Neun-Euro-Ticket„Ungerechtfertigte Bereicherung“? Darum müssen ärmere Familien jetzt Geld zurückzahlen

Die Hand eines Mannes hält ein Neun-Euro-Ticket. Auf einem Bahnsteig wartet dabei ein Regionalzug der Deutschen Bahn auf die Abfahrt.

Das Neun-Euro-Ticket sorgt bei Hartz-IV-Bedürftigen für Ärger. Das Foto vom 1. Juni 2022 zeigt ein Neun-Euro-Ticket an einem Bahnhof.

Aufgrund des Neun-Euro-Tickets müssen Hartz-IV-Haushalte zahlen: Das Jobcenter könnte in einigen Bundesländern Geld einfordern.

Eigentlich soll das Neun-Euro-Ticket Menschen viel Geld sparen, doch jetzt müssen ausgerechnet Hartz-IV-Empfänger und -Empfängerinnen zurückzahlen: Das Jobcenter könnte einen Teil der Ersparnisse einfordern.

Nutzen die Kinder eines Hartz-IV-Haushaltes eine Schülerfahrkarte, müssen sich die Familien in einigen Bundesländern darauf einstellen, Geld zurückzuzahlen. Das Problem: Das Neun-Euro-Ticket verringert den regulären Preis der Monatstickets. 

„Ungerechtfertigte Bereicherung“: Hartz-IV-Empfänger müssen zahlen

Ursprünglich kosten diese Monatskarten für Schüler und Schülerinnen in vielen Bundesländern um die 50 Euro – da ist das Neun-Euro-Ticket für betroffene Familien eine deutliche Entlastung. Es kann im Juni, Juli und August 2022 nicht nur in Regionalbahnen, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr genutzt werden.

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Die Kosten für diese Schülertickets werden vom Jobcenter mit übernommen. Durch die Vergünstigungen ergibt sich allerdings in vielen Fällen eine Differenz zum Zahlbetrag, die vom Amt zurückgefordert werden kann, wie die Website Hartz-IV.org berichtet. Andernfalls handle es sich um eine „ungerechtfertigte Bereicherung“, so das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg.

In Thüringen, Bayern und Niedersachsen wird diese Ansicht geteilt. Auch hier müssen sich Hartz-IV-Bedürftige darauf einstellen, dass sie Geld zurückzahlen müssen. Schließlich soll eine „ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber Nichtleistungsbezieher/innen vermieden werden“.

Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Brandenburg sind offenbar anderer Meinung. Hier soll auf eine Rückforderung verzichtet werden, da das Ticket als eine Leistung aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket angesehen wird. Eine bundesweite Regelung gibt es jedenfalls nicht. Einige Bundesländer wissen noch nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. Letztlich ist vor allem entscheidend, was das jeweilige Jobcenter sagt. Betroffene müssen vorerst wohl erst einmal abwarten.

„Menschenverachtend und pervers“: Kritik an Neun-Euro-Ticket-Rückforderung

Im Netz reagieren viele User und Userinnen empört. „Wie menschenverachtend und pervers das Hartz-IV-System nach wie vor ist“ und „Jeder normal verdienende Bürger, der sich das Neun-Euro-Ticket kauft, hat dadurch einen Vorteil. Warum sollen Hartz-IV-Empfänger diesen Vorteil nicht haben?“ lauten beispielsweise Beiträge auf Twitter.

Ein Nutzer wird besonders deutlich: „Das ist deutsche Bürokratie on its best! Sowas gibt es nur hier. In manchen Städten können sich normalerweise Hartz-IV-Empfänger mit dem Beitrag für Fortbewegung nicht mal ein Monatsticket leisten. Aber wenn sie mal sparen können und was über haben, wird es ihnen wieder abgeknöpft.“ (gr)