Deiters-Chef Herbert GeissLob für Düsseldorf, aber Rüffel für Köln

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Herbert Geiss zu Besuch in der EXPRESS-Redaktion. Er erklärt, warum er sich schon früh durchsetzen musste.

von Jan Wördenweber (jan)

Köln – Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und übernahm früh Verantwortung im Familienunternehmen: Deiters-Chef Herbert Geiss hat in den vergangenen Jahren Filialen in Berlin, Stuttgart und Hamburg aufgebaut und ist weiter auf Expansions-Kurs.

Beim EXPRESS-Besuch redet Geiss über seine Zukunftspläne – und die Kölner Verwaltung.

Herr Geiss, Ihr Unternehmen ist bekannt für sein rasantes Wachstum. Wo expandiert Deiters in diesem Jahr? Herbert Geiss: Sie haben recht, wir treten nach wie vor aufs Gaspedal und schauen, wo wir wachsen können. Das ist allerdings nicht so einfach, denn es gibt da keine Erhebungen oder Statistiken, wo ein neuer Laden Sinn macht. Für uns ist der Faktor „Jeck“ entscheidend, bei unseren Entscheidungen spielt das Bauchgefühl eine wichtige Rolle. So haben wir jetzt in Trier nahe der Porta Nigra ein Geschäft eröffnet und decken damit ein großes Einzugsgebiet ab: Die Eifel, Saarbrücken, Luxemburg.

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Gibt es weitere Pläne? Herbert Geiss: Wir werden noch vier Geschäfte eröffnen: Wir renovieren gerade ein Objekt in Remscheid, Krefeld kommt hinzu, und wir gehen nach nach Viernheim, das ist nordöstlich von Mannheim, dort versuchen wir uns erstmals in einem großen Shopping-Center. Also insgesamt eröffnen wir dieses Jahr fünf neue Geschäfte.

Braucht es denn die Expansion? Der Jeck könnte auch online bestellen... Herbert Geiss: Könnte er, wir haben auch online starke Zuwächse. Aber wir sind ein Fachmarkt. Wenn wir ein Geschäft in Trier eröffnen, dann ist das für die Leute eine große Freude. Bei uns ist es dann doch oft Erlebniseinkauf im Vergleich zu anderen Einzelhandelsgeschäften. Bis dato haben sie vielleicht online gekauft oder sind nach Köln gefahren. Sehen Sie: Der Kölner kauft sich seine Lederhose oder sein Dirndl ja auch in Köln und fährt damit nach München zum Oktoberfest. Und außerdem ist es einfach so, dass die Begeisterung für Verkleidungen und Mottopartys nicht nur in den Karnevalshochburgen groß ist.

Wie groß ist das wirtschaftliche Risiko der ständigen Expansion? Herbert Geiss: Natürlich gibt es ein Risiko. Denn das alles hat schon viel mit Mut, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit zu tun. Und eben auch damit verbunden mit Risiko. Aber wir machen kein Harakiri, wir  haben Erfahrung, wir sind vom Fach und überzeugt, dass wir noch weiter wachsen können.

Gibt es auch Träume, eventuell mal eine Filiale in Rio zu eröffnen? Herbert Geiss: Es gibt Ideen. Und es wird irgendwann sicherlich mal den  Punkt geben, wo wir ins Ausland gehen.

Wohin genau? Herbert Geiss: Ob es Holland wird oder die Schweiz... Das wären so die ersten zwei Länder. Es gab auch schon Überlegungen, am Ballermann ein Geschäft aufzumachen. Aber erst einmal haben wir mit den fünf neuen Filialen genug zu tun.

Wo befinden sich aus wirtschaftlicher Sicht die Jeckenhochburgen abseits des Rheinlands? Herbert Geiss: Stuttgart war eine Überraschung. Das hätte ich nicht gedacht. Und Berlin ist zu Halloween eine unserer stärksten Filialen, das stellt sogar das Rheinland in den Schatten.

Wo lassen Sie die Kostüme produzieren? Herbert Geiss: In China. Man muss es so sagen: Wenn wir in Deutschland fertigen lassen würden, würde es am Ende das Doppelte kosten. Die Lohnkosten in China sind nun mal anders. Unsere Fabriken werden sehr professionell geführt, mit den Jahren sind da auch vertrauensvolle Bindungen entstanden.

