Lage eskaliertIsrael greift Iran an: Atomanlagen getroffen, Generäle getötet – Ajatollah droht mit Vergeltung

Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eskaliert. Nach den Luftangriffen in der Nacht stellt sich Israel auf harte Gegenangriffe ein.

Der Konflikt zwischen Israel und der Islamischen Republik Iran eskaliert. Nach israelischen Luftangriffen, bei denen offenbar der Chef der Iranischen Revolutionsgarden getötet wurde, schließt der Iran seinen Luftraum und kündigt Vergeltung an. Eine israelische Airline streicht alle Flüge. 

Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei drohte Israel als Reaktion auf den nächtlichen Großangriff mit Vergeltung. Israel müsse mit „einer harten Bestrafung“ rechnen, wurde der Religionsführer in einer Mitteilung seines Büros zitiert.

Iran sperrt Luftraum – israelische Fluggesellschaft streicht alle Flüge

Israel habe sein „bösartiges Wesen“ durch Angriffe auf Wohngebiete „mehr als je zuvor offengelegt“, hieß es in der Mitteilung weiter. Chamenei bestätigte auch den Tod mehrerer Kommandeure und Wissenschaftler, die zu „Märtyrern“ geworden seien. 

Alles zum Thema Donald Trump

Den Worten folgten erste Taten: In den vergangenen Stunden seien mehr als 100 Drohnen in Richtung Israel geschickt worden. Die Armee sowie die Abwehrsysteme des Militärs arbeiteten daran, diese abzuschießen, sagte Israels Militärsprecher Effie Defrin.

Israel stellt sich anscheinend auf harte Gegenangriffe des Irans ein. Die Bevölkerung müsse Disziplin wahren, um Opfer zu vermeiden, sagt ein ranghoher Militär dem regierungsnahen Sender C14. „Die Iraner werden reagieren. Wenn die Bevölkerung (in Israel) diszipliniert bleibt, wird es nur wenige Verletzte geben“, sagte er demnach weiter. Anderenfalls seien viele Opfer zu befürchten. „Wir befinden uns im Krieg.“

Der Iran reagierte auf die Angriffe zunächst mit der Sperrung des Luftraums. Die Anordnung gelte bis auf Weiteres, hieß es in einer Erklärung der nationalen Luftfahrtbehörde. Die Landesbewohner seien angewiesen, nicht zu den Flughäfen zu fahren und sich selbstständig in den Medien über weitere Entwicklungen zu informieren. Bereits zuvor war der Betrieb am Hauptstadtflughafen in Teheran eingestellt worden.

Die israelische Fluggesellschaft El Al hat aus Sorge vor iranischen Gegenangriffen ihre für Freitag und Samstag aus und nach Israel geplanten Flüge storniert. „Angesichts der jüngsten sicherheitspolitischen Entwicklungen und gemäß den Anweisungen der Sicherheits- und Luftfahrtbehörden zur Schließung des Luftraums über Israel informiert die Fluggesellschaft El Al über die Einstellung ihrer Flüge von und nach Israel“, teilte die größte Luftlinie des Landes mit. Üblicherweise fliegt El Al auch in Kriegssituationen.

„Wir rufen die Passagiere auf, sich auf eine Übernachtung im Ausland einzustellen – bis eine Änderung der Sicherheitslage eintritt“, hieß es weiter in der Mitteilung. Flüge, die sich bereits auf dem Weg nach Israel befanden, seien zu anderen Flughäfen umgeleitet worden. „Auch alle Flüge, die von Israel starten sollten, sind bis auf Weiteres gestrichen.“

Generalstabschef und Chef der Revolutionsgarden tot

Bei einem der Luftangriffe sei Medienberichten zufolge der Chef der berüchtigten Iranischen Revolutionsgarden, Hossein Salami, getötet worden. Salami sei „bei dem Angriff des israelischen Regimes auf das IRGC-Hauptquartier getötet“ worden, meldete die örtliche Nachrichtenagentur Tasnim am Freitag unter Verwendung der Abkürzung für die iranischen Revolutionsgarden. Ähnliches berichtete die Nachrichtenagentur Mehr.

Am Morgen bestätige die iranische Nachrichtenagentur Tasnim auch den Tod Mohammad Bagheris. Zunächst hatte es nur aus israelischen Sicherheitskreisen geheißen, dass bei den Angriffen zudem „wahrscheinlich Mohammad Bagheri“, der Generalstabschef der iranischen Streitkräfte, „ausgeschaltet“ worden sei. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass „hochrangige Nuklearwissenschaftler bei dem ersten Schlag eliminiert wurden“.

Zudem wurde einem Bericht des iranischen Staatsfernsehens zufolge die wichtige Urananreicherungsanlage Natanz im Zentrum des Landes mehrfach getroffen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie dichter Rauch aus der Anlage aufstieg.

Die israelische Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass sie die erste Phase ihrer Angriffe auf den Iran abgeschlossen habe. Daran seien „Dutzende von Kampfflugzeugen der israelischen Luftwaffe“ beteiligt gewesen. Bei dem Einsatz seien iranische Militär- und Atomanlagen im ganzen Land getroffen worden. Die Angriffe galten demnach Dutzenden militärischen Zielen, „einschließlich nuklearen Ziele in verschiedenen Regionen des Iran“.

Bei seinen Angriffen traf Israel nach den Worten von Regierungschef Benjamin Netanjahu „das Herz“ des iranischen Atomprogramms zur Anreicherung von Uran. Zudem sei „das Herz von Irans Programm für ballistische Raketen“ getroffen worden. Die israelischen Angriffe richteten sich ihm zufolge gegen die Urananreicherungsanlage in Natanz und damit im Zusammenhang stehende Wissenschaftler. Der israelische Militäreinsatz gegen den Iran werde „so viele Tage wie nötig“ dauern.

Die USA sind nach Angaben der Regierung in Washington nicht an Israels Angriffen beteiligt. US-Präsident Donald Trump will sich am Freitag mit seinem Nationalen Sicherheitsrat besprechen – und hofft trotz des israelischen Großangriffs auf eine Rückkehr zu Verhandlungen. „Der Iran darf keine Atombombe haben, und wir hoffen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir werden sehen“, sagte Trump dem Sender Fox News. Im Falle iranischer Vergeltungsschläge seien die USA bereit, sowohl sich selbst als auch Israel zu verteidigen.

Trump hatte den Iran in den vergangenen Monaten mehrfach gewarnt, dass es ohne eine Einigung im Atomstreit zu einem Militäreinsatz kommen könnte. Am Sonntag sollte es Berichten zufolge erneut Gespräche geben – doch das war der Stand vor Israels Angriff. Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche hatte Trump dem Iran auch wiederholt mit Militärschlägen gedroht.

Am Donnerstagmittag hatte Trump noch gesagt, dass man einer Einigung mit Teheran sehr nah sei. Solange er glaube, dass es ein Abkommen geben werde, lehne er einen israelischen Angriff ab, sagte er bei einem Auftritt im Weißen Haus – rund acht Stunden vor Bekanntwerden des israelischen Angriffs: „Ich will nicht, dass sie reingehen, weil ich glaube, es könnte alles vermasseln.“ (afp/dpa)