+++ EILMELDUNG +++ Nächster Autobahn-Unfall Reisebus mit Schulklasse verunglückt auf A44 in NRW

+++ EILMELDUNG +++ Nächster Autobahn-Unfall Reisebus mit Schulklasse verunglückt auf A44 in NRW

„Verein braucht sportliche Kompetenz“Daum über eine mögliche Rückkehr zum FC

Daum-Büro

Christoph Daum in seinem Element. Beim Besuch in der EXPRESS-Redaktion legte der Coach los.

Köln – 20 Jahre nach der Kokain-Affäre und dem Verlust des Bundestrainer-Postens hat Christoph Daum in seiner Biografie „Immer am Limit“ sein Leben zu Papier gebracht. Aber was kommt noch? Kann er sich eine dritte Rückkehr zum 1. FC Köln vorstellen. Das große Interview.

Herr Daum, Sie werden in wenigen Tagen 67 Jahre alt und schreiben in Ihrer Biografie, dass Sie mit dem Fußball „noch nicht fertig“ seien. Also ist das Buch nicht als Abschluss Ihrer Trainerkarriere zu verstehen?

Richtig. Alles, was ich mir erarbeiten konnte, habe ich dem Fußball zu verdanken. Für viele ist Fußball ein Spiel, für mich ist der Fußball mein Leben. Und von daher beschäftige mich weiter quasi rund um die Uhr mit Fußball, tausche mich mit Kollegen aus, bin viel unterwegs und bilde mich fort. Ich kann zwar heute sagen, dass ich keinen Job mehr annehmen muss. Dennoch ist die Biografie kein Abschluss meiner Karriere. Das Buch war am Ende viel Arbeit. Ich hatte mir die Jahre über so viele Notizen gemacht und Tagebücher geführt, so dass ich sehr vieles noch sehr präzise abrufen kann. Wir hatten ein Manuskript von 1000 Seiten, das wir auf knapp 300 kürzen mussten.

Alles zum Thema Christoph Daum

Hat Ihnen der Streifzug durch Ihr turbulentes Leben überhaupt gut getan?

Es gab Phasen, die mich runtergezogen haben. Vor allem die, die sich mit der Kokain-Affäre beschäftigen. Da kam ich mehrfach an den Punkt, dass ich das Projekt abbrechen wollte. Denn da ist damals auch so viel Mist und Unwahres gesagt oder geschrieben worden. Damals hieß es oft: „Hängt ihn noch ein Stück höher.“ Natürlich hatte ich damals einen großen Fehler gemacht, aber wer ist schon frei von Fehlern?

Haben Sie Weggefährten vorab mit eingebunden?

Reiner Calmund, Uli Hoeneß, Michael Meier, Dieter Trzolek und Roland Koch konnten Teile der Biografie vorab lesen.

Sie sprachen gerade Ihre Kokain-Affäre an. Sie haben auf Enthüllungen verzichtet, reißen auch keine neuen Namen mit rein.

Das mache ich nicht. Das ist ja kein Outing-Buch. Ich stelle nicht irgendwelche Leute an den Pranger, sondern ich berichte von meinen Erfahrungen, Gefühlen und wie ich alles auf meinen unterschiedlichen Stationen wahrgenommen habe. Was für ein Grund habe ich, nachträglich Leute an die Wand zu nageln? Keinen.

Der Untertitel „Mein Aufstieg, mein Fall“ suggeriert, dass Sie noch am Boden liegen.

Richtig, das ist vielleicht nicht ganz richtig formuliert. Den Titel aber um meinen „Wiederaufstieg“ zu ergänzen, das hätte zu weit geführt. Ich denke aber, beim Lesen des Buches wird schnell vieles ersichtlich. Aber auch der „Fall“ ist ja ein Teil meiner Vita, insofern entspricht das der Realität.

Sie geben oft einen Einblick in Ihre Gefühlswelt. Das passt nicht zu dem oft so selbstbewussten Trainertypen Daum.

Je älter ich werde, desto eher bemerke ich, dass ich doch recht nah am Wasser gebaut bin. Das war früher nicht so. Als Trainer gilt man ja oft nur als die starke Führungsperson. Das ist normalerweise kein Platz für Schwächen oder Tränen. Viele meiner Entscheidungen waren allerdings oft von Zweifeln geprägt, die mein ständiger Begleiter waren. Doch diese Zweifel waren für mich immer der Motor, der Antrieb, um mich zu überprüfen und zu verbessern.

