„Wir haben Angst aufzutreten“Am 11.11.: Kölner Band fühlt sich bedroht – Musikszene reagiert

Arsch huh in der Lanxess-Arena, Auftritt von Planschemalöör.

Beim Finale von „30 Jahre Arsch huh – wachsam bleiben“ standen die teilnehmenden Bands kurz nach Mitternacht demonstrativ hinter Planschemalöör. 

Planschemalöör-Sänger Juri Rother erzählte im Rahmen von „30 Jahre Arsch huh – wachsam bleiben“ von einer Bedrohung gegen ihn. Die Musikszene demonstrierte Geschlossenheit und stärkte ihm den Rücken.

von Marcel Schwamborn (msw)

Es war schon nach Mitternacht, als Sänger Juri Rother (31) die Menschen bei der Jubiläums-Kundgebung „30 Jahre Arsch huh – wachsam bleiben“ in der Lanxess-Arena aufforderte, die Handy-Lichter einzuschalten. Dann sang er mit seiner Band Planschemalöör den Song „Heimat“.

Was vielleicht wie ein stimmungsvoller Einstieg in den 11.11. gewirkt haben könnte, hatte einen überaus ernsten Hintergrund. Die zahlreichen anderen Musikerinnen und Musiker des Abends, die sich demonstrativ hinter dem Quartett aufgebaut hatten, demonstrierten Einigkeit und Zusammenhalt.

Planschemalöör: Sänger Juri Rother fand Zettel an seiner Haustür

Der Hintergrund: Zwei Tage vor der „Arsch huh“-Veranstaltung fand Rother einen Zettel an seiner Haustür. Planschemalöör hatten darauf verzichtet, bei einer Veranstaltung aufzutreten, bei der auch der Musikzug „Ihrefelder Zigeuner“ eingeladen war. Als Zigeuner habe sich der Kölner Sänger selbst schon oft beschimpfen lassen müssen.

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Mit den Karnevalisten sei man im Diskurs, sagte Rother. „Da ist alles gut“. Diese streben nämlich bereits seit März 2021 eine Namensänderung hin zu „Kölsche Inseljecke“ an. Es fehlt jedoch noch die offizielle Eintragung in das Vereinsregister.

Aber die Bedrohung nimmt der Sänger ernst. „Ich werd’s jetzt sagen, wie es ist: Leider ist jetzt in dieser Diskussion etwas passiert, was dafür sorgt, dass wir gerade Angst haben aufzutreten. Wir haben Angst, vor die Tür zu gehen. Es ist leider etwas passiert, dass diese Diskussion gesprengt hat und ein Limit ist überschritten worden.“

Peter Brings (58) und Kasalla-Sänger Bastian Campmann (45) lasen vor, was auf dem Zettel stand, der an Rothers Haustür klebte: „Juri Rother, Zigeunerf***. Denk nicht, du könntest was an unserem Brauchtum ändern. Wir sind, wer wir sind. Solltest du noch einmal, irgendeinen Zigeuner- oder Indianer-Schwachsinn in der Öffentlichkeit von dir geben, werden wir uns um dich kümmern. Wir kennen eure Termine. Sieh das als erste und letzte Warnung. Deutschland den Deutschen, Kölsch den Kölschen.“

Der Brings-Frontmann war emotional mächtig aufgewühlt. „Bis jetzt gab’s eine Diskussion darüber, ob man sich als Indianer oder Zigeuner verkleiden kann. Jetzt sind wir an einem anderen Punkt. Jetzt werden hier Kollegen von uns bedroht. Auch dafür gibt es ‚Arsch huh‘. Wir stehen hinter dieser Band – mit allen Kollegen.“

Planschemalöör: Unterstützung von Brings, Kasalla und vielen anderen Bands

„Ich habe das Privileg, hier zu stehen und euch von diesem Zettel zu erzählen“, ergänzte Rother. „Aber da draußen gibt es unglaublich viele Menschen, die vielleicht keinen Zettel an der Tür haben, aber die den Hass, der da draufsteht, jedes Mal, jeden Tag erleben. Dort wird das Brauchtum missbraucht für Rassismus. Lasst uns nicht nur darüber reden und singen, bunt zu sein. Lasst uns das auch leben.“

Planschemalöör sollten am Donnerstag eigentlich im ersten Teil des Konzerts mit ihrem Song „Keinen Millimeter“ auftreten. Aufgrund der aktuellen Ereignisse traten sie dann doch erst zum Finale – mit der großen Unterstützung der Musikszene – und ihrem „Heimat“-Song auf. Es war ein Ende, das nachdenklich stimmte.