Köln – Die ehemalige EXPRESS-Praktikantin Carina erzählt, was ihr im Sommer 2020 in Köln widerfahren ist:

Freitagabend, 18 Uhr, Kölner Hauptbahnhof: Das Thermometer zeigte über 30 Grad und ich wollte mir nach meinem Arbeitstag in der EXPRESS-Redaktion gemeinsam mit meiner Assistentin bei Rewe To Go ein Eis kaufen, um mich ein bisschen zu erfrischen.

Rewe: Blindenhund darf nicht in den Laden

Doch dann das böse Erwachen: Am Eingang stellte sich uns ein Mitarbeiter in den Weg. Der Grund: Mein Blindenführhund Pitou sollte draußen bleiben. Und das, obwohl er ein anerkanntes Hilfsmittel ist und ich ihn brauche, da ich von Geburt an blind bin.

Die Filialleiterin, die wenig später vom Mitarbeiter hinzugezogen wurde, war auch der Meinung, dass Pitou das Geschäft nicht betreten dürfe. Sie sehe zwar, dass er ein Hilfsmittel sei, aber er wäre als Hund ein Hygienerisiko für unverpackte Lebensmittel.

Das war dann wohl ein höflicher Rausschmiss.

Das Eis konnte ich vergessen, aber das Thema ließ mich nicht mehr los. Es muss doch Gesetze geben, in denen das geregelt ist.

So reagiert Rewe auf den Zwischenfall in Kölner Filiale

Auf Anfrage unserer Redaktion teilte Rewe mit, dass alle Personen, die auf einen Assistenzhund angewiesen seien, diesen auch zum Einkaufen in den Supermarkt mitbringen dürfen. Über diese langjährige Regelung würden die Mitarbeiter regelmäßig unterrichtet.

So solle auch bei einem Mitarbeiterwechsel in einzelnen Filialen der Kenntnisstand aller Beschäftigten auf gleichem Niveau gehalten werden.

Nennenswerte Probleme seien dem Kölner Unternehmen nicht bekannt, würden aber schnellstmöglich mit den entsprechenden Angestellten geklärt. Auf meine Anmerkung hin, dass es in der Filiale am Hauptbahnhof zu Problemen gekommen sei, wurde mir mitgeteilt, dass das Personal noch einmal über diese Regelung unterrichtet würde.

Aber nicht nur bei Rewe To go kommt es zu Zutrittsproblemen mit Assistenzhunden. Immer wieder gibt es Berichte über Assistenzhundteams, denen der Zutritt zu Geschäften, Arztpraxen oder Restaurants verweigert wurde.

Zutritt von Assistenzhunden: Das sagt das Gesetz

Anders als in den USA und Österreich gibt es in Deutschland kein Assistenzhunde-Gesetz. Jedoch lässt sich das Recht zur Mitnahme von Assistenzhunden aus verschiedenen Gesetzen ableiten.

So heißt es beispielsweise im Behindertengleichstellungsgesetz, dass Barrierefreiheit nur dann gegeben ist, wenn etwas für diese Menschen ohne fremde Hilfe auf dem herkömmlichen Wege zugänglich ist. Behinderungsbedingt notwendige Hilfsmittel – also auch Assistenzhunde – sind dabei ausdrücklich erlaubt.

Darüber hinaus geht aus vielen Gesetzen hervor, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht benachteiligt oder gar diskriminiert werden dürfen.

Kampagne „Assistenzhund willkommen“ der Pfotenpiloten

Die gemeinnützige Organisation Pfotenpiloten startete 2019 eine Kampagne, die Ende 2022 ausläuft. Thema dieser Kampagne ist, die Zutrittsrechte von Assistenzhundteams zu stärken und bei Entscheidungsträgern und der Bevölkerung für Verständnis zu werben.

Für die Kampagne wurden spezielle Aufkleber, ein Infofilm, Plakate und Broschüren entwickelt. Besonders wichtig sind die Aufkleber mit der Aufschrift „Assistenzhund willkommen“, welche an öffentlichen, assistenzhundfreundlichen Orten angebracht werden.

Einige dieser Aufkleber befinden sich zum Beispiel an städtischen Gebäuden der Stadt Köln, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine assistenzhundfreundliche Stadt zu werden.

Ein weiterer Bestandteil der Kampagne ist die sogenannte Dogmap. Auf dieser interaktiven Karte können (Assistenz)Hundehalter Orte als hundefreundlich, assistenzhundfreundlich oder als Zutrittsbarriere kennzeichnen. So wird sichtbar, wo Assistenzhunde erwünscht sind und wo noch Aufklärungsbedarf besteht.