderer Abend, weil mein letztes Konzert in Köln war. Ich liebe das, was ich tue und bin sehr stolz darauf, dass unser erstes Date wieder in Köln war“, sagte er nach zwei schweißtreibenden Stunden im rappelvollen Palladium. „Das war der absolute Hammer. Ich bin so happy, dass alles so gut gelaufen ist.“

Mit seinem Erfolgsalbum „Große Freiheit“ war der Sänger, der nur unter dem Pseudonym Der Graf bekannt ist, insgesamt drei Jahre in den Charts und 56 Wochen in den Top 10. Bis heute ist die neunfach mit Platin ausgezeichnete Platte das erfolgreichste Album eines deutschsprachigen Künstlers.

Entsprechend groß war die Neugierde und der Andrang. 4000 Fans waren zum Comeback-Konzert gekommen. Doch für etliche war es schlicht zu voll in der Halle, sie hörten lediglich im Foyer die Musik oder fuhren vorzeitig nach Hause, weil sie nichts sehen konnten und ihnen das Gedränge im Saal zu groß war.

„Hätte ich mir auch daheim eine CD anhören können“, schimpfte eine Besucherin. „Wir sind vorzeitig gefahren. Eine bodenlose Frechheit“, machte sich eine andere Anhängerin in den sozialen Netzwerken Luft.

Frontmann Der Graf von der Band Unheilig beim Konzert in Köln.

Die Jacke legte Der Graf direkt nach dem ersten Titel ab. Der Frontmann zeigte sich beim Comeback gut in Form.

Das Publikum war bunt gemischt. Da standen die Metal-Fans mit entsprechenden Kutten neben Gästen, die den ZDF-Fernsehgarten bevorzugen. Freunde der Gothic-Szene fühlen sich bei Unheilig genauso wohl wie die der Schlagerbranche. „Wir sind früher in Wacken und bei Carmen Nebel aufgetreten, dieser scheinbare Spagat ist Teil unserer DNA“, sagt der 55-jährige Frontmann.

Musikalisch wechselte der Stil im gut zweistündigen Konzert munter zwischen Metal, Pop und Balladen. Von Comeback-Songs wie „Wieder zurück“ über Klassiker wie „So wie du warst“, „Große Freiheit“ und natürlich „Geboren, um zu leben“ reichte das Programm. Bei „Spiegelbild“ und „Freiheit“ brach die Rammstein-Anmutung aus dem Grafen heraus. Bei einigen Intros wurde seine Liebe zu Depeche Mode hörbar.

Bei vielen Fans kamen vor allem angesichts der Texte, in denen es meist um Themen wie Liebe, Verlust oder Abschied geht, Erinnerungen hoch. Ein emotionaler Höhepunkt war die neue Single „Mein Löwe“. „Es fällt mir gerade besonders schwer, den Song zu singen“, sagte der Frontmann.

Gewidmet ist er seiner schwer kranken Mutter, die ihm immer den Rücken gestärkt habe, als er unter seinem Handicap als Stotterer gelitten habe. „Ohne meine Mama wäre ich heute nicht hier. Sie hat gute und schlechte Tage. Aber sie kämpft jeden Tag wie ein Löwe“, sagte er ergriffen und schickte ein paar Küsse gen Hallendecke.

Nach „Abwärts“ musste der Sänger aus Würselen erstmals zum Handtuch greifen. „Neun Jahre gehen nicht spurlos an einem vorüber“, sagte er lachend. Bei „Maschine“ zeigte der 55-Jährige aber, dass er körperlich absolut fit für das Comeback ist. Zwischendurch sprach er über seine lange Auszeit. „Ich hab‘ mir den Bart abrasiert, die Handynummer gewechselt und ein Wohnmobil gekauft.“

Frontmann Der Graf von der Band Unheilig beim Konzert in Köln.

Als sei er nie weg gewesen. Der Graf legte mit Unheilig ein Comeback-Konzert alter Qualität hin.

Er habe bewusst Abstand von allem genommen, sei regelrecht abgetaucht. Nun musste er feststellen, wie sich die Welt verändert habe. Das Internet sei ganz anders als früher. Die Sprache ebenfalls. „‚Ich hab nen Crush auf den‘: Da dachte ich zunächst, da will einer ein Wassereis haben. Oder wenn jemand ‚Digga‘ zu mir sagte, habe ich es erst als Beleidigung aufgefasst“.

Der erste Konzert-Gehversuch nach der Auszeit endete vor gut einem Monat im Krankenhaus, nach seinem Bühnensturz in Leipzig. In Köln lief alles glatt. Dafür musste vor wenigen Tagen in der Band improvisiert werden. Keyboarder Henning Verlage und Gitarrist Christoph Termühlen waren an seiner Seite. Dafür ist Schlagzeuger Martin Potthoff erkrankt.

Nach den ersten Aufwärm-Konzerten erscheint im März 2026 mit „Liebe Glaube Monster“ das Comeback-Album. Dann steht die große Tour an. Am 17. Dezember steht das nächste Heimspiel an, dann in der Lanxess-Arena.