„Dann werde ich rot“Warum TV-Star Silke Bodenbender Talkshows meidet

Silke Bodenbender bei der „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“-Premiere im Februar 2023

Ihr Gesicht kennen viele, die Frau dahinter nur wenige: Silke Bodenbender (hier im Februar 2023) hält sich im Hintergrund, gibt nur selten Interviews. 

Silke Bodenbender – gefragte Schauspielerin mit preisgekrönten Rollen. Warum sie Talkshows meidet und warum sie das Rheinland so liebt, verrät sie in einem ihrer seltenen Interviews.

von Horst Stellmacher (sm)

Silke Bodenbender (49) – eine ganz besondere Schauspielerin. Die meisten TV-Fans erkennen sie, aber sie kennen die Frau, die unter anderem in „Das Geheimnis des Totenwaldes“ brillierte, nicht.

Trotz ihrer vielen Filme und Auszeichnungen ist die in Berlin lebende Rheinländerin nämlich keine öffentliche Frau. Sie meidet Talkshows und rote Teppiche, gibt kaum große Interviews. Für den EXPRESS machte sie eine Ausnahme.

Silke Bodenbender: Spannendes Mystery-Projekt in der ARD

Sie spielen aktuell in den Episoden von „Die nettesten Menschen der Welt“ zwei unterschiedliche Frauen – eine vordergründig liebevolle Mutter und eine erfolgreiche Wissenschaftlerin. Was ist für Sie das Besondere an diesen Rollen?

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Silke Bodenbender: Wie alle Figuren der Serie sind die beiden sehr nette Menschen – bis sie plötzlich ein anderes, ein bedrohliches Gesicht zeigen, und wir dadurch mit dem Übernatürlichen konfrontiert werden. Nichts ist mehr so, wie es schien, das wird sehr, sehr spannend. Es ist eine Anthologie-Serie, die von Stephen King stammen könnte.

Realität wird zu Mystery, Zärtlichkeit zu Brutalität, Fantasy trifft Horror, alles geht in Sekunden-Schnelle: Haben Sie dem Projekt sofort zugestimmt?

Silke Bodenbender: So spontan hat sich mir das nicht erschlossen, ich musste erst grübeln. Aber dann fand ich es sehr spannend. Es war mal was ganz anderes, so was hat es im deutschen Fernsehen noch nie gegeben. Dazu kommt, dass ich immer mal gern mit Regisseur Alexander Adolph zusammenarbeiten wollte. Ich habe mich riesig gefreut, dass ich eine Anfrage bekam und konnte gleich einen weiteren Film mit ihm drehen, der – nach einem Bierspiel – „Flunkyball“ heißt.

Sie sind 25 Jahre dabei, könnten mit „Die nettesten Menschen der Welt“ Ihr Silber-Jubiläum als Schauspielerin feiern. Ist es das, von dem Sie als junge Frau geträumt haben?

Silke Bodenbender: Als ich anfing, hatte ich keine Vorstellung von dem, was ich mal machen möchte. Ich habe auch nie darüber nachgedacht, ob ich damit eines Tages eine Familie ernähren kann. Ich habe mich nie im Fernsehen gesehen, immer irgendwo an einer Landesbühne.

Silke Bodenbender in "Spurlos in der Athen", einem Film der ARD

Für die ARD hat Silke Bodenbender auch gerade „Spurlos in Athen“ gedreht.

Ihr Vater ist der ehemalige NRW-Staatssekretär Wolfgang Bodenbender, ein sehr populärer SPD-Politiker, der vor allem in der Sozialpolitik tätig war. Hat er erwartet, dass Sie Politikerin werden?

Silke Bodenbender: Nein, er hat mich nie in der Politik gesehen. Wir haben auch nicht jeden Abend über aktuelle Politik gesprochen, bei uns waren es vor allem soziale Themen. Das hat mich geprägt. Dass ich heute zum Beispiel Botschafterin fürs Kinderhospiz bin, hängt sicher damit zusammen.

Wie war es, als Sie ihm sagten, dass Sie Schauspielerin werden wollen?

Silke Bodenbender: Ehrlich gesagt, kann ich mich daran nicht mehr erinnern. Aber mein Vater erzählt gerne, dass er erst nicht begeistert war. Er antwortete: „Um Gottes willen, mach doch lieber was mit Perspektive!“ Das lag wohl daran, dass er beruflich gerade die Arbeitslosenzahlen von Frauen im Schauspielbereich auf dem Tisch hatte. Da er aber überhaupt kein strenger Vater ist, hat er mich bald darauf unterstützt, mich sogar zur Schauspielerei ermutigt, als ich kurz überlegte, doch lieber Architektur zu studieren.