Wie oft sind Sie selbst in China vor Ort? Herbert Geiss: Etwa zwei- bis dreimal im Jahr. Der gegenseitige Austausch ist sehr wichtig. Wir haben da langjährige, gute Partner und gehen sehr vertrauensvoll und gut miteinander um.

Verstehen die Chinesen, was Sie da machen? Herbert Geiss: Am Anfang war das natürlich schon komplettes Neuland und eine andere Welt. Aber jetzt: Ja, die sind voll mit dabei und kommen sogar schon mit eigenen Ideen. Das ist sensationell!

Sie haben recht früh Verantwortung übernommen, als Sie das Geschäft übernommen haben. Sie haben sich damals als Erstes von den Spielsachen im Angebot getrennt? Wie groß waren die Widerstände? Herbert Geiss: Es hat mich schon viel Kraft gekostet, mich da durchzusetzen. Das ist vielleicht auch eine Charaktereigenschaft von mir.  Es ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, als mein Vater gestorben ist, wie stolz er auf das war, was ich geleistet habe. Wenn mein Sohn eines Tages den Laden von mir übernehmen sollte und alles anders macht, aber damit so einen Erfolg hat  – ich wüsste nichts anderes als Stolz zu empfinden.

Warum steht das größte Karnevalskaufhaus der Welt nicht in Köln, sondern in Frechen? Herbert Geiss: Mit der Filiale in Marsdorf, die ich damals übernommen hatte, gab es diverse Unstimmigkeiten mit der Stadt. Wir wollten wachsen, aber das war nach den Richtlinien der Stadt so nicht möglich. Also waren wir gezwungen, einen anderen Standort zu suchen. Dann haben wir uns an die Wirtschaftsförderung der Stadt Köln gewandt und gesagt, dass wir im zweistelligen Millionenbereich bauen wollen. 

Und was passierte dann? Herbert Geiss: Ich bin eingeladen worden, habe aber nie ein Angebot bekommen. Dann haben wir uns weiter umgeschaut und haben uns nach Frechen orientiert. Und da war alles möglich.

Woran liegt das? Herbert Geiss: Die Stadt Frechen wollte und hat dafür gekämpft – und die Stadt Köln wollte nicht kämpfen. Wir wären schon gern in Köln geblieben. Das hat schon ein bisschen Herzschmerz bei mir verursacht. Ich bin schließlich in Köln geboren und habe hier angefangen.

Was vermissen Sie am meisten von Ihrer Mutterstadt Colonia als Wirtschaftsstandort? Herbert Geiss: Die Stadtverwaltung muss vor allem schneller und unkomplizierter arbeiten. Man hat bei der Stadt – ob im privaten oder gewerblichen Bereich – immer das Gefühl, dass die Verwaltung alles aussitzen möchte.

Wenn wir uns für einen Standort entscheiden, dann braucht das mit der Stadt Köln von der Findung bis zur Eröffnung in der Regel ein bis zwei Jahre. Wir selbst wären in vier Wochen so weit. 

Wie sieht das in anderen Städten aus? Herbert Geiss: Da beweisen wir es ja jedes Jahr mehrfach. Da dauert es wirklich manchmal von der Unterzeichnung des Mietvertrags bis zur Eröffnung nur vier Wochen. Wir haben sehr gute Erfahrungen in Düsseldorf gemacht, auch wenn man das hier nicht sagen darf...

Doch, doch – natürlich... Herbert Geiss: Ich gebe mal ein ganz einfaches Beispiel: Hängen Sie mal eine Werbeanlage an einem Objekt von uns in Köln auf, dann haben sie  innerhalb von 24 Stunden ein Schreiben vom Bauamt da liegen, weil Sie das nicht dürfen.

Daraufhin geben Sie einen Bauantrag ab und kriegen nach vier Monaten immer noch keine Antwort. Man muss einfach sagen: Das, was wir in Frechen hinbekommen haben – auch in der Zeit – wäre in Köln unmöglich gewesen. (exfo)