„Hetze“, „beschämend“, „untragbar“Breite öffentliche Front gegen Fans von Bayer Leverkusen

Fans von Bayer Leverkusen halten ein queerfeindliches Plakat hoch

Queerfeindliches Banner der Fans von Bayer Leverkusen am 25. November 2023 im Auswärtsspiel bei Werder Bremen.

Während die Fußball-Mannschaft auf dem Rasen viele Menschen in ganz Deutschland verzückt, fallen die Fans von Bayer Leverkusen derzeit negativ auf. Es hagelt teils heftige Reaktionen.

Der Plakat-Eklat von Bremen zieht weitere Kreise. Fans von Bayer 04 Leverkusen hatten am Samstag (25. November 2023) im Gästeblock des Weser-Stadions ein queer-feindliches Banner hochgehalten (EXPRESS.de berichtete).

„Es gibt viele Musikrichtungen, aber nur 2 Geschlechter“, hieß es dort – was nicht nur auf Social-Media-Plattformen, sondern auch bei Bayer-Geschäftsführer Fernando Carro für heftige Kritik („geschmacklos und falsch“) sorgte. 

Personen des öffentlichen Lebens reagieren auf Queerfeindlichkeit

Im Gespräch mit EXPRESS.de stimmte bereits Hugo Winkels von ColognePride mit ein, nun legen weitere Personen des öffentlichen Lebens nach.

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„Dieses Banner zeigt nicht nur eine queerfeindliche Haltung einiger Fans im Stadion. Es schürt auch eine Atmosphäre, die unter anderem der Grund dafür ist, dass Profifußballer heutzutage Angst haben, sich zu outen“, sagt Ricarda Hofmann, Podcasterin und Gewinnerin der EXPRESS QUEER AWARDS 2023. „Darum sollte auch im Fußball in Sachen Geschlechtervielfalt das Ziel sein: Fair Play.“

Lars Tönsfeuerborn, ebenfalls Podcaster und Gewinner der ersten Prince-Charming-Staffel 2019, erklärt: „Es ist traurig, sowas im Jahr 2023 immer noch sehen zu müssen.“ Gerade im Fußball sei das Thema rund um die queere Community noch immer ein Tabu. „Es wird Zeit, dass der DFB und auch alle Vereinsfunktionäre aufhören mit Pinkwashing und sich gezielt für die Rechte aller Menschen einsetzen und Verantwortung übernehmen. Toleranz, Gleichheit, Akzeptanz! Dies sollten, gerade in Zeiten eines enormen Rechtsrucks bei uns in Deutschland und in Europa, die Werte eines jeden Menschen sein.“

LGBTQI+

Diese queeren Stars sind (oder waren) in einer öffentlichen Beziehung

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Der Kölner Verein anyway, ebenfalls siegreich bei den EXPRESS QUEER AWARDS 2023, erkennt eine politische Motivation hinter der Aussage. Rabea Maas, geschäftsführende Vorständin des Vereins, sagt: „Derartige Äußerungen reihen sich ein in die Wortmeldungen extrem rechter Strömungen, die bewusst gegen Minderheiten wie nicht-binäre oder intergeschlechtliche Menschen sowie die LSBTIQ*-Community insgesamt hetzen“, sagt Rabea Maas, geschäftsführende Vorständin des Vereins. „Fakt ist: In Deutschland gibt es, übrigens eingeführt unter einem Bundesinnenminister der CSU, offiziell drei anerkannte Geschlechter. Auch andere Länder erlauben mehr als zwei Geschlechter im Personalausweis. Das anzuerkennen, tut niemandem weh, hilft aber Betroffenen.“

Ähnlich reagiert auch Podcasterin Madita Haustein. „Fußball ist die populärste Sportart in Deutschland – und das in jeder Altersgruppe. Viele Freund:innen meiner Kinder gehen regelmäßig mit ihren Eltern (meist Vätern) ins Stadion“, sagt sie. „Fußball hätte die Chance, ein Event für die ganze Familie zu sein. Dass „Fans“ die Bühne des Stadions ungestraft für ihre feindseligen Parolen nutzen, macht diesen Sport für mich als Mutter, queere Frau und Feministin untragbar. In der Verantwortung stehen der Verein und der DFB. Das Stadion muss ein Safe Space sein, keine Tummelwiese für rechtspolitische Proleten.“

„Es kann denen doch scheißegal sein“

Arielle Rippegather, bekannt unter anderem aus den Fernseh-Formaten DSDS und „Naked Attraction“, findet die Aktion der Bayer-Leverkusen-Fans unterste Schublade, wie sie EXPRESS.de erklärt. „Es kann denen doch scheißegal sein, wie viele Geschlechter es gibt“, sagt die Transfrau. Es tue niemandem weh, „wenn sich Menschen nicht in männlich und weiblich einordnen können. Schade, dass Menschen so handeln. Besonders im Fußballstadion herrscht noch eine ganz andere Zeit – das ist sehr, sehr traurig.“

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Weitere Stimmen aus der Wirtschaft kritisieren die Banner ebenfalls hart. „Die GGLBC (LGBTIQ Business Chamber) betrachtet das jüngst aufgezeigte Banner der Leverkusen-Fans mit Besorgnis. Die Behauptung, es gäbe nur zwei Geschlechter, zeigt eine Notwendigkeit der breiteren Aufklärung zur Geschlechteridentität“, teilt Fabienne Stordiau im Namen aller Vorstände der GGLBC auf Anfrage von EXPRESS.de mit. Fußball solle ein Ort der Gemeinschaft sein, der alle Menschen einbeziehe. „Wir hoffen, dass dieser Vorfall als Anlass genommen wird, Sensibilisierungsmaßnahmen zu ergreifen und eine inklusivere Fan-Kultur zu fördern“. Es sei wichtig zu betonen, dass Deutschland seit 2018 die Existenz von mehr als zwei Geschlechtern rechtlich anerkenne. „Die GGLBC steht für Vielfalt und Respekt und ruft alle Fans dazu auf, sich für eine respektvolle und inklusive Atmosphäre im Stadion einzusetzen.“

Frank Sarfeld, Leiter Politik und Kommunikation Völklinger Kreis, ergänzt: „Fußball als die große Volkssportart ist eine großartige Chance, über Grenzen von Sprache, Herkunft, Beruf und gesellschaftlicher Stellung hinweg Gemeinschaft zu erleben. Leider sind einige Menschen sichtlich zu engstirnig dafür. Das Plakat ist einfach nur traurig und beschämend.“