Box-Promoter-Legende rechnet abNartz: „Der Fisch stinkt vom Kopf!"

Nartz Header

Jean Marcel Nartz in seinem Keller, wo er seine Box-Schätze und -Erinnerungen aufbewahrt.

von Arno Schmitz (schmi)

Köln – Zwei der drei „wichtigsten Personen“, die Jean-Marcel Nartz (71) in seinem Leben begegnet sind, waren Boxer. Die drei, das waren Konrad Adenauer, Muhammad Ali und Max Schmeling. „Als ich das mal Henry Maske  erklärt habe, war er doch sehr pikiert“, schmunzelt Nartz, der als Promoter die goldenen Zeiten des deutschen Boxsports erlebt hat.

EXPRESS-Hausbesuch bei „Mister Boxing“, der über drei Jahrzehnte lang bei fast jedem Profi-Kampf in Deutschland als Matchmaker für Universum oder Sauerland mit die Fäden zog, ehe er sich 2009 aus dem großen Geschäft zurückzog.

Ali-Buch für 8000 Dollar

Nartz  zeigt uns in seinem privaten „Keller-Museum“ seine schönsten Erinnerungen und größten Schätze. Das Buch „Goat – A Tribute to Muhammad Ali“ kaufte er 2003 in der auf 1000 Stück limitierten „Champs Edition“ für 8000 Dollar.

Alles zum Thema Konrad Adenauer

Seitdem hat er es nur mit den mitgelieferten weißen Seidenhandschuhen angefasst – und noch immer keine  passende Vitrine gefunden: „Ich weiß genau, wie  sie aussehen soll, habe sie aber noch nicht gefunden, ich werde wohl mal einen befreundeten Schreiner fragen müssen.“

Er kochte für Adenauer

Als Ali 1984 die Düsseldorfer EXPRESS-Redaktion besuchte, dolmetschte Nartz für die Anrufer: „Ohne Honorar, das war mir eine Ehre.“

So wie es ihm 1964  als 18-Jährigen eine Ehre war, für Bundeskanzler Konrad Adenauer (†1967) zu kochen und dessen Lob zu bekommen: „Er sagte: »Jungs, dat habt ihr jut jemacht.“

Und Max Schmeling sagte „Jung, ich tu dir doch nix“, als Nartz ihn erstmals um ein Autogramm bat:  „Mir standen die Haare zu Berge, ich hab’ gezittert vor dieser Persönlichkeit, aber dann war er so kumpelhaft.“

Aber wo sind sie heute, diese Persönlichkeiten? Warum dümpelt das Boxen vor sich hin?

Knallharte Abrechnung

„Weltweit  ist Top-Boxen, wirklich Top-Boxen“, holt Nartz aus: „Sieht man von Deutschland mal ab.“

Dann rechnet er gnadenlos mit dem BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) ab. „Schlimmer kann es nicht mehr werden“, schimpft Nartz.  „Man kann wirklich sagen: Der Fisch fängt am  Kopf an zu stinken! Ich bin nicht mehr im Deutschen Verband   (sondern in Luxemburg/d. Red.) seit zwei Jahren, weil ich gesagt habe: Die Betrügereien mach’ ich nicht mehr mit, mit Doping und allem, was da schiefläuft. Pütz und Grill haben ihre eigenen Gesetze.“

BDB-Präsident Thomas Pütz und Vize Volker Grill „drehen feststehende Resultate  einfach um“, klagt Nartz an: „Das ist die Wahrheit.“

Punktrichter überstimmt

Er nennt Beispiele, wie den Frauen-Fight zwischen Amira Hamzaoui und Raja Amasheh (Oktober 2014), den die Französin Hamzaoui zunächst nach Punkten gewann.  „Was macht der BDB?“, fragt Nartz und gibt selbst die Antwort: „Die sagen einfach: Amasheh  bleibt WBC-Silbermeisterin,  weil die Punktrichter verkehrt gepunktet haben!“

Auch dass Schwergewichtler Erkan Teper, bei der European Boxing Union (EBU) wegen Dopings noch bis Juli diesen Jahres gesperrt, unter Leitung des BDB schon wieder dreimal geboxt habe, ist für Nartz ein No-go: „Die machen, was sie wollen, ohne Rücksicht auf Verluste.“

Pütz habe einen positiven Doping-Befund nicht wie vorgeschrieben der EBU gemeldet, sondern Teper nur „kurzhändig für sechs Monate gesperrt und nach vier Monaten wieder begnadigt, weil eine Europameisterschaft anstand“, schimpft Nartz.

Nicht mit diesem Verband

Dass der BDB nicht mehr mit in der Kanzel der EBU vertreten sei, sage ja alles aus, so Nartz: „Da war Deutschland über Jahrzehnte immer vertreten, jetzt sind sie zweimal rausgeflogen und müssen hoffen, dass beim nächsten Mal wieder für sie abgestimmt wird.“

Auf die Stimme von Nartz dürften die Herren wohl nicht hoffen, wenn der denn mitstimmen würde. Der fordert nämlich unmissverständlich einen Wechsel an der Spitze des Deutschen Berufsboxens: „Es fängt damit an: Es gibt Leute,  die wären bereit, was zu machen und zu investieren – aber eben nicht mit diesem Verband…“

Groll oder Verbitterung hege er nicht, versichert Nartz: „Mir geht es gut. Ich bin im luxemburgischen Verband gut aufgehoben und arbeite für die WBF, einen der kleineren  Weltverbände, als Punktrichter oder Supervisor. Ich war zuletzt in  Marokko, in  Namibia und Guyana – ich kann was von  den Ländern sehen, das Leben genießen und bin immer noch beim Boxen.“

Nur mit dem deutschen Boxen, da hat er nichts mehr am Hut – und das ist dann doch irgendwie schade.

Er lockte  20 Millionen vor den Fernseher

Jean Marcel Nartz arbeitete für die Boxställe Universum und Sauerland, hat als sogenannter Matchmaker  bei 272 Kampftagen die Gegner der Stars ausgesucht. Zu diesen  zählten René Weller, Axel Schulz, Henry Maske, Sven Ottke oder   die Rocchigiani-Brüder.  Graciano Rocchigiani bezeichnet Nartz noch heute als sein „Baby“. Mit Kämpfen von Schulz oder Maske erreichte RTL absolute Top-TV-Quoten. Den Fight Maskes gegen  Virgil Hill 1996 sahen in der Spitze 19,33 Millionen Zuschauer.