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ARD-„Tatort“Meret Becker hört auf – letzter Fall endet mit Wucht und Feuerwerk

HANDOUT - 22.05.2022, Berlin: Nina Rubin (Meret Becker) in einer Szene des ARD-Krimis «Tatort - Das Mädchen, das allein nach Haus' geht» (undatierte Filmszene). Der letzte Berliner «Tatort» mit Meret Becker als Nina Rubin ist am 22. Mai im Ersten zu sehen.

Meret Becker als Nina Rubin im „Tatort: Das Mädchen, das allein nach Haus' geht“ – ihrem letzten Fall.

Sieben Jahre waren Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) das Larger-than-Life „Tatort“-Team aus Berlin. Nun macht Schauspielerin Meret Becker Schluss. Ihr letzter Fall ist ein hochspannender Thriller mit Drehbuchsätzen für die Ewigkeit. Ein wuchtiger Abgang und ganz großes TV-Feuerwerk.

Schon in der ersten Folge mit der Berliner „Tatort“-Kommissarin Nina Rubin (Meret Becker), im März 2015, flimmerte „Das Muli“ über die Bildschirme, wurde die damals noch in bürgerlicher Ehe mit zwei Söhnen lebende Ermittlerin als hemmungslose Glückssucherin dargestellt. Da gab es Fluchten in wilde Partynächte und schnellen Sex am Hinterausgang des Clubs. Szenen, wie man sie von anderen deutschen Krimi-Ermittlerinnen eher nicht kannte.

Rubins letzter Auftritt gut sieben Jahre später spannt noch einmal den Bogen zurück: Die Kommissarin, mittlerweile in einer maximal undefinierten Beziehung mit dem Kollegen Robert Karow (Mark Waschke), bläst in „Das Mädchen, das allein nach Haus' geht“ noch ein letztes Mal ins Jagdhorn des Glücks.

Allerdings ist zu Beginn nicht ganz klar: Will Nina Rubin nur die feenschöne Julie Bolschakow (Bella Dayne) aus der Ehe mit Russenmafia-Boss Yasha (Oleg Tikhomirov) retten – oder sich gleich mit? Bald bekommen Zusehende in diesem hochspannenden, in kühlem blaugrauen Licht gefilmten Thriller das Gefühl: Diese Abgangs-Ballade kann nicht gut enden!

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ARD-„Tatort“: Letzter Fall von Meret Becker als Nina Rubin – darum geht es

Zu Beginn der knapp 90 Minuten dominieren allerdings schnittige Sprüche zu ekligen Bildern. Einer Leiche, die aus der Spree gefischt wird, fehlt nicht nur der Kopf, ihr wurden auch Fingerhäute und Tätowierungen entfernt. Eine Identifikation des Toten sollte so maximal erschwert werden. Trotzdem kommt raus: Der Exekutierte war ein verdeckter Ermittler, der auf die Russenmafia angesetzt war.

Eben jene Clanstruktur, aus der die naiv eingeheiratete, elfenhafte Julie nun ausbrechen will – sofern sie über den Zeugenschutz eine neue Identität im Ausland erhält. Rubin, die von Julie im Geheimen kontaktiert wurde, macht den Deal mit der Kriminaldirektorin (Nadeshda Brennicke) klar, darf aber Karow und auch sonst niemandem davon erzählen. In mehreren geheimen Treffen kommen sich Nina und Julie auch emotional näher. Gleichzeitig entzweien sich die Ermittelnden Rubin und Karow über das mangelnde gegenseitige Vertrauen, das von nun an in der Luft liegt.

ARD-„Tatort“: Letzter Fall von Meret Becker als Nina Rubin – Abgang mit Wucht und Feuerwerk

Dass gerade in der ersten Hälfte des Krimis akribisch erklärte Polizeiarbeit mit sensationell sarkastischen Sprüchen und schwarzem Humor garniert wird, die in dieser Qualität im deutschen Fernsehen äußerst selten ist, liegt an Drehbuchautor Günter Schütter.

Der brachte vor allem für Regie-Großmeister Dominik Graf einige legendäre Krimis zu Papier. Darunter Meisterwerke wie den „Tatort: Frau Bu lacht“ oder auch den Matthias Brandt-Polizeiruf „Der Tod macht Engel aus uns allen“ mit Lars Eidinger als Transsexuellen, der allerdings unter der Regie von Jan Bonny entstand. Inszeniert wurde Schütters neustes Drehbuch vom vielfach ausgezeichneten Kameramann Ngo The Chau, der nun auch Regie führt. Manchmal geraten Schütter-Drehbücher, die immer so einen gewissen Free Jazz-Spirit ausstrahlen, auch mal erzählerisch außer Kontrolle, vor allem wenn dessen Stammpartner Dominik Graf Regie führt. Nicht so in diesem Fall.

Weil der Plot um Nina Rubin, die bei ihrem letzten Auftritt alle drängenden Fragen der Liebe, des „guten“ Lebens und des Glücks mit Special Forces-artiger Entschlossenheit angeht, mündet die Dringlichkeit ihrer Mission in einem zweiten Filmteil, den man fast schon als Action-Film mit emotionalem Tiefgang bezeichnen könnte. Es ist eben ein Abgang mit Wucht und Feuerwerk, den man Rubin hier bereitet, vielleicht vergleichbar mit dem finalen Film des verdeckten Hamburg-Ermittlers Cenk Batu, gespielt von Mehmet Kurtuluş, der 2012 mit „Die Ballade von Cenk und Valerie“ abtrat.

„Tatort“ Berlin: Meret Becker hört auf – Ersatz steht fest

Was bleibt nun vom Berliner „Tatort“-Duo Waschke /Becker, das demnächst durch das Duo Waschke / Harfouch ersetzt wird? Anfangs versuchte der Berliner Krimi ein wenig überambitioniert eine horizontale Fall-Erzählung, die nicht so recht zünden wollte. Über vier Folgen (bis zum Film „Dunkelfeld“) stand die Frage im Mittelpunkt, ob Robert Karow korrupt ist. Erst als man diese Story fallen ließ und die Manierismen der beiden Ermittelnden (etwas) zurückfuhr, entstanden hervorragende „Tatort“-Folgen wie das Film-im-Film-Experiment „Meta“ (2018), das existenzphilosophische „Tiere der Großstadt“ (2018) oder zuletzt das tieftraurige Eltern-Kind-Moritat „Die Kalten und die Toten“ (2021).

Man wird das Larger-than-Life-Duo Meret Becker und Mark Waschke vermissen – auch wenn mit der alten Fahrensfrau Corinna Harfouch sicher viel schauspielerische Qualität als Ersatz verpflichtet wurde. (tsch)