Welcher der aktuellen Bundesligatrainer erinnert Sie an den jungen Christoph Daum?

Leipzigs Julian Nagelsmann. Er ist ein absoluter Fußballexperte, der immer bereit ist, neue Wege zu gehen und gewisse Dinge auszuprobieren. Er zeigt Mut und findet auch mal deutliche Worte in der Öffentlichkeit. Ein sehr guter Trainer. Ich schätze aber auch Christian Streich, der in Freiburg tolle Arbeit leistet und Hansi Flick, der exzellent das People-Management verstanden hat.

Meinen Sie damit, dass Flick es geschafft hat, aus vielen Stars und unterschiedlichen Typen eine funktionierende, erfolgreiche Einheit zu kreieren?

Ja, du musst als Trainer deine Spieler lieben. Wenn du das nicht machst, dann wird es ganz schwer. Du brauchst ein Vertrauensverhältnis zu den Spielern. Und Hansi hat dieses enge Verhältnis zu den Spielern. Die fühlten sich dann auch in einer gewissen Bringschuld, denn Hansi galt ja anfangs nur als eine Übergangslösung der Bayern. Er hat nicht eine neue Taktik oder etwas Modernes eingeführt, sondern Hansi hat das äußerst gut moderiert und die Mannschaft zu einer verschworenen Einheit zusammengeschweißt. Er hat einfach einen guten Zugang zu den Spielern.

Wäre für Sie eine dritte Rückkehr zum 1. FC Köln noch vorstellbar – zum Beispiel in den Gremien des Klubs oder als Berater? Beim FC wird ja oft moniert, dass zu wenig Fußball-Sachverstand in der Vereinsführung vorhanden sei.

Die Bereitschaft dazu zu signalisieren könnte auch leicht als Affront, als Nestbeschmutzung aufgefasst werden. Einige würden sagen: „Der will sich wieder nur ins Gespräch bringen“. In der Tat wäre der FC aber gut beraten, weitere sportliche Kompetenz in die Vereinsführung reinzuholen. Präsident Werner Wolf meint aber, dass er diese Kompetenz mit Erich Rutemöller hat und optimal aufgestellt ist. Erich ist ein Freund von mir, ich schätze ihn sehr: Was soll ich da jetzt sagen?

Müsste denn einer aus dem Vorstands-Trio eine Vita aus dem Profi-Fußball haben?

Diese Fragen müssen Sie dem schlauen Mitgliederrat des FC stellen. Da hat der Mitgliederrat eine hohe Verantwortung. Er ist die Stimme der Mitglieder. Und wenn dieser bei der Nominierung des Vorstandes keinen Wert darauf legt, dann ist das ein Offenbarungseid.

In der Satzung des FC ist verankert, dass der Mitgliederrat das alleinige Vorschlagsrecht des Vorstandes hat.

Ex-Präsident Werner Spinner hatte damals, um Ruhe zu haben und die Opposition zu unterdrücken, diese Leute mit ins Boot geholt. Ich glaube nicht, dass man das Rad jetzt einfach so zurückdrehen kann.

Wie beurteilen Sie die sportliche Situation des FC?

Der FC hat eine äußerst schwierige Saison vor sich. Sie gehören zum Kreis der Abstiegskandidaten, auch wenn das keiner hören will. Die personelle Zusammenstellung ist auch der Corona-Situation und der finanziellen Lage des FC geschuldet. Die Investitionen im Vorjahr gingen bis an die Belastungsgrenze des Vereins und haben die Möglichkeiten in diesem Jahr äußerst eingeschränkt. Unter diesen Voraussetzungen wurden einige gute Personalentscheidungen getroffen. Das wichtige ist aber, wie dann das Trainerteam das Optimale aus diesen Spielern herausholt. Gelingt es den Verantwortlichen, eine verschworene Gemeinschaft zu formen? Als wir mit dem FC aufgestiegen sind, hatten wir auch nicht die beste Mannschaft, aber eine Einheit auf dem Platz. Im Augenblick sehe ich nicht den Zusammenhalt. Der FC gibt kein geschlossenes Bild nach außen ab. Es gibt viele Unstimmigkeiten, das überträgt sich auf die Mannschaft. Der Erfolg beginnt in der Vereinsführung. Diese Geschlossenheit wirkt sich dann auf den gesamten Verein aus. Wenn wir mehr ein Gegeneinander als ein Miteinander haben, wirkt sich das auf dem Spielfeld aus.