Homosexueller ArztEuskirchener darf kein Blut spenden – trotz Mangel an Konserven

Können die Haltung der Bundesärztekammer nicht nachvollziehen: Florian (l.) und Christian Ramolla.

Können die Haltung der Bundesärztekammer nicht nachvollziehen: Florian (l.) und Christian Ramolla.

Euskirchen – Warum dürfen Männer, die mit Männern Sex haben, kein Blut spenden? Diese Frage stellt sich der Mediziner Christian Ramolla.

Der 44-jährige Arzt aus dem Kreis Euskirchen wäre bei seiner Blutgruppe 0, Rhesus negativ universell einsetzbar. Aber er darf nicht spenden.

„Ich werde von der Blutspende ausgeschlossen, weil mir beim Frühstück keine Frau, sondern ein Mann am Tisch gegenübersitzt“, sagte Ramolla jetzt dem „Kölner Stadt-Anzeiger”.

Alles zum Thema Homosexualität

Seit zwei Jahren ist der der Arzt mit seinem Partner Florian verheiratet. Doch als Blutspender kommen beide Männer nicht infrage. „Vor ein paar Jahren habe ich mal eine Blutspende erhalten und wollte quasi aus Dankbarkeit selbst Blut spenden“, erinnert sich Florian Ramolla. Doch als er erklärte, homosexuell zu sein, sei ihm das verwehrt worden.

Als Mediziner weiß er um das Risiko

Christian Ramolla spricht in dem Bericht nicht von Diskriminierung. Im Gegenteil. Als Mediziner weiß er um das Risiko: „Es ist unbestritten, dass sexuell aktive Menschen mit gewissen Verhaltensweisen ihr Risiko, eine Infektion wie zum Beispiel HIV oder Hepatitis zu erleiden, steigern können.“

Doch dies gelte nicht ausschließlich für homosexuelle Männer, so Christian Ramolla weiter. Es betreffe alle, die ohne Kondom risikoreichen Sex haben.

Viren machen keinen Unterschied zwischen homo oder hetero

„Viren machen keinen Unterschied zwischen Freiern, die für den Kondomverzicht noch zehn Euro drauflegen, jungen Frauen, die in einer Bierlaune gefühlsechten Sex haben wollen, oder Menschen, deren sexuelle Vorliebe sie in dunkle Keller zu anonymen Sex führt“, so der Mediziner, der sich im „Kölner Stadt-Anzeiger” als Privatperson äußert und nicht in seiner Eigenschaft als Kreismitarbeiter.

Schutz der Blutempfänger hat Priorität

Laut Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat der Schutz der Blutempfänger absolute Priorität. Die Frage, wer Blut spenden dürfe und wer nicht, sei keine politische, sondern eine rein fachliche.

Im Transfusionsgesetz sei daher festgeschrieben, dass die Bundesärztekammer und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Kriterien über die Zulassung festlegen.

Homosexualität kein Ausschlusskriterium

Es treffe nicht zu, dass Homosexualität ein Ausschlusskriterium fürs Blutspenden sei, teilt das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger” mit. Es gehe um „Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben“. So lautet der Begriff, der in Bezug auf Blutspenden von den Behörden benutzt und mit MSM abgekürzt wird.

Gröhe: „Es geht nicht um politische Wünsche, sondern um Sicherheit. Die deutsche Regelung folgt zu Recht einer Risikobewertung durch Ärzte und Wissenschaftler.“ Die Richtlinie werde gerade von der Bundesärztekammer, Wissenschaftlern und Fachverbänden überarbeitet.

Ausnahmslos alle Blutspenden auf HIV getestet

Zwar werden laut Ministerium ausnahmslos alle Blutspenden auf HIV getestet. Jedoch habe jedes Testsystem seine Grenzen.

Dieses Risiko lasse sich minimieren, aber nicht komplett ausschließen. Um dieses Risiko zu verringern, gebe es eine Rückstellung oder einen Ausschluss von Menschen mit einem individuellen Risiko und von Menschen mit einem epidemiologisch begründeten Gruppenrisiko.

Das Ministerium geht mit Verweis auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts davon aus, dass es Ende 2015 rund 85.000 HIV-Infizierte in Deutschland gab, davon 70.000 Männer. 11.000 Männer hätten die Infektion durch heterosexuelle Kontakte erworben, 54.000 über MSM-Kontakte.

Im Jahr 2015 hätten sich geschätzt etwa 3200 Menschen mit HIV infiziert. Darunter seien rund 2200 MSM (68 Prozent).

(sch)

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