Markus LanzDeutsche Virologin nennt aktuelle Corona-Maßnahme „willkürlich"

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Zu Gast bei Markus Lanz am 13. Oktober 2020: Virologin Prof. Brinkmann, Lungenfacharzt Dr. Ehlers, Hotelier Alexander Borchard und Fußballtrainer Christoph Daum

von Alexandra Miebach (mie)

Köln – Auch am Dienstag (13. Oktober) war es wieder einmal ein Thema, was den Talk bei Markus Lanz dominierte: das Coronavirus. 

Zu Gast neben Hotelier Alexander Borchard, der wegen der Corona-Krise vor großen Herausforderungen steht, und Fußballtrainer Christoph Daum, der anlässlich der Veröffentlichung seiner Autobiografie in der Talkshow zu Besuch war, waren Virologin Dr. Melanie Brinkmann und der Pneumologe Dr. Martin Ehlers.

Markus Lanz: Das Problem mit der Corona-Kurve 

Anhand verschiedener Grafiken lässt sich der Verlauf der Corona-Pandemie verfolgen. Deutlich wird: Im Sommer hatten wir wesentlich weniger Infektionen als im Frühjahr oder jetzt im Herbst. Das sei jedoch völlig normal, wie Dr. Ehlers erklärt, denn wie bei anderen Erkrankungen kann man von einer Saisonalität sprechen. Man stecke sich eher an, wenn man viel drinnen ist. 

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Die Zahl der Corona-Infizieren steigt wieder. Doch kann man die aktuellen Zahlen wirklich mit denen vom März/April vergleichen? Diese Frage stellt sich Markus Lanz. 

Moderator Lanz hat jedoch ein großes Problem mit den Corona-Grafiken. „Kann man die Kurve überhaupt so zeichnen? Wir sind jetzt doch auf einer ganz anderen Basis. Wir hatten im Frühjahr bis zu 100.000 Tests die Woche. Heute sind wir bei 1,2 Millionen.“

Markus Lanz: Virologin mahnt die Bevölkerung

„Es ist nicht nur, dass wir mehr testen und dadurch mehr sehen. Die absolute Zahl der Infektionen steigt auch an“, erklärt Virologin Prof. Melanie Brinkmann. Sie betrachtet die Grafiken zum Verlauf der Pandemie mit großer Besorgnis

„Einige Gesundheitsämter können der Kontaktverfolgung bereits jetzt nicht mehr nachgehen“, erklärt sie. Doch gerade diese ist bekanntlich besonders wichtig, um die Infektionskette zu durchbrechen. Um die Gesundheitsämter zu entlasten, sei Vorsicht geboten, so die Virologin, denn: „Noch können wir etwas tun.“

Markus Lanz spricht Söder an

„Söder sagt ‚Es ist fünf vor zwölf‘, was sagen Sie?“, fragt Moderator Markus Lanz Brinkmann. „Ich würde sagen, es ist zwölf“, sagt die Virologin. „Der Trend, der sich abzeichnet ist beunruhigend“, erklärt sie weiter. Damit wolle sie keine Panik machen, denn Grund zur Panik gebe es nicht. Es sei jetzt nur wichtiger denn je, zu handeln. 

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Markus Lanz (l.) stellt sich die Frage, ob der Vergleich der Zahlen im März und der aktuellen Zahlen nicht gewagt sei, weil heute wesentlich mehr Tests durchgeführt werden. 

Brinkmann: „Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt zu handeln, weil sich diese Kurve weiter nach oben entwickeln wird, wenn wir jetzt nicht ganz gezielte Maßnahmen treffen. Das wollen wir verhindern.“

Derzeit sei die Sterblichkeitsrate der mit Corona infizierten relativ gering, da sich momentan eher junge Menschen mit dem Virus infizieren. Klar ist jedoch: Mit dem Fortschreiten der kalten Jahreszeiten werden sich wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus anstecken. 

Markus Lanz: Wir müssen tapfer sein

Lungenfacharzt Ehlers prophezeit: „Für mich ist es völlig klar, dass wir hier im November sitzen und die Zahl ist nochmal ganz anders.“ Prof. Brinkmann beharrt darauf, dass es nun wichtig sei, dass wir „vorausschauend handeln“ und uns an die Regeln halten. 

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Lungenfacharzt Dr. Ehlers zu Gast bei Markus Lanz

Dass das nicht immer einfach ist, weiß Dr. Ehlers auch. Trotzdem betont er, dass zum Beispiel das Tragen einer Maske wichtig sei und dass wir alle einfach tapfer sein und den Winter mit Maskenpflicht durchstehen müssten. „Je mehr Menschen Maske tragen, desto weniger Tröpfchen werden verteilt und ich glaube, dass wir damit da ganze System auch in diesem Winter gut händeln können“, so der Lungenfacharzt.

Markus Lanz: „Es geht nicht darum, das Ding klein zu reden“

Moderator Lanz sieht es nochmals als wichtig an, zu betonen: „Es geht nicht darum, das Ding klein zu reden oder gar zu sagen ‚Das ist eine weniger gefährliche Krankheit geworden‘, denn das ist es nicht.“ Er betont weiter: „Das ist zehn Mal so tödlich wie eine gewöhnliche Grippe“ und bezieht sich dabei auf aktuelle Studien.

Doch auch der Moderator sieht den „Flickenteppich“ der Corona-Regeln, die in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich ausgeübt werden, als vollkommen wirr und unübersichtlich, denn „Ich habe nie verstanden, warum ein Virus, dass man sich in Berlin Mitte fängt für den Hamburger ungefährlicher sein soll, als für den Schleswig-Holsteiner.“

Markus Lanz: Thema Beherbergungsverbote

Virologin Brinkmann betont, dass Reisen in Zeiten wie diesen keine gute Idee seien, da sich das Virus so unweigerlich verbreite. Der Gedanke hinter den Beherbergungsverboten sei nicht schlecht, die Ausführung jedoch „willkürlich“.

Brinkmann betont, dass es wichtig sei, zu schauen, wo sich die meisten Menschen anstecken und wie sich diese verhalten. Sie sieht eine Familie, die Urlaub macht und sich an die Regeln hält, als weniger problematisch, als junge Leute, die Party machen. Auch ein Hotel sieht sie eher weniger als Ort der Ansteckung an. (mie)