Was bewog Donald Trump zur überstürzten Abreise vom G7-Gipfel in Kanada? Im ARD-„Morgenmagazin“ bezog Christoph Heusgen Stellung zu Sorgen, die USA könnten nun direkte Kriegspartei in Nahen Osten werden. Der Diplomat lieferte im Gespräch eine weit weniger dramatische Erklärung.
ARD-MorgenmagazinTop-Diplomat liefert erschreckend banale Erklärung für Trumps G7-Abreise

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Christoph Heusgen stellte sich im ARD-„Morgenmagazin“ den Fragen von Sabine Scholt. (Bild: ARD)
Gerade mal einen Tag lang blieb Donald Trump beim G7-Gipfel in Kanada. Dann reiste der US-Präsident plötzlich ab - und verwies auf die Eskalation des Krieges im Nahen Osten.
„Was ist da passiert?“, fragte am Dienstag Moderatorin Sabine Scholt den „erfahrenen Diplomaten“ Christoph Heusgen im „Morgenmagazin“ der ARD.
„Er mag es nicht, dass er einer unter vielen ist“
„Ganz klar kann man es von hier nicht sagen“, erwiderte der Ex-Merkel-Berater und ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Die Lesart, Trumps Abreise könne ein Hinweis darauf sein, dass die USA selbst in den Krieg einsteigen wollen, stellte er jedoch in Zweifel. „Ich glaube eher, es ist eine Geste von Trump, der das G7-Format gar nicht so gerne mag“, lieferte Heusgen eine andere, deutlich weniger dramatische Theorie.
Heusgen erinnerte daran, dass Trump nach einem G7-Gipfel während seiner ersten Amtszeit „das Kommuniqué zerrissen“ habe. In der aktuellen Auflage des Treffens habe er zudem die Entscheidung kritisiert, dass Russland nach der Annexion der Krim von der Teilnahme ausgeschlossen worden war. Heusgen: „Er hat einfach ein anderes Verständnis von G7.“
Den übrigen Staats- und Regierungschefs der G7-Nationen wollte der Sicherheitsexperte in Bezug auf Trumps Abreise jedoch ausdrücklich keinen Vorwurf machen: „Wir haben gesehen, dass die Europäer, die Kanadier und die Japaner alles getan haben, um Trump dabei zu behalten.“ Man habe sich um eine gemeinsame Erklärung bemüht. Niemandem könne vorgeworfen werden, dass der US-Präsident konfrontiert worden sei. „Aber es hat nicht ausgereicht, um Trump so zu interessieren, dass er am zweiten Tag noch dabei ist.“
Auf die wiederholte Nachfrage, ob die USA nicht doch aktiv in den Krieg zwischen Israel und Iran einsteigen könnten, zeigte sich der ARD-Gesprächsgast abermals zurückhaltend. Trumps Linie sei es bisher gewesen, sein Land aus militärischen Auseinandersetzungen herauszuhalten. „Das kann sich vielleicht geändert haben“, räumte Heusgen ein, in dem Fall würde die Abreise „Sinn machen“.
Ansonsten aber blieb er bei seiner Interpretation: „Ich sehe es als eine gewisse Geringschätzung dieses Formats. Er mag es nicht, dass er einer unter vielen ist. Er liebt es eher bilateral, da ist er sehr viel stärker, als wenn er einer größeren Gruppe gegenübersteht.“ (tsch)