Silke Bodenbender: Mich lehnten acht Schauspielschulen ab

Einfach war Ihr Start nicht …

Silke Bodenbender: Stimmt. Ich bin in meinen Bewerbungs-Endrunden von acht Schauspielschulen abgelehnt, erst in der neunten genommen worden …

… das ging und geht vielen in Ihrem Beruf so …

Silke Bodenbender: ... es schult auch. Ich habe dadurch gelernt, besser mit Absagen umzugehen, die es in meinem Leben immer noch gibt – zum Beispiel, wenn ich zu einem Casting gehe und die Rolle, die ich unbedingt will, doch nicht bekomme. Wenn man sich immer wieder bewirbt, bekommt man die Gewissheit, dass man das, was einem vorschwebt, wirklich machen möchte.

Gleich hier bei der EXPRESS.de-Umfrage mitmachen:

Woher kam Ihre Lust am Theaterspiel?

Silke Bodenbender: Die habe ich auf dem Gymnasium in der 9. Klasse entdeckt – Zufall. Bei uns musste der Französisch-Unterricht lange Zeit ausfallen, als Alternative bot die Schule einen Theater- und Literaturkurs an, bei dem ich mitgemacht und Blut geleckt habe.

Es heißt, Sie waren bis dahin schüchtern …

Silke Bodenbender: Das war so. Ich bin im Unterricht nie freiwillig nach vorne gegangen, um ein Referat zu halten. Ich hatte lange Haare, die ich vorm Gesicht hängen ließ, damit ich nicht auffalle. Doch durch den Schauspielunterricht hat sich das geändert, obwohl ich privat in der Öffentlichkeit immer noch sehr unsicher bin.

Silke Bodenbender: „Privat kommt meine Unsicherheit durch“

Sehen wir Sie deswegen so selten auf dem roten Teppich?

Silke Bodenbender: Ja, denn da bin ich wieder Silke, da bin ich privat, nicht in einer Rolle, dann kommt meine Unsicherheit wieder durch. Dann werde ich rot, komme ins Stammeln. Ich versuche zwar, da besser zu werden, aber es klappt nicht immer richtig. Ich verspüre diese Unsicherheit auch, wenn ich auf neue Menschen oder Gruppen treffe. Mir ist es lieber, wenn ich Leute kenne.

Mutter zweier Kinder von neun und zwölf. Würden Sie sich freuen, wenn die beiden in Ihre Fußstapfen träten?

Silke Bodenbender: Das plane ich nicht. Sie sind zwar im Theaterkurs, doch das ist für alle Kinder schön, denn dadurch kommen sie zu einem anderen Selbstbewusstsein und werden in Fantasiewelten gefördert. Aber ich würde es nie forcieren, dass sie zu Castings gehen oder beim Film mitmachen. Und wenn sie den Wunsch ganz vehement äußern würden, dann müsste ich mich damit wirklich auseinandersetzen – aber dieser Wunsch ist nicht da.

Nächstes Jahr werden Sie 50. Müssen Sie als Schauspielerin vor dieser Zahl heutzutage noch Angst haben?

Silke Bodenbender: Ich hatte diese Angst vor zehn Jahren. Es gibt in meinem Beruf die Deadline 40. Ab da – heißt es – wird es schwierig. Deswegen denke ich seitdem: Hoffentlich geht das noch gut! Aber bisher hat es geklappt.

Sie leben seit rund 20 Jahren in Berlin. Haben Sie noch Drähte ins Rheinland?

Silke Bodenbender: Berlin bietet zwar sehr viel, aber von Herzen bin ich Rheinländerin, mein Herz ist immer noch zerrissen, wenn ich ans Rheinland denke. Hier leben meine Eltern, mein Schwiegervater, viele Freunde. Wenn wir sie besuchen, merke ich erst recht, wie sehr ich hier verwurzelt bin. Ich drehe wahnsinnig gern in Köln. Ich komme an und fühle mich sofort zu Hause.

Silke Bodenbender: Politiker-Tochter, mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin 

Silke Bodenbender (geboren am 31. Januar 1974 in Bonn) ist Tochter einer Lehrerin und des späteren nordrhein-westfälischen Staatssekretärs Wolfgang Bodenbender (87). Von 1996 bis 1999 absolvierte sie eine Ausbildung am Schauspiel München, in ihrem letzten Jahr wechselte sie ans Südostbayerische Städtetheater. Engagements am Schauspielhaus Dortmund, am Düsseldorfer Schauspielhaus, an der Schaubühne Berlin und am Nationaltheater Mannheim sowie dem Schauspiel Stuttgart.

2005: Film-Premiere mit der Hauptrolle im mehrfach ausgezeichneten Film „Folgeschäden“. 2006: TV-Erfolg mit Dieter Wedels Zweiteiler „Mama und Papa“. 2008: Deutscher Fernsehpreis für „Eine folgenschwere Affäre“ und „Das jüngste Gericht“. 2020: „Das Geheimnis des Totenwaldes“. 2021: Grimme-Preis für „Wir wären andere Menschen“. Sie ist mit Schriftsteller Florian Beckerhoff (46) verheiratet und lebt mit den gemeinsamen Kindern in Berlin Schöneberg.